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Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Titel: Insel hinter dem Regenbogen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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in unterschiedlichen Stärken, Härtegraden und Gewichten, und sie hatte bereits herausgefunden, dass Olivia gern herumprobierte. Während eines Einkaufsausflugs mit Rishi hatte sie günstige Skizzenblöcke zum Üben erstanden. Er hatte sich nicht beschwert, dass sie ihr Geld für ein fremdes Kind ausgab.
    „Es ist heiß draußen. Können wir hierbleiben?“, fragte Olivia.
    „Lass uns am Küchentisch arbeiten. Wirst du keinen Ärger bekommen, weil du mit hereingekommen bist?“
    „Ich sehe nachher mal nach Nana.“
    Janya fragte sich, wer in Olivias Haus auf wen aufpasste. Sie wusste, dass Olivias Vater weg war, denn sonst wäre das kleine Mädchen überhaupt nicht hier.
    „Würdest du gern mit deinem Stillleben weitermachen?“ Bei Olivias letztem Besuch hatten sie einen Krug mit getrockneten Blumen, eine Meeresschnecke und ein aufgeschlagenes Buch mit einem Apfel aus Holz auf den Seiten auf einen Tisch gelegt. Janya hatte die Sachen so liegen lassen.
    „Zeigst du mir noch mal, wie man die Bleistiftübergänge macht?“
    Sie machten es sich am Tisch bequem. Bisher war Olivia, wenn sie sich nach vorne gebeugt hatte, immer das Haar in die Stirn gefallen und hatte ihr Gesicht verdeckt. Dank des neuen Kurzhaarschnittes konnte das nicht mehr passieren. Man konnte ihre Stupsnase erkennen und ihr süßes kleines, spitzes Kinn.
    „Ich glaube, ich skizziere dich“, sagte Janya.
    „Nein. Jetzt sehe ich aus wie ein Junge.“
    „Nein, du siehst wie ein wunderhübsches kleines Mädchen aus. Warte, ich zeige es dir.“
    „Ich will nicht mal mehr in den Spiegel gucken. Ich hasse es, meine Zähne zu putzen.“
    Janya nahm an, dass das Schlimmste überstanden war, denn an diesem Morgen klang Olivia eher sachlich als traurig. Sie schien sich allmählich an die neue Frisur zu gewöhnen. „Veränderungen können schwierig sein. Aber du hast eine Entscheidung getroffen, und jetzt solltest du dich freuen.“
    „Es war Daddys Idee. Er hasst mein zerzaustes Haar, und mir wird immer heiß, und ich schwitze.“
    „Ja, das ist ein Problem bei langen Haaren.“
    „Er hat der Friseurin gesagt, sie soll die Haare abschneiden, weil ich angefangen habe zu quengeln.“
    Janya wünschte sich, sie würden diese Unterhaltung nicht führen. Sie hatte den Morgen damit zugebracht, nicht länger wütend zu sein. Doch nun spürte sie, wie die Wut in ihr wieder hochkochte.
    „Es war meine Schuld“, sagte Olivia schlicht. „Daddy mag es nicht, wenn ich ihm nicht gehorche und einen Streit anfange.“
    „Das finden viele Leute nicht gut“, entgegnete Janya.
    „Meine Großmutter hat auch mit ihm gestritten. Daddy sagte, ich würde sie aufregen und dass ich das nicht tun solle. Ich wollte das nicht.“
    „Ich bin mir sicher, dass das nicht deine Absicht war.“
    „Heute Morgen war sie noch aufgeregter.“ Olivia blickte auf. „Nehme ich einen Finger, um die Bleistiftstriche zu verschmieren? Oder dieses Baumwolltuch?“
    „Du kannst deinen Finger benutzen“, erwiderte Janya. „Ganz sacht. Und dann sollten wir die Einzelheiten herausarbeiten.“ Sie wartete, bis Olivia einige der Bleistiftstriche verrieben hatte, bevor sie mit ihrer eigenen Zeichnung begann. „Geht es Alice denn jetzt wieder gut?“
    „Nein, ihr Fisch ist tot.“
    „Fisch?“
    Olivia sah auf. „Sie hat ein Aquarium. Ein großes, mit vielen Fischen. Du musst mal kommen und es dir ansehen.“
    Janya hielt das für unwahrscheinlich. „Es ist sicherlich schwer, sich um Fische zu kümmern.“
    „Sie hatte einen großen Skalar. Einen Angelfish – so heißt er auf Englisch“, erklärte sie stolz. „Sie hat ihn Michael genannt. Wie einen wichtigen Engel in der Bibel.“
    „Tut mir leid, dass er gestorben ist.“
    „Als sie ihn gestern Abend an der Wasseroberfläche hat treiben sehen, hat sie ihn herausgenommen und die Toilette hinuntergespült. Heute Morgen konnte sie sich nicht mehr daran erinnern. Daddy hat sie aber dabei gesehen.“ Sie blickte wieder auf. „Er macht sich Sorgen, wenn sie immer alles vergisst.“
    „Dein Vater muss auch an vieles denken.“
    „Ich glaube, deswegen war er auch so böse wegen meiner Haare … Er muss sich um mich kümmern und um Nana, und meine Mommy ist tot.“
    Das stimmt ja alles, dachte Janya. Doch sie fragte sich auch, wie oft Lee das zu dem Kind sagte. Fairerweise musste Janya gestehen, dass sie nicht gerade eine Expertin auf dem Gebiet amerikanischer Kindererziehung war. Trotzdem war sie – nach allem, was sie in diesem

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