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Insel der Traumpfade Roman

Insel der Traumpfade Roman

Titel: Insel der Traumpfade Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley Marion Balkenhol
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sich im Sattel vor.
    Florence krümmte sich zusammen und sah ihn durch ihr verfilztes Haar verstohlen an. Männer auf Pferden hatten etwas an sich, an das sie sich erinnern sollte. Etwas Beängstigendes und Gefährliches. Sie sang schneller: »Tick, tock, tick, tock, hickory dickory dock.«
    »Ich glaube, sie ist weiß, aber man kann es unter dem ganzen Dreck nicht erkennen. Sie muss schon lange hier draußen sein.«
    »Hat den Verstand verloren, das sieht man doch. Was sollen wir mit ihr machen, Herr Pfarrer?«
    Das Wort »Pfarrer« klang vertraut. »Papa?«, jammerte sie.
    »Wir können sie nicht hierlassen.«
    Wachsam beobachtete Florence, wie der Mann vom Pferd stieg. Sie schüttelte den Kopf, um das ärgerliche Brummen in den Ohren loszuwerden. Es war ein Trick, tick, tick, tick – das war nicht Papa. Sie kroch hinter den schlanken Stamm eines Eukalyptusbaums und lugte dahinter hervor.
    »Ich tu Ihnen nichts«, sagte der Mann und ging in die Hocke. »Ich heiße John Pritchard und bin Pfarrer in der Garnison in Parramatta. Ist Ihr Vater ein Geistlicher?«
    Das Summen war jetzt lauter und klang wie das Geräusch eines wütenden Bienenschwarms.
    Sein Blick fiel auf das Kruzifix. »Das ist ein schönes Kreuz«, sagte er sanft. »Darf ich es mir einmal ansehen?«
    Florence sah nur seine ausgestreckte Hand und schrak unwillkürlich davor zurück.
    »Wir vergeuden Zeit, John, und in der Garnison werden wir erwartet.«
    Der Pfarrer richtete sich auf und stemmte die Hände in die Seiten. »Sie hat sich verlaufen und hat Angst, und sie wird sterben, wenn wir sie allein lassen. Sie ist sehr dünn, und ich höre, wie es beim Atmen in ihrer Brust rasselt.« Er seufzte tief. »Was um alles in der Welt macht sie nur hier in ihrem Nachthemd mit einem Kreuz, das aussieht, als stamme es aus einer Kirche?«
    »Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal«, sagte der andere Mann mürrisch. »Beeilung, sonst bekommen wir Ärger mit dem Kommandeur.«
    Florence gefiel der Anblick der Reiter nicht. Sie trugen Uniformen, ritten auf Pferden und hatten Säbel bei sich – irgendwohinter dem Brummen in ihrem Kopf lauerte eine Erinnerung an Gräuel und Gefahr.
    Starke Arme hoben sie auf, und sie erstarrte.
    »Ist schon gut«, sagte der Mann und trug sie zu seinem Pferd. »Ich bringe Sie nach Hause.«
    Sie starrte ihn an, als er sie vor sich auf den Sattel setzte und die Zügel aufnahm. Das Brummen war jetzt lauter, und das rhythmische Ticken der Uhr war in ein Trommeln in ihrer Brust übergegangen.
    Das Pferd setzte sich in Bewegung, und die Arme schlossen sich fester um sie. Die Trommel schlug immer schneller, bis es wie Donner war, der ihren Kopf und ihren Körper ausfüllte und den Atem aus ihr herauspresste.
    Aufflackernder Todesangst folgten segensreiche Stille und ein Anflug von Vernunft. Endlich war ihr Vater zu ihr gekommen. Dann hüllte Dunkelheit sie ein.

Zehn
     
    Balmain, April 1798
    F ür die Herbstzeit war es ungewöhnlich warm, der Himmel war blau, und auf dem Wasser tanzten Lichtpunkte. George hatte unter den Bäumen am Strand eine Decke ausgebreitet, auf der sie, an Kissen gelehnt, im getupften Schatten saßen. Die Reste des Picknicks lagen neben ihnen verstreut. Er schenkte den letzten Rest Wein ein und war von Zufriedenheit erfüllt.
    Nachdem er sich eine Einladung zum Fest der Macarthurs erschlichen hatte, war George fast jeden Tag mit Eloise zusammen gewesen. Obwohl sich beide der Gefahr bewusst waren, wollten sie nicht auf ihre Treffen verzichten. Mit jeder Begegnung hatte sich ein tieferes Verständnis eingestellt und eine Sehnsucht nach Zweisamkeit, die Erfüllung verlangte. In schweigendem Einvernehmen wurde Edward nie erwähnt, doch blieb ihnen seine unheilvolle Existenz stets im Bewusstsein. Jetzt riskierten sie mehr denn je, da Edward bald zurückkehren sollte. Die Zeit drängte.
    Eloise war unsagbar schön, und George wusste in jenem Augenblick, dass er sie über alles liebte. »Ist dir klar, dass es einen Monat her ist, dass wir uns kennengelernt haben? Seitdem haben wir über Shakespeares Stücke und Sonette gesprochen, über die Artussagen, Politik, Walfang und die Wechselfälle des Lebens in diesem kolonialen Außenposten. Du bist eine sehr erstaunliche Frau, Eloise.«
    »Unsere Begegnungen haben mir viel Glück beschert. Bei dir durfte ich so sein, wie ich bin, und das ist ein kostbares Geschenk. Ich danke dir dafür, George.«
    »Ich wünschte, es könnte immer so sein wie in diesem Moment, aber wir

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