Insel meiner Sehnsucht Roman
wird er jetzt nutzen, um das gewöhnliche Volk noch härter zu drangsalieren …« Abrupt verstummte sie und lief feuerrot am. »Verzeihen Sie mir, Mylady, ich wollte nicht respektlos sein.«
Gleichmütig zuckte Joanna die Achseln. »Der Prinzregent ist nun mal fett, und er heißt George. Wenn er verhindern möchte, dass die Leute so über ihn reden, soll er dieses Land vernünftig regieren.«
»Beherrscht er Großbritannien wirklich nur dank seiner Herkunft?«, fragte Elena. In den Monaten seit ihrer Ankunft hatte sie die Landessprache erlernt und konnte sich mühelos mit den Einheimischen verständigen.
»Ja, die Krone ist erblich«, bestätigte die Köchin. »Ist das auf Akora anders?«
»Teilweise. Einen Regenten, den seine Untertanen den ›fetten George‹ nennen, würden wir nicht akzeptieren.«
»Und was würden Sie gegen ihn tun?«
»Eine gute Frage«, mischte sich Brianna ein, die neben Kassandra saß. Aber ihre Aufmerksamkeit galt eher Amelia, der sie immer wieder zulächelte. »In Amerika finden Wahlen statt, und die Leute entmachten die Führer, die ihnen missfallen.«
»Oh, die Amerikaner!«, rief die Köchin. »Dauernd machen sie Ärger. Als sie rebellierten, fuhr mein lieber Onkel John hinüber, um sie zu bekämpfen.«
»Und was ist mit ihm geschehen?«, erkundigte sich Mrs. Mulridge.
»So genau weiß ich das nicht. Er kam nie zurück.«
»Ist er auf dem Schlachtfeld gefallen?«, fragte Joanna.
»Nein, er kam einfach nicht wieder. Stattdessen ließ er sich in einer Gegend namens Con-nec-ti-cut nieder – oder so ähnlich. Seltsam … Bevor er da hinüberfuhr, war er ein ganz vernünftiger Mann.«
Während sie erörterten, welches Leben Onkel John in der Neuen Welt führen mochte, erklangen Schritte auf der Treppe. »Ah, hier bist du also!« Vorwurfsvoll starrte Alex seine Frau an. »Ich habe dich überall gesucht. Sagte ich nicht, du sollst im Salon bleiben? Hättest du mir wenigstens eine Nachricht hinterlassen!«
»Was dachtest du denn, wo ich bin?« Lächelnd reichte sie ihm die Kuchenplatte. »Nimm dir ein Stück, es schmeckt köstlich.«
Die Ankunft Seiner Lordschaft brachte die Frauen zum Schweigen. Doch das bemerkte er nicht. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass Joanna in guten Händen war, lächelte er seine Tochter an, nahm zwei Stück Kuchen und verschwand wieder.
Entschlossen stand die Köchin auf. »Da sitzen wir herum, und die Männer da draußen würden wahrscheinlich gern Tee trinken und was essen.« Als Kassandra darauf bestand, ihr bei der Arbeit zu helfen, erhob sie keine Einwände.
Joanna durfte natürlich nichts tun. Missmutig saß sie da, bis Kassandra ihr vorschlug, Brotlaibe in Scheiben zu schneiden. Sarah und Brianna trugen Tabletts nach oben.
Schon nach wenigen Minuten lief Sarah aufgeregt in die Küche zurück. »Mylady, soeben ist Lord Hawkforte angekommen!«
Da ließ Kassandra alles liegen und stehen. Bevor sie die Treppe hinaufstürmte, hielt sie nur lange genug inne, um Joannas wissendes Lächeln zu registrieren.
7
Dieser verdammter Kerl sprach im Garten mit Alex! Aber ich darf nicht ungerecht sein, ermahnte sich Kassandra, denn es sah wirklich so aus, als wäre er eben erst eingetroffen. Allem Anschein nach war er unverletzt, andererseits zählte er zu jenen Männern, die ihre Wunden verbergen. Und dann sah sie ganz deutlich eine Schramme auf seiner Stirn.
»Was ist dir zugestoßen?«, fragte sie, noch ehe sie vor ihm stehen blieb.
»Ah – guten Abend, Kassandra«, grüßte Royce lächelnd. »Wovon redest du?«
»Wovon ich …?« Was für eine idiotische Frage! Ging es denn nicht in sein männliches Spatzenhirn, dass sie sich um ihn sorgen könnte? » Nichts wollte ich sagen – gar nichts!«, fauchte sie. »Gute Nacht, Lord Hawkforte.«
Sie wollte auf dem Absatz kehrtmachen, aber er hielt ihren Arm fest und zog sie lachend an seine Seite. »Beruhige dich, du Hitzkopf! Oh, es ist immer wieder amüsant, dich herauszufordern. Geht es dir gut?«
» Mir? Selbstverständlich. Woher hast du deine Wunde?«
»Welche Wunde? Ach, du meinst diesen kleinen Kratzer. Ich glaube, ein Ziegelstein hat mich getroffen. Nicht so schlimm.«
»Nein, offenbar nicht – dank deines dicken, sturen Schädels.«
Grinsend wandte er sich zu seinem Schwager. »Deine Schwester personifiziert alles, was ich jemals über die Akoranerinnen gehört habe, Alex. In ihrer Heimat herrschen die Krieger, und die Frauen dienen. Jetzt merke ich, wie großartig das
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