Insel der Traumpfade Roman
»Mrs Quince, Sie haben mich von dem Augenblick an fasziniert, als wir uns an Bord der Empress begegnet sind, und im Laufe der Jahre, in denen wir uns bei Ihren Besuchen in Sydney hin und wieder kurz trafen, durfte ich Sie mehr und mehr als Freundin betrachten. Eine Freundin, die ich sehr achte und bewundere. Ich habe Wert darauf gelegt, Ihr Schicksal zu verfolgen, und obwohl Sie dies vielleicht als Einmischung betrachten, musste ich mit Ihnen sprechen, bevor ich nach Kapstadt abreise.«
Alice war so verblüfft, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte.
»Mrs Quince«, drängte er, »meine Achtung vor Ihnen ist größer denn je. Ihre Kraft und Ihr Stolz darauf, wer und was Sie sind, leuchtet aus Ihren Augen.«
»Bitte, Mr Carlton, jetzt gehen Sie zu weit.«
»Ich weiß«, erwiderte er. »Aber ich muss bald nach Kapstadt aufbrechen, und ich musste mit Ihnen reden, ohne nach der Schicklichkeit zu fragen.« Er streckte die Arme vor, als wollte er ihre Hände ergreifen, ließ sie dann aber wieder sinken, weil ihm klar wurde, dass er vielleicht zu forsch war. »Wollen Sie mir wenigstens die Ehre erweisen, mich zu Ende anzuhören?«
Sie bemerkte den Ernst in seiner Stimme und die Entschlossenheit in seinen Augen, und obwohl die Unterhaltung seltsam unwirklich wurde, konnte sie nicht widerstehen zu erfahren, was er zu sagen hatte. Sie nickte.
»Ich bin ein wohlhabender Mann«, begann er, »mit Ländereien in England, Südafrika und Amerika. Ich hatte Erfolg, seitdem auf meinem Grund und Boden in Südafrika Gold gefunden wurde, aber ich habe niemanden, mit dem ich mein Glück teilen kann.« Er schlug die Augen nieder, seine Stimme war tief und melodiös. »Meine Frau ist vor vielen Jahren gestorben, wir hatten keine Kinder.«
Alice fühlte mit ihm, denn sie verstand seine Traurigkeit. Dennoch war sie allmählich argwöhnisch, wohin das alles führen würde, und wusste nicht, wie sie es abbrechen sollte.
»Mein Anwesen am Kap hat mehrere Tausend Morgen, die hauptsächlich der Viehhaltung dienen.« Er lächelte. »Ich bin kein Farmer. Meine Stärken liegen darin, meine Geschäfte mit wachem Auge und ruhiger Hand zu führen.«
Alice hatte das Gefühl, wieder auf festerem Boden zu stehen. »Landwirtschaft ist ein Geschäft wie jedes andere.«
»Sehen Sie? Wir sind einer Meinung. Ich wusste, es war richtig, mit Ihnen zu sprechen.« Er warf einen Blick zurück zum Haus, wo ihr Publikum jetzt auf der Veranda saß und keinen Hehl aus seiner Neugier machte. »Mein Haus am Kap ist groß, mit Ställen und Unterkünften für die Dienerschaft. Die Baumwollplantage in Amerika ist genauso weitläufig, und dann habe ich natürlich noch meine Güter in Wiltshire. Ich führe ein gutes Leben, Mrs Quince – aber ein einsames.«
Alice war verwirrt. »Worauf wollen Sie hinaus, Mr Carlton?«
Plötzlich verlor er die Fassung, und zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, wirkte er keineswegs selbstsicher. »Ich möchte Sie bitten, mich zu heiraten, Mrs Quince«, sagte er.
Die Worte hingen zwischen ihnen. »Das … Das ehrt mich, Mr Carlton«, stammelte Alice.
»Wir sind bereits Freunde – gute Freunde, die immer viel Gesprächsstoff finden, wenn wir uns allzu selten einmal sehen. Aber wir könnten uns näherkommen«, drängte er und lächelte. Sie sahihm an, dass er sich bemühte, seine Begeisterung zu zügeln. »Sie haben mir bereits an jenem ersten Abend an Bord der Empress das Herz gestohlen, und jedes Mal, wenn wir uns trafen, wurde ich mir noch sicherer, dass Sie die richtige Frau für mich sind.«
Alice war sprachlos vor Staunen.
»Ich bin nicht so dumm zu glauben, dass Sie mir heute Abend eine Antwort geben. Ich bin bereit zu warten, Mrs Quince – Alice –, so lange, wie Sie für Ihre Entscheidung brauchen.«
»Mr Carlton, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Dann sagen Sie nichts. Denken Sie über meine Bitte nach, und wenn Sie bereit sind zu antworten, schicken Sie mit eine Nachricht nach Sydney Town.«
Alice betrachtete den Mann, der vor ihr stand. Er war nicht nur gut aussehend, sondern auch intelligent, freundlich und wohlhabend – die Art von Freier, den die meisten Frauen bereitwillig akzeptiert hätten. Doch seine Freundschaft war alles, was sie gewollt hatte – erwartet hatte –, und sein Antrag hatte etwas zwischen ihnen verändert. Es war schmeichelhaft, aber peinlich.
»Ich fühle mich zutiefst geehrt, dass Sie zu mir gekommen sind«, begann sie, »und ich bin noch immer überrascht, sehe Ihnen aber
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