Insel der sieben Sirenen
Teppich.
»Vorsicht«, warnte ich. »Hier
gibt’s kein Dienstmädchen. Lofting muß die Böden selber putzen .«
Mit schwimmenden Augen blickte
sie zu mir auf; während ich noch hinsah, rann ihr eine Träne über die Wange und
tropfte in ihr Glas. »Na gut, warum sperrst du mich dann nicht ein ?« schluchzte sie.
»Weil ich dir glaube«, sagte ich
hilflos. »Oder zumindest mißtraue ich dir nicht .«
»Warum hast du dann zugelassen,
daß dieser Mann mich schlug und mit der Axt bedrohte ?« In ihren Augen stand so tiefer Jammer, daß sie selbst einen arabischen
Sklavenhändler gerührt hätte.
Ich nahm ihr das fast leere
Glas aus der Hand und legte ihr väterlich den Arm um die Schultern. »Ich hab’s
ja nicht direkt zugelassen, Liebling. Ich hab’ ihn nur nicht daran gehindert,
weil ich viel zu verblüfft war, um schnell genug zu reagieren. Immerhin hab’
ich ihm die Axt dann abgenommen, oder ?«
»Du doch nicht, das war
Lofting. Du hast mir gesagt...« Und wieder brach sie in Schluchzen aus.
»Okay, okay, ich hab’ dich
gefragt, warum du das Boot versenkt hast. Einen verrückten Augenblick lang
mußte sogar ich das glauben .« Ich hob ihr Gesicht an
und starrte in die waidwunden Augen. »Aber doch nur einen Augenblick lang. Die
ganze Sache war viel zu offensichtlich, um wahr zu sein. Ein Stück Stoff aus
deinem Rock wird am Tatort gefunden, und dann kommst du selbst mit der Axt in
der Hand anmarschiert. Du konntest gar nicht die Schuldige sein, weil du gar so
schuldig wirkst .«
Sie blinzelte und tippte sich
mit einem Tuch die Augenwinkel trocken. »Glaubst du das, ehrlich? Daß mich
jemand nur zum Sündenbock machen wollte ?«
»Das mit dem Rock kann ich
nicht glauben«, überlegte ich. »Aber die Axt hat dir doch niemand in die Hand
gedrückt — oder ?«
»Ich hab’ sie gefunden! Ich
sage dir doch, daß ich sie gefunden habe. Siehst du, du glaubst mir immer noch
nicht !«
»Dann erzähl’ mal, wo du sie
gefunden hast«, sagte ich hastig. »Und überhaupt — was hattest du da draußen zu
suchen ?«
»Ich bin dir nachgegangen. Als
ich dich nicht in deinem Zimmer fand, hab’ ich das ganze Haus abgesucht. Dann
sah ich, daß du mit Lofting durch die Haustür nach draußen
gingst. Ich beobachtete, wie ihr das erste Boot entdecktet, und wollte schon zu
euch gehen, aber dann tauchte diese gräßliche Frau mit ihrem Muskelprotz auf,
und ich wurde unsicher. Deshalb lief ich einfach hinter euch her. Als Lofting
die beiden dann ins Wasser geworfen hatte, wagte ich mich hervor — und fand die
Axt direkt am Anfang des Stegs. Natürlich hob ich sie auf .«
»Wie komisch«, überlegte ich.
»Ich frage mich nur, warum wir sie nicht bemerkten, als wir ankamen ?«
»Vielleicht war sie noch nicht
da«, meinte sie und sah mich dann bittend an. »Randy, ganz ehrlich, ich habe
mit dem Mord an Raima nichts zu tun. Die Axt muß
schon da gelegen haben, du hast sie nur im Dunkeln übersehen .«
»Das wäre uns vermutlich sogar
mit einem Elefant passiert«, meinte ich tröstend und tätschelte ihre
Hinterfront. Ich ging mit unseren Gläsern zur Hausbar und machte uns neue
Drinks zurecht.
»Sie werden gleich weiße
Elefanten sehen, wenn Sie weiterhin so bechern«, murmelte eine tiefe, feurige
Stimme, die zu Amandas Sopran einen starken Kontrast bildete. »Ich nehme einen
Doppelten .«
»Bourbon?«
Lässig drehte ich mich um und
trug den Wodka-Collins hinüber zu Amanda. Unterwegs wurde mir klar, daß ich an
Bertram Bradstones Stelle mehr als eine Tochter für mich aussuchen würde.
Diese hier war groß und
schlank, hatte einen hellen Teint und einen kühlen Ausdruck in den haselnußbraunen Augen. Ihre Brüste waren zierlich, wölbten
den orangefarbenen Pullover aber deutlich genug, und die Hüften in der schwarzen,
ausgestellten Hose wirkten knabenhaft schmal. Langes, rabenschwarzes Haar hing
ihr wie ein Seidenvorhang bis zur Taille herab: eine schöne junge Unholdin, die
im Verhexen eine Menge Erfahrung besaß.
»Mit Eis ?« stotterte ich.
»Und vor allem mit Bourbon«,
sagte sie patzig. »Sind Sie der berühmte Rechtsverdreher, der uns aus den
juristischen Verstrickungen befreien soll? Diese Trauerweide hier nannte Sie
wohl Randy .« Sie kräuselte die sinnlichen Lippen zu
einem ironischen Lächeln, ignorierte Amanda aber sonst völlig.
»Mr. Roberts für jede, mit der
ich noch nicht im Bett war«, wies ich sie kühl zurecht.
»Na, so was...« Sie dehnte die
Worte vielsagend. »Und mir sind Förmlichkeiten
Weitere Kostenlose Bücher