Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
bin.“
„Wenn Sie einen Augenblick warten, kann ich Sie zum Supermarkt mitnehmen. Ich brauche auch noch ein paar Kleinigkeiten. Und auf dem Rückweg könnten wir bei der Kraftfahrzeugbehörde vorbeifahren und schauen, was sie heutzutage verlangen, damit Sie loslegen können.“
„Haben Sie denn so viel Zeit?“
„Ich mache das nicht nur, weil mir mein Verhalten leidtut. Ich glaube, wir könnten Freundinnen werden, wenn wir uns ein bisschen Mühe geben.“
„Wollen Sie das denn?“
Wanda blickte ihr in die Augen. „Das will ich.“
Als Wanda Janya schließlich wieder zu Hause absetzte, wusste Janya, dass die andere Frau eine gute Fahrlehrerin sein würde. Sie hatte ihr die Straßenschilder erklärt, die Verkehrsregeln und das Verhalten im Straßenverkehr erläutert. Jetzt musste Janya an einem Online-Kurs teilnehmen und ihr Handbuch durcharbeiten, sodass sie an dem Test teilnehmen und den Lernfahrausweis erhalten konnte. Wie sie nicht anders erwartet hatte, war auch das mit viel Bürokratie verbunden, da sie noch nicht im Besitz der amerikanischen Staatsbürgerschaft war. Aber das war alles machbar.
Sie summte leise vor sich hin, als sie die Post aus dem Briefkasten nahm und auf dem Weg zum Haus die Umschläge durchsah. Rishi zahlte alle Rechnungen, doch sie sortierte alles, um es etwas übersichtlicher zu machen. Werbung warf sie grundsätzlich weg, egal, wie freundlich oder bunt die Aufmachung war.
In dem Stapel Briefe befand sich auch ein Luftpostbrief aus Indien. Der lang ersehnte Brief ihrer Mutter war endlich angekommen. Janya blieb stehen und starrte einen Moment lang auf ihre eigene Adresse. Jetzt, da sie den Umschlag in den Händen hielt, zögerte sie, ihn aufzureißen. Wären es gute Neuigkeiten gewesen, hätte ihre Mutter sie ihr am Telefon erzählt. Janya war sich ziemlich sicher, dass Inika Desai gehofft hatte, einer emotionalen Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen, indem sie die schlechten Nachrichten per Post übersandte.
Im Haus kochte sie sich eine Tasse mit masala gewürzten Tee und zog sich um. Dann nahm sie schließlich am Tisch Platz, die dampfende Teetasse neben sich, und öffnete den Briefumschlag.
Sie las den Brief, der oberflächlich und sachlich war. In Anbetracht der Tatsache, dass ihre Mutter den Brief geschrieben hatte, überraschte der Ton sie nicht. Einen Moment lang begriff sie nicht, was in dem Schreiben stand. Dann knüllte sie den Bogen Papier zusammen, knüllte ihn enger und enger, bis es, selbst wenn sie es versucht hätte, unmöglich gewesen wäre, ihn auseinanderzufalten und noch einmal zu lesen.
In Mumbai war es nach Mitternacht. Ihre Eltern schliefen bereits seit Stunden, doch Yash war vielleicht noch wach. Es sah ihm ähnlich, bis um zwei oder drei Uhr morgens aufzubleiben, um zu lesen oder im Internet zu surfen. Sie hatte ihm in der Woche, in der sie in der Bibliothek seine Mail abgerufen hatte, noch zweimal geschrieben, jedoch keine Antwort erhalten. Sie fragte sich, ob ihre Eltern einen Weg gefunden hatten, um ihre E-Mails von ihrem Bruder fernzuhalten – genau wie ihre Telefonanrufe.
Janya nahm den Hörer in die Hand und wählte die lange Reihe von Nummern. Ungeduldig trommelte sie mit den Fingerspitzen auf den Tisch, während sie wartete. Höchstwahrscheinlich würde sie ihren Vater oder ihre Mutter am Apparat haben oder eine der Haushaltshilfen. Sie wären wütend, weil sie alle aufgeweckt hatte, aber sie war zu wütend, um sich darüber Gedanken zu machen.
Yash meldete sich nach dem ersten Klingeln. Einen Augenblick lang brachte sie keinen Ton heraus. Warum hatte sie nicht vorher daran gedacht?
„Yash“, sagte sie schließlich in ihrer Muttersprache. „Endlich. Ich bin so froh, dass du dich meldest.“
„Janya?“ Er klang erfreut. „Ich war mir nicht sicher, ob du noch weißt, wie ein Telefon funktioniert.“
Sie wollte ihre Mutter nicht länger in Schutz nehmen. „Ich habe oft angerufen. Sie wollen nicht, dass wir miteinander sprechen. Ich könnte dir Flausen in den Kopf setzen. Haben sie auch meine E-Mails gesperrt?“
Es entstand eine Pause – und es war keine der normalen Pausen, die bei Ferngesprächen manchmal auftraten oder aufgrund einer schlechten Verbindung entstanden.
„Ich wusste nichts von den Telefonanrufen. Aber die E-Mails? Das ist meine Schuld“, sagte Yash. „Ich wusste nicht, wie ich dir diese Sache sagen sollte.“
„Dass Darshan und Padmini heiraten werden? Unsere Mutter hat mir einen Brief geschickt. Ich
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