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Insel der Träumer

Insel der Träumer

Titel: Insel der Träumer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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wie gelähmt war. Und es war nicht seine Gier, sie kam von dort, wo die dunklen Schleier am dichtesten waren, und sie richtete sich auf ein ganz bestimmtes Ziel.
    »Nein!« schrie Mythor. Er rannte los und sah zuerst Golad, dann Farina. Kaltes Entsetzen griff nach ihm. Sie standen so da, wie er sie auf den Klippen gesehen hatte, wie zu Stein erstarrt, ohne eigenen Willen.
    Doch etwas anderes bewegte sich. Wie riesige Schlangen schälten sich grässliche Fangarme mit unzähligen Saugnäpfen daran aus den Wolken, erhoben sich in die Luft, zuckten und näherten sich den Liebenden wie die Beine einer Spinne der hilflos in ihrem Netz klebenden Fliege.
    »Nein!« Mythors Schrei hallte schaurig von den feuchten Wänden wider. Der Sohn des Kometen vergaß alle Vorsicht. Er hatte keine Waffe außer einem lächerlichen Stück Fels. Aber er konnte nicht mehr klar denken. Unbändiger Zorn peitschte ihn vorwärts, auf Golad und Farina zu, auf die furchtbaren Fangarme und die Ausgeburt der Finsternis, zu der sie gehörten. Er erreichte Farina fast gleichzeitig mit einem der Fangarme und riss sie zu Boden. Der Arm peitschte über sie hinweg und fuhr ins Leere. Mythor sprang auf die Beine. Farina begann zu schreien und wild um sich zu schlagen. Er gab ihr einen so heftigen Stoß, dass sie mehrere Schritte zurücktaumelte und dort zu Boden sank.
    Und auch Golad schien endlich aus seiner Starre erwacht zu sein. Er schrie, wich dem vorschnellenden Fangarm aus und sah sich gehetzt um. Er verstand nicht, was um ihn herum vorging. Seine Augen schimmerten irr. Mythor packte die Hand des Hünen und zerrte ihn fort, heraus aus der Reichweite der Fangarme, die wütend auf und ab peitschten, Fels zerschmetterten und die schwarzen Nebel aufrissen. Mythor stieß Golad von sich fort, auf die am Boden liegende Farina zu, und sah für die Dauer eines Herzschlags in ein riesiges blutrotes Auge.
    Ein Krake! durchfuhr es den Sohn des Kometen. Die dämonische Macht, die Rachamon erkannt hatte, war ein riesiger Krake!
    »Da!« schrie er und schleuderte den Stein nach dem Auge. Im nächsten Moment war die Grotte erfüllt von schrillem, ohrenbetäubendem Kreischen. Die Fangarme schnellten vor, ohne Mythor zu erreichen, der mit Gewalt an sich halten musste, um sich nicht in sie hineinzustürzen, auf das blutrote Auge zu. Doch er war waffenlos. Die Hand, die gewohnt war, das Gläserne Schwert Alton zu führen, zitterte.
    Farinas Schluchzen brachte ihn zu sich. Es gab nur noch die schnelle Flucht, bevor sich der Krake aus seinem Sitz hervorschieben konnte.
    Mythor lief einige Schritte zurück, erreichte Golad und Farina und nahm die Hand des Mädchens. Golad schien endlich bei Sinnen zu sein.
    »Raus hier!« rief Mythor. »Hörst du mich?«
    Schnell nickte der Hüne, hob Farina auf seine Arme und lief mit ihr aus der Grotte, so schnell ihn seine Füße auf dem feuchten, glitschigen Fels trugen. Ein letztes Mal sah Mythor sich um, doch da waren nur noch die schwarzen Wolken, die sich zusammenzogen zu einer Ballung undurchdringlicher, absoluter Finsternis. Ein kalter Schauer nach dem anderen jagte Mythors Rückgrat entlang, als er den beiden Geretteten nachsetzte und sie auf der Felsplattform erreichte.
    Golad hatte Farina abgesetzt und sah ihn nun unsicher an. Das Mädchen hatte die Hände vors Gesicht geschlagen und schüttelte sich in Weinkrämpfen. Doch sie stand einigermaßen sicher auf ihren Beinen.
    »Dort hinauf!« Mythor deutete auf den Pfad zwischen den Klippen. »Schnell, bevor…«
    Er brauchte nicht auszusprechen. Golad stützte Farina und ließ Mythor an sich vorbei. Als erster betrat der Sohn des Kometen den Pfad und wartete, bis die beiden heran waren. Dann und wann reichte er Golad eine Hand und sprach ihm Mut zu. Die Nebelschleier wichen zur Seite, und über die Klippen fielen die ersten Strahlen der Morgensonne aufs Strudelmeer.
    Jeder Schritt bedeutete eine neue Herausforderung, neue Qual. Der Krake begann von neuem, seine Trugbilder auszusenden und zu locken. Doch das jähe Erwachen hatten nun auch Golad und seine Gefährtin einen Teil der Wahrheit erkennen lassen. Sie bissen die Zähne zusammen, und tapfer folgte Farina dem Hünen einen Vorsprung nach dem anderen hinauf, bis Mythors Hände endlich den Rand der Klippe ertasteten. Er schob seinen Körper darüber und reichte Golad die Hand.
    Zu spät dachte er daran, ihn und das Mädchen vor dem zu warnen, was sie nun sehen mussten. Golads Augen weiteten sich vor Entsetzen, als er den Kopf

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