Insel der Versuchung
schüttelte Caro den Kopf. Dennoch war es nicht ausgeschlossen, dass der Berberfürst den weiten Weg nach Kyrene zurücklegen würde, um seiner entflohenen Sklavin zu folgen. Ihre Hauptsorge galt jedoch den nächsten zwölf Stunden.
Sie ging noch ein paar Einzelheiten mit Isabella durch, erklärte ihr den genauen Zeitplan, ehe sie schließlich hinzufügte: „Es ist wichtig, dass mein Gepäck hergebracht wird, damit wir die richtige Verkleidung haben.“
„Darum werde ich mich kümmern“, antwortete Isabella zuversichtlich. „Ich habe ein Zimmer ganz für mich allein, und ich werde verlangen, dass du mir dort Gesellschaft leistest. Und ich werde außerdem dafür sorgen, dass man dir ausreichend zu essen bringt. Wir können nicht wissen, wann wir die nächste Mahlzeit vorgesetzt bekommen.“
Diesmal lachte Caro. Bedachte man, wie herzhaft Isabellas Appetit war, war es ein Wunder, dass sie nicht rund wie eine Kugel war. Bellas nächste Bemerkung jedoch ließ Caro erschreckt nach Luft schnappen.
„Und jetzt erzähl mir von Mr. Leighton, Liebes“, sagte sie ohne Vorwarnung.
Caro spürte, wie ihre Wangen unter dem wissenden Blick ihrer Freundin rot wurden, weshalb sie schnell einen Schluck von ihrem Saft nahm. Anscheinend waren ihre Gefühle für Max zu offensichtlich.
„Da gibt es nicht viel zu erzählen“, log sie. „Er ist einfach ein enger Freund von Thorne und ist gebeten worden, dauerhaft Mitglied bei uns zu werden.“
„Nun gut, dann werde ich nicht weiter nachbohren“, erwiderte Isabella. „Aber ich würde diesen Mann gerne einmal kennen lernen, bei dessen Namen du wie eine schüchterne Jungfrau errötest.“
Dieses Mal verschluckte sich Caro wirklich an ihrem Saft.
Die letzten drei Tage waren die Hölle gewesen, wie Max sich eingestehen musste, während er den starken schwarzen Kaffee zum Abschluss des Nachtmahls trank. Dennoch bemühte er sich um eine freundliche Miene, um seinen Gastgeber nicht zu beleidigen.
Die Gerichte waren reichlich und köstlich gewesen, begonnen mit gehaltvoller Linsensuppe, gefolgt von kleinen Täubchen, geröstetem Hähnchen, gefüllt mit Oliven, einer geschmackvollen Fleischpastete und dem üblichen Kuskus, dann Gerstenbrot mit Honig zum Dessert.
Glücklicherweise hatte Ryder die Konversation mit dem Berberfürsten bestritten, denn Max selbst war im Geiste an einem ganz anderen Ort, im hinteren Teil des Hauses. Er fragte sich, ob Caro Lady Isabella gefunden hatte und ob ihr Plan funktionieren würde.
In Wahrheit, wenn er ehrlich war, hatten seine Gedanken sich in jeder wachen Minute seit ihrem Aufbruch in Kyrene mehr oder weniger um Caro gedreht. Es war schlimmste Folter, ihr nahe zu sein, sie aber nicht berühren zu dürfen, doch am meisten vermisste er ihr Lächeln.
Dass sie sich zurückzog, war natürlich verständlich. Er hatte ihre Enttäuschung und ihren Zorn verdient, weil er seinen dunklen Ängsten erlegen war.
Er konnte einfach nicht anders. Wieder hatte er denselben Albtraum um Caro letzte Nacht durchlitten, wenn sie vor seinen Augen bei dem Versuch starb, ihn zu retten. Er hatte ihren blutenden Körper verzweifelt an sich gepresst, sie durch schiere Willenskraft zum Weiterleben zu zwingen versucht, aber vergebens. Eine entsetzliche Trauer wallte in ihm auf, doch zur selben Zeit erfasste ihn namenlose Wut. Er warf den Kopf in den Nacken und schrie seinen Schmerz hinaus, während heiße Tränen ihn blendeten.
Allein bei der Erinnerung daran spürte Max, wie ihm der kalte Schweiß auf die Stirn trat. Er wollte Caro nur beschützen, sie vor Schaden bewahren. Er zweifelte nicht im Geringsten an ihrem Mut, ihren Überzeugungen oder ihren Fähigkeiten. Sie war die fähigste, tapferste Frau, die er je kennen gelernt hatte. Aber auch sie hatte keine Macht über das Schicksal.
Ebenso wenig wie er. Er würde alles in seiner Macht Stehende tun, um dieser Mission zum Erfolg zu verhelfen, dafür zu sorgen, dass sein Albtraum nicht wahr wurde. Aber gleichgültig, wie sehr er sich auch schwor, sie zu beschützen, ihre Sicherheit konnte er nicht garantieren. Sie konnte verletzt oder gar getötet werden, und der Gedanke fraß ihn innerlich auf.
Selbst jetzt noch war sein Magen völlig verkrampft. Dennoch wusste er, er hatte seine Befugnisse überschritten. Er hatte nicht das Recht, sie zu bitten, ihre beste Freundin im Stich zu lassen.
Er musste sich bei Caro entschuldigen, dass er sie überhaupt darum gebeten hatte, zurückzubleiben, auch wenn er bezweifelte,
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