Insel der Träumer
sicheren Tod für Golad, Farina und ihn selbst bedeuten.
Dann endlich erreichten sie die Klippen. Unter ihnen lag zu Mythors Erstaunen die Bucht, in der die Gasihara gestrandet war. Weiter südlich befand sich Rachamons Versteck. Wusste der Magier, was in diesen Augenblicken hier vor sich ging? War von ihm Hilfe zu erwarten?
Eine Ewigkeit schien zu vergehen, als Golad und Farina wie erstarrt auf den Klippen standen und sich ansahen. Mythor lag flach auf dem Bauch, schob sich bis auf wenige Schritte an sie heran und scheuchte die Leuchtkäfer fort, von denen er wusste, was sie in Wirklichkeit waren. Kurz gab er jeglichen Widerstand auf und ließ die Trugbilder voll auf sich wirken, um zu wissen, was Golad und Farina jetzt sahen und empfanden. Ein Schwall von nie gekannten Glücksgefühlen strömte auf ihn ein, eine ungeheuer starke Sehnsucht, aufzustehen und die Klippen hinabzugehen. Mythor schrie auf, wand sich am Boden und kämpfte gegen das an, was ihn schon sicher in seinem Griff zu haben glaubte. Es hielt ihn umklammert, zog ihn zu sich, erstickte seinen Willen. Wie schlaftrunken taumelte der Sohn des Kometen auf den Rand der Klippen zu, und er breitete die Arme aus, hatte nur noch den einen Wunsch, hinab zu gelangen dorthin, wo die Erfüllung seines Lebens auf ihn wartete, die Erfüllung all seiner geheimen Wünsche.
Unter ihm tobte die Gischt, aber es waren Finger aus reinem Licht für ihn, Arme, die sich ihm entgegenstreckten, um ihn sanft aufzunehmen. Noch ein, zwei Schritte!
*
Golad und Farina hörten nicht den gellenden Aufschrei. Sie wussten, dass sie nun zu gehen hatten, den einzig gangbaren Weg zwischen den hier teilweise weit überhängenden Felsen hindurch nach unten, zur Glückseligkeit…
Golad ging vor. Mit schlafwandlerischer Sicherheit setzte er einen Fuß vor den anderen, fand er die Vorsprünge, die wie die Stufen einer uralten Treppe in den Fels gewaschen waren. Das Rauschen der Wasser tief unter ihm hörte er nicht. Goldene Stufen führten hinab, immer weiter ohne Ende. Farina war hinter ihm. Nur sie bedeutete noch etwas.
Sie und er im Angesicht des neuen Lebens, der Erfüllung aller brennenden Sehnsüchte…
Wie die Türme einer gewaltigen Festung ragten die Klippen zu beiden Seiten auf, und auch sie strahlten in reinem Gold. Silberne Nebelschleier stiegen aus der Tiefe auf, um ihn und Farina zu geleiten.
Golad zählte nicht die Stufen und blickte nicht zurück. Die Treppe verbreiterte sich, und mächtige Geländer aus weißem Marmor wuchsen aus den Mauern der Festung. Nein, keine Festung war es, kein Bollwerk. Ein Schloss, schöner als jedes von Menschenhand erbaute.
Nichts vermochte den Frieden zu stören, in den Golad hineinglitt, kein Laut, kein Schmerz, keine Erinnerung.
Die silbernen Schleier umfingen ihn, umfingen Farina. Wohlige Wärme breitete sich in Golads Körper aus, und sie war das einzige, was er noch zu fühlen vermochte.
Dann teilten sich die Silberschleier und machten goldenen Fäden Platz, die von der gewölbten Decke eines gewaltigen Domes auf ihn herabregneten. Seine Seele jauchzte vor Freude und Glück. Überall um Golad herum war ein Glitzern und Gleißen wie von Abertausenden von Edelsteinen. Und dies war nur ein Vorgeschmack. Die Traumreise hatte eben erst begonnen. Die wispernde Stimme in Golad lockte ihn weiter hinein in den sich endlos erstreckenden Dom. Farina, war nun neben ihm, ihre großen Augen spiegelten den überweltlichen Lichterglanz wider.
Schritt für Schritt näherten sie sich einem mächtigen Portal, bis sie wussten, dass sie erneut zu warten hatten. Sie blieben stehen und nahmen die prachtvollen Schnitzereien und Beschläge des Portals in sich auf. Die Goldfäden legten sich auf ihre Schultern, ihre Arme und wurden zu funkelnden Juwelen. Die Erwartung wurde unerträglich. Wann öffnete sich das Tor für sie, hinter dem alle Sorgen, alles Leid für alle Zeiten vergessen waren?
Dann, endlich: Die beiden Flügel des Portals wurden von innen heraus aufgestoßen. Prachtvoll gekleidete Wesen von himmlischer Schönheit kamen in langen Prozessionen auf die beiden Wartenden zu, langsam und voller Anmut. Sie hatten keine Eile. Die Zeit hatte alle Bedeutung verloren.
*
Ein aus dem Fels ragender Stein, eine Wurzel vielleicht -Mythors Fuß stieß dagegen, der Sohn des Kometen verlor das Gleichgewicht, schrie vor Schmerzen und ruderte wild mit den Armen, doch der Sturz war nicht mehr aufzuhalten.
Hart schlug er auf kahlen Stein, kaum eine Handbreit
Weitere Kostenlose Bücher