Insel der Traumpfade Roman
dem Augenblick gewusst, als sie in seinem Einspänner in Sydney Town aufbrachen. Schon nach einer Stunde hatte ihn ihre Anwesenheit gestört, was nicht an ihr lag – er hätte aus Erfahrung wissen müssen, dass keine andere Frau an Eloise heranreichte, doch Miss Hawthorne hatte den Wunsch geäußert, Hawks Head zu besuchen, und er war dumm genug gewesen, sie einzuladen. Nun hatte seine Familie eine Liebesaffäre gewittert.
»Ich habe keinerlei Absichten, weder rechtschaffene noch andere, was Miss Hawthorne betrifft«, erklärte er. »Sie hat sich nur für die Farm interessiert, damit sie den Kindern, die sie unterrichtet, davon erzählen kann. Ich werde sie morgen früh nach Sydney zurückbringen.«
»Wenn du meinst«, antwortete Ernest. Sie trieben die Rinder auf die umzäunte Weide, und ein Sträfling schloss das Tor. Ernest zog den Hut und wischte sich den Schweiß ab, wobei er eine Schmutzspur auf der Stirn hinterließ. »Aber ich glaube, die Dame hat andere Vorstellungen.«
George stieg aus dem Sattel und streckte sich. »Dann muss sie ihre Vorstellungen ändern. Ich bin nicht bereit zu heiraten und habe ihr bereits klargemacht, dass ich ihr nur Freundschaft anbiete.« Er warf einen Blick auf seinen Bruder. »Es war dumm, sie mitzubringen. Ich hätte mir denken können, dass sie mehr hineingedeutet hat. Die arme Agatha. Sieht so aus, als wäre es ihr bestimmt, eine altjüngferliche Lehrerin zu bleiben.«
Ernest betrachtete ihn gedankenverloren. »Du warst jedenfalls nicht fair zu der armen Frau. Sie ist anscheinend doch ganz nett.«
George gähnte. »Das ist sie, Ernie, aber sie ist nicht die Richtige für mich.« Er klopfte seinem Bruder auf die Schulter. »Ichwerde sie ein paar Freunden von mir vorstellen – ihr einen Passenderen suchen.«
Ernest ließ sich durch die Munterkeit seines Bruders nicht täuschen. »Ich weiß noch gut, wie ich meinen Liebeskummer über Millie mit aufgesetzter Fröhlichkeit vertuscht habe«, sagte er ruhig. »Vielleicht machst du dasselbe. Hat deine Entschlossenheit, unverheiratet zu bleiben, vielleicht etwas mit Zurückweisung zu tun? Wenn ja, dann musst du begreifen, dass das Leben weitergeht und selbst die innigste Liebe irgendwann zu einer fernen Erinnerung wird. Es hat keinen Zweck, sein Leben mit Trauer zu vergeuden.« Ein zögerndes Lächeln erhellte sein Gesicht. »Miss Hawthorne ist hübsch«, gab er zu bedenken, »und Mutter ist sehr angetan von ihr. Willst du es dir nicht noch einmal überlegen?«
George knüllte sein staubiges Taschentuch zusammen und steckte es in die Tasche. »Ich bin alt genug, um mir selbst eine Frau auszusuchen – und wenn, dann werdet du und Mutter die Ersten sein, die sie kennenlernen.«
»Wer ist es, George?« Ernests Stimme war leise. »Wer hat dich so verhext, dass du dieses einsame Dasein einem Leben mit Frau und Familie vorziehst? Warum ist diese Frau nicht an deiner Seite?«
Ernests Scharfsinn brachte George aus der Fassung. Er hatte geglaubt, er habe seinen Kummer vor ihm verborgen. »Das Abendessen wird kalt, bis wir zurück sind«, murmelte er. »Wir dürfen die anderen nicht warten lassen.« Bevor Ernest etwas dazu sagen konnte, hatte er sich abgewandt. Seine Stiefel wirbelten Staub auf, als er über den Weg schritt.
Kaserne in Sydney, Januar 1808
Edward und die anderen Offiziere waren früh aufgestanden und warteten nun darauf, zum Gericht aufzubrechen. Sie waren äußerst angespannt, Pfeifenrauch hing in der Luft.
Bligh hatte den Militärstaatsanwalt Richard Atkins gezwungen, den Befehl für Macarthur herauszugeben, in der Sache des Handelsbillets, das er im vergangenen Dezember nicht hatte zahlen wollen, vor Gericht zu erscheinen. Macarthur hatte sich dem Befehl widersetzt und war inhaftiert, dann auf Kaution unter der Bedingung freigelassen worden, zur nächsten Sitzung des Sydney Criminal Court zu erscheinen, die an jenem Morgen stattfinden sollte.
»Es wird Zeit, dass wir Bligh loswerden«, murmelte einer der Männer. »Er hat den Rumhandel ruiniert, als er verbot, Alkohol als Tauschwährung einzusetzen. Meine Einnahmen sind davon empfindlich getroffen.«
»Die eingeführten Strafen legen den Handel völlig lahm«, sagte ein anderer. »Verkauf von Alkohol ist nur nach Blighs Gutdünken erlaubt, und unser Monopol auf den Tauschhandel ist fast verschwunden. Sieht der Narr denn nicht, dass er sich die mächtigsten Leute in der Kolonie zu Feinden macht?«
»Bligh und Macarthur sind Gegner«, sagte der Erste. »Bligh
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