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Insel der Träumer

Insel der Träumer

Titel: Insel der Träumer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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plätschernde, kristallklare Wasser aber war von einem dichten Netz aus Tausenden dünner, im Licht der Sonne glitzernder Fäden überzogen.
    »Spinnweben«, knurrte der Steinmann. »Und ich hätte schwören können, dass sie durch das Wasser gehen, um ihre Spuren zu verwischen.«
    »Dann sind sie hinübergesprungen!« rief einer der ehemaligen Ruderer.
    »Ihnen nach!«
    Bevor der Steinmann einen Satz über den Bach machen konnte, erschienen am anderen Ufer die Inselbewohner, die die Gejagten von Osten her in die Zange nehmen sollten.
    »Was ist?« brüllte einer von ihnen. »Habt ihr sie gefunden?«
    »Fragt nicht so dumm!« fuhr Sadagar ihn an. »Sie müssen auf eurer Seite sein!«
    »Wir haben nichts gesehen!«
    »Der Erdboden wird sie kaum verschluckt haben! Wir kämmen die Insel Fuß für Fuß durch, bis zu den Klippen im Osten!«
    Er sprang. Die anderen folgten ihm Mann für Mann. Sadagar schimpfte wie ein Rohrspatz, weil nun auch hier das Moos völlig niedergetrampelt war.
    Als sie den Bach schon weit hinter sich gelassen hatten, legte sich plötzlich ein Arm um den Hals des Steinmanns. Sadagar wurde roh herumgerissen und sah in Chrandors wütende Augen.
    »Jetzt hörst du mir zu, Freund!« kreischte der Pirat. »Ich sagte, dass Aß und Baß verschwunden sind! Und zwar…«
    »Lass mich mit deinen Viechern in Ruhe!« Sadagar wollte sich losreißen, doch Chrandor stellte ihm ein Bein. »Und zwar verschwanden sie im gleichen Augenblick, in dem die drei flohen! Sie schlüpften einfach aus den Stulpenhandschuhen heraus. Nein, Freund Steinmann, du hörst mir zu! Denn das Netz über dem Wasser kann auch ihr Werk sein!«
    Sadagar starrte Chrandor an. »Was sagst du da?«
    »Endlich wirst du vernünftig! Ich weiß, dass Aß und Baß solche Netze weben können. Sie taten es früher für mich, wenn ich auf dem Markt von Sarphand gewissen Händlern ein paar von ihren…« Er winkte ab. »Wenn ich selbst gejagt wurde und ein Versteck brauchte!«
    Der Steinmann sprang auf. Schnell sah er sich um. Die Männer waren weitergelaufen. Er war allein mit Chrandor.
    »Dann komm!« rief er. »Los, worauf wartest du noch?«
    Sie wagten nicht zu atmen, als die Verfolger am Ufer standen und über ihr Vorgehen berieten. Jedesmal versetzte es Mythor Nadelstiche ins Herz, wenn er des Steinmanns Stimme hörte.
    Die beiden Weichtiere lagen zwischen den Gejagten, als wollten sie ihnen dadurch kundtun, dass sie auf ihrer Seite waren. Das Netz war so dicht, dass Mythor nur schattenhafte, schwache Schemen von den Männern sehen konnte.
    Dann endlich sprangen sie über den Spalt, der für sie wahrhaftig ein klarer Bach war, und ihre Stimmen verloren sich in der Ferne.
    »Sie sind fort«, flüsterte Farina. Tränen rannen ihre dunklen Wangen herab. Ihre Augen waren gerötet. »Ich… kann es nicht glauben.«
    Mythor und Golad sahen sich schweigend an. Sie sagten nichts, um Farina im Glauben zu lassen, dass sie fürs erste in Sicherheit seien. Doch jene, die nun im Osten der Insel nach ihnen suchten, waren nicht alle, die sich an ihre Fersen geheftet hatten.
    Fingerdicke, spitze Wurzeln schoben sich aus winzigen Ritzen im Felsspalt.
    »Wir können hier nicht bleiben«, flüsterte Mythor. »Wir kamen bis hierher, und wir werden es auch bis zu Rachamons Höhle schaffen!« Und falls es zum Kampf kommt, ist wenigstens Sadagar nicht unter den Gegnern! dachte er.
    Golad richtete sich auf und berührte vorsichtig das Netz über seinem Kopf. Seine Finger blieben daran kleben.
    »Aß und Baß«, raunte der Sohn des Kometen den Weichtieren zu. »Ich weiß nicht, ob ihr mich verstehen könnt. Falls ja, so schafft uns einen Weg hier heraus.«
    Golad lachte bitter. »Du gibst die Hoffnung niemals auf, Mythor?«
    »Nicht, solange ein Funke Leben in mir ist. Seht!«
    Aß und Baß glitten unglaublich schnell am Fels in die Höhe, wichen den starren, immer weiter auf die Gefangenen zuwachsenden Wurzelspeeren aus und wiederholten das, was sie bereits vorher getan hatten. Blitzschnell huschten sie von einem Rand des Spaltes zum anderen und lösten die Fäden. Sie rollten sie auf, bis das Netz sich teilte und dicke, klebrige Knäuel herabfielen. Als der Weg nach oben frei war, kamen sie zurück und hefteten sich auf Mythors Schultern.
    Golad stieß erleichtert die Luft aus, und Farina schlang weinend ihre Arme um ihn. Auch Mythor stand auf, brach einige der Wurzelspeere ab und schob die Hand über den Rand der Spalte. »Ihr beide seid also gegen die Trugbilder

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