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Insel der Träumer

Insel der Träumer

Titel: Insel der Träumer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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verschwanden?
    »Glück«, flüsterte Golad. »Unbeschreibliches Glück, Mythor.«
    Mythor hatte den Eindruck, dass der Recke noch etwas hinzufügen wollte, doch plötzlich spannten sich sein und Farinas Körper. Ihre Blicke wurden starr. Sie erhoben sich und gingen Hand in Hand davon, mit Bewegungen, die Mythor schaudern machten. Sie beherrschten ihre Körper nicht mehr selbst.
    Mythor blieb liegen und sah ihnen nach, bis sie aus dem Schein der allmählich herabbrennenden Feuer verschwunden waren.
    Dann sprang er auf, überzeugte sich davon, dass niemand Zeuge seines Aufbruchs wurde, und schlich ihnen nach. Er ließ die Hütten hinter sich und sah die beiden als dunkle Schatten zwischen den Bäumen gehen. Weder Golad noch Farina blickten sich um.
    Es verwunderte ihn nicht, dass die beiden nach Süden gingen. Er war sogar überzeugt davon, dass sie zwischen den beiden gleichen Bäumen hindurchgehen würden, bei denen er Nilomburs Lendenschurz gefunden hatte. Er kannte ihren Weg bis dorthin und konnte es sich leisten, einige Male stehenzubleiben und in sich zu gehen. Manchmal hatte er das Gefühl, irgend etwas stelle sich ihm entgegen, wolle verhindern, dass er weitermarschierte. Es fiel ihm immer schwerer, die Trugbilder zu durchschauen. Doch was er dann sah, gab ihm neue Kraft und ließ seinen Grimm und seine Entschlossenheit wachsen. Golad und Farina wandelten durch ein finsteres Tal des Todes, finsterer noch, als Mythor es beim erstenmal geschaut hatte. Die knorrigen Äste der verkrüppelten Bäume senkten sich auf sie herab, als wollten sie sie vorwärts peitschen. Hinter ihnen wuchsen Dornenranken zusammen, wie um ihnen den Weg zurück ein für allemal abzuschneiden. Mythor musste um sie herumgehen und sah wieder nichts als nachtblühende Büsche mit wunderschönen Blütenkelchen, aus denen ein Duft stieg, der ihm die Sinne rauben wollte.
    Er biss die Zähne zusammen, dass seine Kiefer schmerzten. Schmerz allein konnte den unheilvollen Einfluss bannen, Schmerz und das Heraufbeschwören finsterer Erinnerungen, die Mythors Seele schreien ließen.
    Er musste sich vorankämpfen, und mit jedem Schritt wurde es schwerer. Vielleicht lag darin die Absicht des Gegners, dass er sich jetzt vollkommen verausgabte, um dann, wenn es zur entscheidenden Begegnung kam, hilflos zu sein, ein weiteres Lamm auf der Schlachtbank.
    Und sie waren Lämmer! Alle, die es hierher verschlagen hatte! Was Mythor bisher weit von sich geschoben hatte, wurde zur furchtbaren Gewissheit .
    Nur die Kräftigsten rief die dämonische Macht zu sich, Hünen wie Golad und Nilombur und O’Lywynh. Sie wollte nicht nur ihre Lebenskraft, sie wollte mehr! Die Menschen wurden wie eine Herde Vieh gehalten, gemästet und in Sicherheit gewiegt. All das konnte nur eines bedeuten.
    Aber es zeigte Mythor auch, dass er es mit einem Gegner aus Fleisch und Blut zu tun hatte. Seine Hände waren geballt, dass seine Fingernägel sich schmerzhaft ins Fleisch der Handfläche bohrten. Aber er brauchte den Schmerz!
    Sie kamen zur Lichtung. Immer noch war es Nacht. Die beiden bekannten Bäume… Golad und Farina erreichten sie und blieben stehen. Mythor verbarg sich hinter einem Strauch, dessen Zweige sich ihm drohend entgegenreckten, und sah, wie die beiden Liebenden sich ihrer Lendenschurze entledigten. Sie ließen sie einfach fallen und setzten ihren Weg fort.
    Mythor nahm die gewickelten Tücher an sich und schob sie halb in den Fellrock. Warum mussten sich jene, die auf die Traumreise gingen, an dieser Stelle ausziehen? Erhielten sie hier neue Weisungen?
    Mythor lauschte vergeblich in sich hinein. Da war nichts, nichts außer dem Druck in seinem Schädel, der ihn immer stärker zur Umkehr zwingen wollte. Er schritt schneller aus, um den Vorsprung der beiden Todgeweihten wieder aufzuholen. Er hatte das bestimmte Gefühl, sie jetzt nicht mehr aus den Augen verlieren zu dürfen, ihnen noch näher sein zu müssen. Wo lauerte der Gegner? Wann schlug er zu?
    Wie durch eine zähe Masse bewegte er sich. Jeder Schritt wurde zur Qual. Er glaubte, die Muskeln in seinen Beinen müssten zerreißen, doch er wusste, dass dem nicht so war, dass dies alles nur in seinem Kopf entstand. Das hämmerte er sich ein, unaufhörlich, bis er fast wahnsinnig wurde. Die Nacht war warm, doch eiskalt lief es ihm den Rücken hinunter. Tausend Eisnadeln schienen sich in sein Fleisch zu bohren, in seine Knochen, in sein Herz.
    Weiter, immer weiter! Ein kurzes Zögern, ein kurzes Atemholen konnte den

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