Insel der Traumpfade Roman
kurzfristige Investition für maximal fünf Jahre – kein Geld, sondern Schafe, die Sie vom Kap herschicken könnten. Wir können alle Gewinne in dieser Frist durch vier teilen.«
»Warum durch vier? Ich dachte, nur Sie und Mrs Penhalligan halten die Übertragungsurkunden für Moonrakers in Händen?«
»Wir müssen einen Teil unserer Gewinne an die Regierung zahlen, aber es ist nicht viel. Den Rest teilen wir unter uns dreien auf.«
Henry Carlton warf den Kopf in den Nacken und lachte so laut, dass es über den Fluss und in den Wald hineinschallte. »Oh, Mrs Quince«, stieß er hervor, »ich komme, um Ihnen einen Antrag zu machen, und statt einer Ehefrau finde ich eine Geschäftspartnerin.«
Alice grinste. »Sie sind also damit einverstanden?«
»Und ob«, antwortete er und schüttelte ihr die Hand. »Ich werde die Papiere von meinem Anwalt aufsetzen lassen. Er wird mir wahrscheinlich raten, die Übertragungsurkunden von Moonrakers bis zum Ende der Fünfjahresfrist zu übernehmen, aber seien Sie versichert, das werde ich nicht tun. Moonrakers gehört Ihnen, und wenn ich für Sie nur ein Freund und Geschäftspartner sein kann, dann bin ich mehr als zufrieden.«
»Dann sollten Sie lieber mit hineinkommen, um die anderen kennenzulernen. Die laufen Gefahr, sich zu erkälten, wenn sie noch länger draußen auf der Veranda sitzen und die Ohren spitzen, und wir haben viel zu besprechen.«
»Bist du sicher, du weißt, was du da tust?«, fragte Nell und zündete sich ihre Abendpfeife an. Henry Carlton war gegangen, Niall und Amy standen unten an der Scheune und sagten sich gute Nacht, die Zwillinge waren im Stall, und die beiden Frauen tranken Tee auf der Veranda.
»Es ist die einzige Möglichkeit, neue Tiere anzuschaffen und die Qualität der Wolle und des Fleisches beizubehalten.«
»Ich rede nicht von den verdammten Schafen, gute Frau«, entgegnete Nell. »Ich meinte Mr Carlton. Er sieht gut aus, ist reich und will dich heiraten – aber du hast ihn abgewiesen.«
»Ich liebe ihn nicht«, protestierte Alice.
»Dann solltest du mal deinen Kopf untersuchen lassen. Die meisten Frauen würden sich den rechten Arm abhacken, damit er hinter ihnen herhechtet.«
»Ich weiß«, gab Alice zu. »Aber du hättest seinen Antrag auch nicht angenommen – und wage nicht, etwas anderes zu behaupten. Nicht einmal ein Mann wie Mr Carlton könnte Jack oder Billy ersetzen.«
»Ja, du hast ja recht – wie üblich.« Nell seufzte. Sie schaute Alice durch den Pfeifenrauch an. »Sieht ganz so aus, als wären wir zwei nicht auseinanderzukriegen.«
»Wohl wahr«, erwiderte Alice. Sie griff quer über den Tisch nach Nells Hand. »Ich bin froh, dass wir endlich Freundinnen sind.«
»Ich auch«, sagte Nell, die Pfeife im Mund. Sie lachte. »Ich habe immer gedacht, du hieltest dich für was Besseres – aber Billy hatte recht. Du und ich werden den Laden hier in Schuss halten, weil wir ein gutes Team sind.«
Alice hob ihre Teetasse. »Auf Moonrakers, Alice und Nell!«
»Nell und Alice«, korrigierte Nell mit gespielter Erbitterung. »Vergiss nicht, ich war zuerst hier!«
Fünfter Teil
M euterei
Neunzehn
Hawks Head Farm, Januar 1808
G eorge und Ernest trieben das Vieh auf die üppigen Weiden am Fluss und sprachen über die beunruhigende Krise in der Kolonie. Der neue Gouverneur William Bligh hatte das New South Wales Corps und den mächtigen Macarthur gegen sich aufgebracht, und die Menschen ergriffen Partei in dieser Fehde.
»Bligh hätte von vornherein gar nicht erst Gouverneur werden dürfen«, sagte George aufgebracht. »Er hat schon Ärger gemacht, bevor er hier landete. Denk an meine Worte, Ernie, diese Fehde zwischen ihm und Macarthur wird zu einer Meuterei führen, die der auf der Bounty in nichts nachsteht.«
»Er ist ein schwieriger Mann, das gebe ich ja zu«, erwiderte Ernest. Sie ritten Seite an Seite. Die Rinder liefen in einer langen Reihe vor ihnen her, und der von vielen Hufen aufgewirbelte Staub erhob sich zu einer erstickenden Wolke. »Aber er hat Macarthur gezwungen, öffentliche Gelder lockerzumachen, als wir im vergangenen Jahr das Hochwasser hatten. Wir hätten nicht überleben können, ohne die Herde aus den amtlichen Beständen aufzufüllen.«
»Ich sage ja nicht, dass er nichts Gutes in der Kolonie bewirkt hat«, sagte George, »aber er scheint wild entschlossen, Macarthur vollkommen zu entmachten. Er hat ihm sogar untersagt, Destilliergeräte zum Brauen einzuführen und billigen Wein ans Corps zu
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