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Insel der Traumpfade Roman

Insel der Traumpfade Roman

Titel: Insel der Traumpfade Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley Marion Balkenhol
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ihre Töchter kurz davor standen, Frau zu werden, doch sie besaßen noch die kindliche Naivität und Begeisterung, die sie selbst schon viel früher verloren hatte. Ihre Kinder waren so ganz anders aufgewachsen als sie selbst. Wenn doch nur Billy sie jetzt sehen könnte, dachte sie wehmütig. Er wäre so stolz gewesen.
    Sie faltete weiter die Wäsche zusammen. Amy war noch sehr jung – zu jung, um an eine Romanze zu denken –, und der Junge war durch seine Erfahrungen reifer, als es seinem Alter entsprach. Diese Reife hatte ihn aber auch erkennen lassen, dass er warten musste, bis Amy alt genug war, sich ihm anzuvertrauen, und dafür schätzte Nell ihn. Sie bewunderte auch, dass er sich durch Zuverlässigkeit und harte Arbeit rasch einen guten Ruf erworben hatte. Sein Geschäft florierte, und er hatte sogar einen zweiten Raum an seine kleine Holzhütte gebaut.
    Nell hatte kaum Bedenken hinsichtlich seiner Anlagen und seiner Religion, denn er hatte seine inneren Werte bereits unter Beweis gestellt. Außerdem war es von Anfang an klar gewesen, dass er Amy anbetete. Wenn sie in ein paar Jahren heirateten, würde sie sich um die Zukunft ihrer Tochter nicht sorgen müssen.
    Sobald sie hörten, dass Pferde in den Hof trabten, lief Amy in ihr Schlafzimmer. Nell stellte den Wäschekorb beiseite, um Sarah beim Tischdecken zu helfen. Kurz darauf kamen Niall und Walter fröhlich lachend herein. Nell sah, wie Nialls Blick den Raum nach Amy absuchte und wie enttäuscht er war, als er sie nicht entdeckte.
    »Sie kommt gleich«, sagte Sarah kichernd. »Sie macht sich schön für dich.«
    »Schh«, machte Nell und wandte sich an Niall. »Hör nicht auf Sarah! Sie will dich nur ärgern.« Walter sah wie üblich sehr unordentlich und verdreckt aus. »Geh und wasch dich«, wies Nell ihn an. »So setzt du dich nicht an meinen Tisch.«
    »Du klingst wie Tante Alice.« Er wich der Hand aus, die ihn am Ohr ziehen wollte.
    Stattdessen versetzte Nell ihm einen Klaps mit dem Geschirrtuch und schickte ihn hinaus. »So«, gab sie zurück. »Vielleicht wäschst du dich nun auch hinter den Ohren.« Sie machte sich daran, das Hammelfleisch zu retten, das Amy offensichtlich auf dem Herd vergessen hatte.
    »Ich komme um vor Hunger«, sagte Alice, als sie in die Küche trat. »Was gibt es zu essen?«
    »Verbranntes Hammelfleisch, matschiges Gemüse und dünne Soße. Amy war in Gedanken woanders«, antwortete Nell und deutete mit dem Kopf auf Niall.
    Alice setzte sich daran, eine lange Liste von Sachen aufzustellen, die sie einzukaufen hatte, wenn sie am nächsten Tag in die Stadt fuhr. Mehl, Salz und Sirup gingen aus, und Walter brauchte neue Stiefel. Aus den amtlichen Vorratslagern musste sie Rum, Tabak und neue Hosen für die Sträflinge abholen.
    »Ich hätte gern ein Stück Stoff für ein Kleid«, sagte Nell. »Meine alten hängen in Fetzen.«
    »Mal sehen, wie viel ich übrig habe, wenn ich alles andere eingekauft habe«, erwiderte Alice. »Ein neues Kleid ist nicht lebenswichtig.«
    »Ich weiß«, seufzte Nell. »Aber ich würde mich gern mal wieder als Frau fühlen.«
    »Warum fährst denn diesmal nicht du in die Stadt? Ich habe hier reichlich zu tun, und der Ausflug wird dich aufmuntern.«
    »Vielleicht bittet mich dann dein geheimnisvoller Freund, im Hotel am Kai Tee mit ihm zu trinken«, hänselte sie Alice.
    »Er ist nicht mein geheimnisvoller Freund«, entgegnete Alice. »Ich habe dir doch schon erzählt, Nell, dass Mr Carlton nur ein Bekannter ist, den ich hin und wieder treffe, wenn ich in der Stadt bin. Du solltest das nicht überbewerten.«
    »Wenn du meinst«, gab Nell zurück.
    »Ich wünschte, ich hätte ihn nie erwähnt.«
    »Aber du hast es. Hätte nichts dagegen, ihn kennenzulernen – mal kurz abschätzen, ob ich mit ihm einverstanden bin.«
    »Um Himmels willen!« Alice war erbost.
    Nell hob belustigt eine Augenbraue, wusste aber, dass sie Alice nun genug aufgezogen hatte. Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Mahlzeit und gab keinen weiteren Kommentar ab.
    Die Unterhaltung beim Essen war lebhaft, und durch die offene Tür kam ein kühler Luftzug, der es im Raum trotz der Hitze des Ofens an diesem Frühsommerabend erträglich machte.
    Nell bemerkte, dass Niall und Amy sich über Belanglosigkeiten austauschten, ihre Augen jedoch mehr als alle Worte sagten. Der Anblick der jungen Leute erinnerte sowohl Alice als auch sie schmerzhaft daran, wie ihr Leben vor dem Brand gewesen war. Nell sah Billys Gesichtsausdruck wieder vor

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