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Insel meiner Sehnsucht Roman

Insel meiner Sehnsucht Roman

Titel: Insel meiner Sehnsucht Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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Bursche – lange, bevor er zum Vanax erwählt worden war – hatte er seinen Wagen in halsbrecherischem Tempo über die Wiesen hinter Ilius gejagt und stets alle Konkurrenten besiegt. Nach der Thronbesteigung hatte er auf diesen Sport verzichtet, um sein Leben, das er in den Dienst des Volkes stellen musste, nicht zu riskieren. Offenbar war er jetzt anderen Sinnes geworden. Ein Zeichen seines gereiften Selbstvertrauens, dachte Kassandra. Aber diese Erkenntnis milderte die Angst um den Bruder keineswegs.
    Während sie ein stummes Gebet zum Himmel schickte, stieg sie die Stufen zur ersten Sitzreihe hinauf. Dort hatte Joanna bereits Platz genommen, ebenso wie zahlreiche Hofdamen und Höflinge. Phaedra und Andrew saßen etwas weiter weg, zusammen mit ihren Freunden. Lächelnd nickten sie ihrer Tochter zu, dann verfolgten sie wieder die Parade der Athleten, die Atreus in die Arena führte.
    Trompetenfanfaren erklangen, Priesterinnen ließen weiße Tauben himmelwärts fliegen. Schon nach wenigen Minuten entdeckte Kassandra den Mann, den sie suchte, zwischen den vielen hundert kraftvoll gebauten Kriegern. Ungeduldig schienen sie auf den Beginn der Spiele zu warten. So wie die anderen trug Royce nur einen Lendenschurz. Das goldene Haar war im Nacken zusammengebunden, die weise Voraussicht eines Mannes, der einen Ringkampf bestreiten wollte. Fasziniert musterte sie die breiten Schultern. Ihr Blick wanderte hinab, zu den muskulösen Schenkeln und …
    Für Anfang Juni war es außergewöhnlich warm, kein Lufthauch regte sich. Kassandra setzte sich. Unruhig rutschte sie auf ihrem Platz umher.
    Einige Jungen verteilten Wasserschläuche im Publikum, und sie nahm einen entgegen. Doch er half ihr nicht, die innere Hitze zu lindern. Nun begann der erste Wettkampf, der Langstreckenlauf, der zwanzig Mal um die Sandbahn am Rand der Arena herumführen würde. Die Konkurrenten blieben eng beisammen. Daran würde sich bis kurz vor dem Ende des Rennens nichts ändern. Die Zuschauer schwatzten und packten belegte Brote aus, besänftigten aufgeregte Kinder und genossen das Ereignis.
    Schließlich lösten sich drei Läufer aus der dicht gedrängten Schar und kämpften um den Sieg. Mehrere Leute standen auf, um das Geschehen genauer zu beobachten. Lauthals feuerten sie ihre Favoriten an. Und dann zerriss ein Mann das Band über der Ziellinie, mit stürmischem Applaus belohnt.
    Der Sieger wurde mit einem Kranz aus Oleanderzweigen gekrönt, die Sandbahn für den nächsten Wettkampf gerecht. Darauf achtete Kassandra nicht, denn als Nächstes stand der Kurzstreckenlauf auf dem Programm. Joanna sprach mit ihr, und sie antwortete, wusste aber nicht, was sie sagte.
    Eine halbe Ewigkeit lang schien sie auf Royce zu warten, bis er sich endlich zu seinen Rivalen gesellte. Ohne erkennbare Nervosität streckte er seine Glieder und stellte den rechten Fuß auf die Marmorleiste am Start. Die Trompeten der Herolde ertönten, die Läufer preschten vor.

10
    Erregt sprang Kassandra auf und hatte nur noch Augen für Royce. Die trommelnden Füße der Läufer wirbelten Staubwolken auf. Trotzdem sah sie ihn ganz deutlich. Wie rasend schlug ihr Herz, als sie ihn in vorderster Front erblickte. Wie großartig er aussah, mit dem gestählten, geschmeidigen Körper eines Kriegers …
    Während sie sein rhythmisches Muskelspiel bewunderte, konnte sie kaum atmen. Er personifizierte ein so vollkommenes Ideal männlicher Schönheit und Anmut, dass sie glaubte, die Schöpfung hätte niemals einen Menschen hervorgebracht, der ihn übertrumpfen würde.
    Unter dem Geschrei der Menge näherten sich die Athleten dem Ziel. Royce zählte zu den Ersten, aber… Trug er den Sieg davon? Nein, diese Ehre gebührte einem leicht benommen wirkenden jungen Mann, der eine Weile brauchte, um zu begreifen, was ihm gelungen war. Und dann lächelte er strahlend, Freudentränen strömten über sein Gesicht – eine verständliche Gefühlsregung, denn ganz Akora würde ihn feiern.
    Auch Royce wurde bejubelt, nachdem er den zweiten Platz errungen hatte. Der Erfolg des Xenos begeisterte die Zuschauer. Zu Tausenden sprangen sie auf, applaudierten ihm, und einige eilten sogar zur Sandbahn und hoben die beiden Läufer auf ihre Schultern. Kassandra bemerkte, dass er verwirrt, aber sichtlich beglückt mit den Augen zwinkerte. Während er an ihr vorbeigetragen wurde, winkte sie ihm zu.
    »Ist es nicht erstaunlich, was er geleistet hat?«, wandte sie sich an ihre Schwägerin, die ihm ebenfalls winkte.

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