Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
Kopf.
„Yoga.“
Wieder schüttelte sie den Kopf.
„Bauchtanz?“
„Nein, eher nicht.“
„Tanzaerobic.“
Janya legte fragend den Kopf schräg. „Was ist das genau?“
„Man tanzt zu einem bestimmten Programm, das Sie in Form bringt. Unsere Kursleiterin ist toll. Ich kann Ihnen versprechen, dass es Ihnen gefallen wird. Ich halte übrigens den Abendkurs.“
Ganz gegen ihren Willen war Janyas Interesse geweckt. Sie tanzte gern und war ein großer Fan von Bollywood-Filmen. Als Kind hatte sie oft zu Liedern getanzt und gesungen, die sie und ihre Cousine Padmini erfunden hatten. Manchmal hatten sie sich sogar mit Padminis Videokamera dabei gefilmt.
Die unglückliche Erinnerung an zu Hause hatte sie schlagartig wieder ernüchtert. Doch der Dame am Empfang fiel das gar nicht auf. Seit Janya gelächelt hatte, schien die Frau überhaupt nichts anderes mehr wahrzunehmen.
Die Frau stand auf und kam um den Tresen herum. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. „Kommen Sie mit. Die Hälfte der Stunde ist um. Sie können den Rest der Stunde kostenlos mitmachen. Dann können Sie sich entweder für den Kurs anmelden oder einfach für vier Dollar kommen, wann Sie wollen.“
„Oh nein, ich kann nicht …“
„Sicher können Sie. Sie müssen keine Sekunde länger bleiben, als Sie möchten. Sie können auch einfach zusehen und dann entscheiden, ob es Ihnen gefällt.“
Janya wollte keine Schwierigkeiten machen und ablehnen – nicht wenn die Frau so nett war. „Danke schön.“
Als sie durch den rosafarbenen Flur gingen, fasste die Dame das umfangreiche Angebot zusammen. „Und dann haben wir noch die Schwimmkurse: Wasseraerobic und Anfängerkurse bis hin zu Lebensrettungskursen.“
Janya fühlte sich unwohl. Die Frau tat so, als würde Janya dazugehören, als wäre es etwas ganz Normales, einen Kurs erst auszuprobieren, den man vielleicht belegen wollte. Sie wollte erklären, dass das hier nicht ihr Land war, dass sie weder nach Florida noch in dieses Freizeitzentrum gehörte, dass sie sich unbehaglich fühlen würde, wenn sie mit fremden Menschen tanzen sollte. Doch sie hatten bereits die Eingangstür zur Turnhalle erreicht. Und noch ehe Janya sich überlegt hatte, wie sie sich höflich zurückziehen konnte, standen sie in einem Teil der Halle, der durch einen Paravent abgetrennt war.
Zur Musik, die die Amerikaner Countrymusic nannten, warfen ungefähr zwölf Frauen ihre Arme in die Luft und glitten mit den Füßen im Takt über den Boden. Keine der Frauen blickte auf, als die Tür geöffnet wurde. Nur die Kursleiterin – eine wohlproportionierte Frau in den Dreißigern, die eine enge glänzende Hose und ein gestricktes Spaghettiträgertop trug – bemerkte, dass Janya und die Empfangsdame eingetreten waren.
„Sehen Sie ruhig zu, oder machen Sie mit“, sagte die Empfangsdame. Sie hatte die Stimme nur so weit gesenkt, dass Janya sie über die Musik hinweg noch hören konnte. „Falls Ihnen dieser Kurs doch nicht zusagt, finden wir etwas anderes für Sie. Sagen Sie Bescheid.“ Sie tätschelte Janyas Schulter und schlüpfte aus der Tür.
Janya fragte sich, ob es einen Hinterausgang gab, sodass sie sich hinausschleichen konnte, ohne jemanden zu enttäuschen.
In dem Moment blickte die Kursleiterin sie an, streckte den Arm aus und rief: „Warum stellen Sie sich nicht in die letzte Reihe? Machen Sie den Damen vor Ihnen alles nach. Bis jetzt sind wir alle noch Anfänger. Viel Vergnügen!“
Jetzt konnte sie nicht mehr verschwinden. Janya war genauso gefangen wie in so vielen anderen Dingen. Sie hatte keine andere Wahl. Also stellte sie unsicher ihre Einkäufe auf den Boden und ging in die letzte Reihe, in der drei Frauen schon Platz gemacht hatten. Sie hatte keine Ahnung, was sie hier eigentlich tat, doch sie machte einfach die Bewegungen der schlanken dunkelhaarigen Frau vor sich nach. Erst als die Schrittfolge vorsah, dass alle sich um sich selbst drehten, und Janya verdutzt stehen blieb, erkannte sie, dass die dunkelhaarige Frau ihre Vermieterin Tracy Deloche war.
Das Henrietta-Claiborne-Freizeitzentrum erinnerte Tracy an eine große öffentliche Highschool – obwohl sie selbst nie eine solche Schule besucht hatte. Die geringsten Geräusche hallten wider. Die Fußböden waren abgewetzt von zu vielen Turnschuhen, die darüber geschlurft und gequietscht waren. Dem Architekten war offensichtlich eher an Zweckmäßigkeit als an Ästhetik gelegen gewesen. Die Flure waren breit genug, um in ihnen das Kentucky
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