Insel des Sturms
Spülmaschine zu stellen, die indessen gleichfalls fehlte, und den ganzen Weg hinauf in ihr Schlafzimmer lächelte sie nachsichtig.
Sie packte ihre Koffer aus und verstaute alle Sachen sorgsam in einem wunderbaren, ächzenden alten Holzschrank und einer wunderbaren Kommode mit klemmenden Schubladen. Dann ordnete sie ihre Toilettensachen in ein Regal über dem altmodischen Waschbecken, stellte sich in die klauenfüßige Wanne mit dem dünnen Plastikvorhang, der an fleckigen Messinghaken von der niedrigen Decke baumelte, und nahm eine lange, heiße Dusche.
Dann stieg sie in einen Flanellpyjama und hüllte sich in einen Morgenmantel, ehe sie, wieder vor Kälte zitternd, in
die Knie ging, um das Torffeuer neu zu entfachen. Zu ihrer Überraschung gelang es ihr sofort, und sie setzte sich auf den Boden, schlang die Arme um sich, blickte zwanzig Minuten lang träumend in die knisternden Flammen und stellte sich vor, sie wäre die zufriedene Frau eines Bauern, die auf die Rückkehr ihres Mannes von der Feldarbeit wartete.
Sobald ihr Tagtraum endete, machte sie sich an die Erforschung des zweiten unbenutzten Schlafzimmers, um zu prüfen, ob es sich als Arbeitszimmer eignete.
Es war ein kleiner, schachtelförmiger Raum mit schmalen Vorder- und Seitenfenstern. Nach kurzem Überlegen kam Jude zu dem Schluss, dass sie den Schreibtisch am besten in Richtung Süden aufstellte, sodass sie, wenn sie hinausschaute, die Dächer und Kirchtürme von Ardmore sowie den breiten Sandstrand sah.
Zumindest nahm sie an, dass diese Dinge sichtbar würden, höbe sich später der Nebel und bräche der Morgen an.
Das nächste Problem bestand in der Suche nach etwas, was sich als Schreibtisch nutzen ließ. Nach einstündiger Suche zerrte sie einen passenden Tisch aus dem Wohnzimmer die schmalen Stufen hinauf, schob ihn direkt vor das Fenster und baute ihren Laptop, den Drucker und die anderen Utensilien darauf auf.
Dann kam ihr der Gedanke, dass sie ebenso gut am Küchentisch schreiben könnte, in der Nähe des prasselnden Herdfeuers, den Gesang des Glockenspiels im Ohr. Doch das erschien ihr zu lässig und zu desorganisiert.
Sie fand den richtigen Adapter für den Stecker, fuhr ihren Laptop hoch und öffnete die Datei, die sie als Tagebuch ihres Lebens in Irland zu führen geplant hatte.
3. April, Faerie Hill Cottage, Irland.
Ich habe die Reise überlebt.
Nach einer kurzen Pause gab sie sich einen Ruck. Es klang wie der Anfang eines Berichts von einem Menschen, der in einen Krieg geraten war. Schon wollte sie den Satz löschen, als sie in der Bewegung innehielt. Nein, das Tagebuch war einzig für sie selbst, und sie würde schreiben, was ihr in den Sinn käme.
Die Fahrt von Dublin bis hierher war endlos und schwieriger, als ich gedacht hatte. Ich frage mich, wie lange es dauern wird, bis ich mich an den Linksverkehr gewöhnt habe. Wahrscheinlich nie. Aber die Landschaft ist bezaubernd. Keins der Bilder, die ich zuvor gesehen habe, wird der hiesigen Natur auch nur annähernd gerecht. Zu sagen, sie ist grün, reicht niemals. Saftig trifft es auch nicht. Am besten kann ich sie beschreiben, indem ich sage, dass – hmm – über allem ein seidig weicher Schimmer liegt.
Die Dörfer wirken lieblich und so unglaublich sauber, dass ich den Eindruck habe, allnächtlich kämen ganze Armeen von Elfen anmarschiert, um die Gehwege und die Gebäude zu schrubben.
Ich habe einen ersten Eindruck von Ardmore bekommen; aber als ich dort anlangte, goss es in Strömen, und ich war einfach zu müde, um etwas anderes als die überall herrschende Sauberkeit und die Schönheit des breiten Strandes wahrzunehmen.
Das Cottage habe ich nur durch Zufall ausfindig gemacht. Oma wird es natürlich Schicksal nennen, aber es war echt reines Glück. Mitten auf einem kleinen Hügel liegt es und ist umgeben von einem Blumenmeer, das sich bis zur Schwelle der Eingangstür erstreckt. Hoffentlich gelingt es mir, die Blumen so üppig zu erhalten, wie sie jetzt sind. Vielleicht gibt es im Dorf ja einen Buchladen, in dem ich etwas über Gartenpflege finde. Auf alle Fälle gedeihen sie trotz der kühlen Feuchtigkeit im Augenblick hervorragend.
Bei meiner Ankunft habe ich hinter dem Schlafzimmerfenster
eine Frau gesehen – oder gedacht, eine Frau zu sehen –, die auf mich herunterblickt. Es war wirklich seltsam. Ich hatte den Eindruck, dass sich unsere Blicke in der Tat begegneten. Sie war wunderschön, bleich, blond und tragisch. Natürlich musste es
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