Insel der Versuchung
schlank, hellhäutig und -haarig und besaß stolze, fast vornehme Züge. Unter weniger gefährlichen Umständen hätte Caro ihn als gut aussehend bezeichnet.
„Seid gegrüßt, ehrwürdiger Saful“, begann Max auf Französisch und verneigte sich.
Der Berberfürst antwortete in derselben Sprache, wenn auch nicht ganz flüssig. „Woher kennen Sie meinen Namen?“
„Ihr besitzt einen guten Ruf entlang der Küste, sidi. Ihr seid Saful il Taib, Führer des Stammes Beni Abbes. Ich habe eine weite Reise unternommen, um Euch zu treffen.“
„Und zu welchem Zweck?“
„Ich hoffte, Ihr wäret unter Umständen so freundlich, mir eine Bitte zu erfüllen.“
Max stellte daraufhin sich und seinen guten Freund Mr. Ryder vor, erklärte, sie seien Sportsmänner und auf der Suche nach den berühmten Berglöwen in dieser Gegend. „Vielleicht gestattet Ihr uns, für diese Nacht unser Lager auf Eurem Land aufzuschlagen? Wir haben eine lange, beschwerliche Reise hinter uns.“
„Natürlich“, erwiderte Saful großmütig, „werden Sie alle meine Gäste sein.“
„Es wird nicht nötig sein, die ganze Gesellschaft aufzunehmen“, bemerkte Max. „Ich brauche nur meine persönlichen Diener um mich.“
Er winkte Caro und Santos Verra. „Wenn jemand den anderen einen Ort zeigen könnte, an dem sie das Lager auf schlagen können ...“
Als Saful seinen Männern Anweisung gab, genau das zu tun, war Caro sich sicher, dass sie die erste Hürde genommen hatten.
Der Berberfürst wendete sein Pferd und führte sie in die Festung. Max und Ryder ritten neben ihm, Caro und Verra folgten in angemessenem Abstand. Als sie die massiven Tore passierten, taute der Eisklumpen in ihrem Magen. Die zweite Hürde.
Da sie Fremde waren, folgten ihnen auf ihrem Weg durch die
Stadt neugierige Blicke aus der Menschenmenge, die auf den Straßen und Plätzen zusammengelaufen war. Caro verbarg ihre eigene Neugier und versuchte, sich unauffällig den Weg einzuprägen, auf dem sie möglicherweise fliehen würden, ehe der Morgen anbrach. Sie konnte nicht umhin, die offenen, freundlich lächelnden Gesichter der Frauen zu bemerken. Sie waren alle in farbenfrohe Tuniken gekleidet und trugen zahllose Silberketten und Armreifen. Berberfrauen verhüllten ihre Gesichter nicht mit Schleiern, wie es arabische oder türkische Frauen taten, und sie konnte deutlich ihre kunstvollen Tätowierungen sehen.
Safuls Haus war aus getrocknetem Lehm und gehauenen Felsen erbaut und so geräumig, wie es seiner Stellung als Anführer entsprach. Verra wurde am Eingang zurückgelassen, um die Pferde zu versorgen, Caro, Max und Ryder folgten Saful durch ein Portal in einen Raum, der zweifellos für die Audienzen des Stammesführers benutzt wurde. Er war luxuriös eingerichtet, mit dicken Teppichen und Kissen ausgelegt und mehreren kleinen Tischen, auf denen Öllampen brannten. Ein Kohlebecken verströmte angenehme Wärme.
Saful reichte seinen Säbel einem Diener, aber Caro bemerkte, dass ein gekrümmter Dolch in seinem Gürtel steckte. Als er seine Gäste einlud, sich zu setzen, nahm Caro schweigend auf einem Kassen hinter Max Platz.
Kurz darauf wurden ihnen Gläser mit Pfefferminztee serviert, der heiß, süß und köstlich war.
Die Unterhaltung verlief in ruhigen Bahnen. Auf Safuls höfliche Frage hin gab Max eine erfundene Geschichte seiner angeblichen Reisen entlang der Küste zum Besten. Als ihr Gastgeber sich schließlich vorsichtig nach ihren Gründen erkundigte, weshalb sie ausgerechnet in diese Gegend gekommen wären, erwiderte Max, er sei auf der Suche nach dem besten Jagdgebiet. Er verlieh seinem Wunsch Ausdruck, ob Saful ihm einen Führer zur Verfügung zu stellen könnte, der ihm helfen würde, Löwen zu finden, die eine angemessene Herausforderung für sein Geschick darstellten. Dann beschrieb Ryder die neuartigen Gewehre, die sie als Zeichen ihrer Dankbarkeit mitgebracht hatten.
Sofort war Safuls Interesse geweckt.
„Möchtet Ihr Euch ein solches Gewehr einmal ansehen?“ fragte Max.
„Ja, gerne.“
„Wenn Ihr gestattet, sidi“, erbot sich Ryder, „gehe ich eines aus dem Futteral an meinem Sattel holen.“
Er ging und kehrte kurz darauf zurück. Saful nahm die Waffe und musterte sie aufmerksam.
Nachdem er die Waffe mehreren seiner Krieger gezeigt hatte, blickte Saful auf. „Ich würde die Waffe gerne ausprobieren, um mich selbst von der Zielgenauigkeit zu überzeugen.“ „Selbstverständlich“, antworte Max sogleich, „aber die Nacht ist
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