Insel der Traumpfade Roman
an, dass Sie es ernst meinen.« Sie lächelte zu ihm auf. »Aber ich bin die Tochter einer Farmerfamilie aus Sussex, in einem Weiler groß geworden, habe eine Dorfschule besucht und bin die Witwe eines Sträflings. Wir stammen aus verschiedenen Welten, Mr Carlton …«
»Oberflächlich betrachtet, vielleicht«, unterbrach er sie. »Aber wir teilen die Liebe zum Land und haben denselben Wunsch, das Beste aus allen Gelegenheiten zu machen, die sich uns eröffnen. Ihre Schulbildung mag begrenzt gewesen, ihre Herkunft eine ganz andere als meine sein – aber unsere Freundschaft hat bewiesen, dass wir gut zueinander passen. Wir leben in einer neuen Welt, Alice, und es ist an uns, sie zu erobern.«
»Es ist eine neue Welt, gewiss«, stimmte Alice ihm zu, »doch mein Platz darin ist hier auf dem Land, bei dessen Rodung ichmeinem Mann geholfen habe. Ich bin eine Farmerin, Mr Carlton. Ich wüsste gar nicht, was ich woanders anfangen sollte.«
»Dann lassen Sie es sich von mir zeigen«, flehte er sie an. »Sie hatten einmal einen Sinn für Abenteuer, sonst wären Sie niemals nach New South Wales gekommen. Entdecken Sie diese Abenteuerlust wieder, Alice. Kommen Sie mit ans Kap und überzeugen Sie sich selbst davon, wie gut das Leben dort sein kann.«
Sie wich vor ihm zurück. »Bitte, hören Sie auf, Mr Carlton. Ich habe nicht den Wunsch, von Moonrakers fortzugehen.« Sie hob eine Hand, um seinen Protest zu unterbinden. »Jack war der einzige Grund, warum ich den Mut fand, den weiten Weg hierher auf mich zu nehmen«, sagte sie ruhig. »Jetzt, da er tot ist, wird es keinen anderen geben.«
»Aber Sie stehen doch noch in der Blüte Ihres Lebens. Sie können doch nicht den Rest Ihres Lebens der Erinnerung an einen Verstorbenen widmen.«
Sie straffte sich. »Jack mag zwar tot sein, Mr Carlton, aber er lebt in jedem Winkel von Moonrakers weiter, denn hier hat er seine Freiheit und seinen Stolz wiedererlangt, hier hat er mich gelehrt, wie wichtig es ist, zu dem zu stehen, was wirklich eine Rolle spielt. Ich werde nie von hier weggehen.«
Henry Carlton drehte seinen Hut in den Händen und zupfte nervös an seinen ledernen Bändern. »Er war ein glücklicher Mann, weil er die Liebe einer Frau besaß, wie Sie es sind, Mrs Quince«, sagte er. »Meine Einschätzung war richtig, doch meine Schlüsse etwas verfehlt, denn ich habe in Ihnen die Kraft und den Mut Ihrer Überzeugungen gespürt und – dummerweise – gehofft, Sie könnten sie vielleicht mit mir teilen. Ich möchte mich dafür entschuldigen, wenn ich etwas Unpassendes gesagt habe.« Er lächelte. »Ausnahmsweise sieht es einmal so aus, als hielte ich nicht alle Trümpfe in der Hand.«
Alice verstand nicht, was er meinte. »Vielen Dank für Ihre freundlichen Worte«, unterbrach sie das Schweigen, das nun eingetreten war. »Ich weiß sie zu schätzen, obwohl ich Ihr äußerst großzügiges Angebot ablehnen muss.«
Er setzte den Hut sorgfältig wieder auf und knickte den Rand nach vorn, um die Augen zu beschatten. »Sie sind eine wunderbare Frau, Mrs Quince. Es ist mir eine Ehre, Sie eine Freundin nennen zu dürfen. Ich hoffe, meine Worte werden unsere Freundschaft nicht zerstören.«
Alice war im Begriff zu antworten, als ihr ein völlig neuer Gedanke kam. Ohne lange darüber nachzudenken, fragte sie: »Mr Carlton, wissen Sie irgendetwas über Merinoschafe?«
»Nur dass ihre Wolle die beste auf der ganzen Welt ist«, antwortete er, offensichtlich verblüfft über diese unerwartete Wendung des Gesprächs.
»Das ist sie in der Tat«, sagte sie, und ihre Gedanken wanderten und nahmen mit beinahe alarmierender Geschwindigkeit deutliche Formen an. »Sie sind offenbar ein Mann, der eine Herausforderung braucht, und ich möchte Ihnen etwas vorschlagen.«
Er lachte. »Sie sind eine überraschende Frau, Mrs Quince. Sagen Sie mir, was Sie im Sinn haben!«
»Wir müssen in unseren Viehbestand investieren, wenn wir uns gegen die größeren Landbesitzer wie Mr Macarthur behaupten wollen, aber da er die Fäden der amtlichen Geldzuweisungen und die größten Herden in Händen hält, fällt uns das schwer.« Sie holte tief Luft, erschrocken über ihre Kühnheit, doch fest entschlossen, ihr Vorhaben durchzuziehen. »Könnten Sie sich vorstellen, in Moonrakers zu investieren, bis wir auf die Beine gekommen sind?«
Seine Miene wurde nachdenklich. »Eine kurzfristige Investition?«
Alice nickte. »Ich müsste mit Mrs Penhalligan sprechen, meiner Partnerin, aber ich denke, ja. Eine
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