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Insel meines Herzens

Insel meines Herzens

Titel: Insel meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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entschwundene Stimmen.
    Offenbar weinte sie schon eine ganze Weile. Ihre Tränen fielen auf das weiche Kissen im Bett ihrer Mutter, im Zimmer ihrer Mutter, im Heim ihrer Mutter. Zum Gedenken an die Eltern schluchzte Brianna, trauerte um alles, was die beiden und sie selbst verloren hatten. Jahrelang hatte sie diese ganz besonderen Tränen ersehnt, und als sie versiegten, schlief sie ein. Zunächst tief und fest, dann wanderte sie durch Träume, und schließlich erwachte sie, weil jemand am frühen Morgen an ihre Tür klopfte.
    »Noch mehr Kaffee, Hoheit?«, fragte Lady Constance und hob die Kanne. Dabei lächelte sie völlig unbefangen, so als würde sie jeden Tag eine Majestät in ihrem Salon empfangen, noch bevor die Sonne die Wipfel der Bäume überstrahlte. Glücklicherweise war sie eine Frühaufsteherin. Darin glich sie ihrem Mann, der den unerwarteten Besucher nur mäßig überrascht betrachtete.
    »Ja, bitte«, antwortete Atreus. »Nochmals herzlichen Dank für Ihre Gastfreundschaft. Eigentlich wollte ich zu einer zivilisierten Stunde hier eintreffen.«
    Aber ein rasanter Galopp auf einem von Royces temperamentvollen Pferden hatte die Meilen viel zu schnell überwunden.
    »Oh, das stört uns kein bisschen, Sire«, beteuerte der Earl liebenswürdig. »Wie Sie sich vielleicht entsinnen, bevorzuge ich ebenfalls Besuche zu unchristlicher Stunde.«
    Atreus’ Gelächter verstummte abrupt, als Brianna den Frühstücksraum betrat.
    Nicht überstürzt, eher geistesabwesend hatte sie sich angekleidet, von einem aufgeregten Dienstmädchen informiert, »Seine Hoheit, der Borax von Akora«, sei angekommen. Offenbar war den Dienstboten Atreus’ Bedeutung bewusst, wenn sie seinen Titel auch falsch aussprachen.
    Während er mit ihrem Onkel und der Tante plauderte, wirkte er entspannt und unbeschwert. Wie imposant er aussah – und so verführerisch... Diese breiten Schultern unter dem Reitjackett – viel zu deutlich entsann sie sich, wie ihre tastenden Hände darüber geglitten waren. Frisch rasiert saß er am Tisch. Doch sie erinnerte sich an die rauen, mit Bartstoppeln bedeckten Wangen, die sie in den geheimen Stunden jener Nacht liebkost hatte. Und sein Mund... Nein, es war besser, nicht daran zu denken. Aber wie sollte sie sich gegen die verwirrenden Fantasiebilder wehren?
    Nun stand er auf und ging zu ihr. Wie fest gewurzelt stand sie da und starrte ihn an. »Brianna...« In seiner tiefen, liebkosenden Stimme schwang ernsthafte Besorgnis mit. »Wir haben dich vermisst.«
    Wir? Spricht er im Pluralis Majestatis, überlegte jener Teil ihres Gehirns, der immer noch zu denken vermochte. »Lady Constance und Lord William waren so gütig, mir ein Frühstück anzubieten. Weil ich dachte, du hättest keine Gesellschaft auf dem Rückweg nach Hawkforte, kam ich hierher.« Sollte das heißen, sie müsste Holyhood sofort verlassen? Das war ihre Entscheidung. Nicht in allen Dingen wollte sie sich seinem Willen beugen. »Ich habe William versprochen, noch etwas länger hier zu bleiben.«
    »William?« Atreus schaute den Earl an, erstaunt über die formlose Anrede.
    In einem vergeblichen Versuch, ein Lächeln zu unterdrücken, presste der Hausherr die Lippen zusammen. »Sicher meint Brianna meinen kleinen Enkel. Gestern haben sich die beiden kennen gelernt, und er ist ganz begeistert von ihr.«
    »Und ich von ihm«, ergänzte sie. »Wir haben vereinbart, Frösche zu suchen.«
    »Um diese Jahreszeit halten alle Frösche ihren Winterschlaf«, warf Lady Constance ein.
    »Natürlich habe ich an unserem Erfolg gezweifelt«, gestand Brianna achselzuckend.
    »Auch ich würde gern Frösche suchen«, verkündete Atreus.
    Beide Hollisters musterten ihn, und der Earl fragte: »Sind Sie sicher, Hoheit?«
    »Völlig. Ich wüsste nicht, was ich an diesem Morgen lieber täte.«
    »Nun, wenn das so ist... Gewiss wird sich William über Ihre Begleitung freuen, Hoheit. Da fällt mir ein – warum gehen wir nicht alle auf Froschsuche?«
    »Was für eine großartige Idee, mein Lieber!«, rief Constance und erwies sich wieder einmal als bewundernswerte Ehefrau. »Ich werde dem Personal Bescheid geben. An diesem sonnigen Tag wäre ein Winterpicknick genau das Richtige.«
    Kurz bevor sie aufbrachen, wandte sich Atreus zu Brianna. »Fühlst du dich stark genug für diesen Ausflug? Deine Augen sind gerötet.«
    Den Kopf gesenkt, schloss sie den Kragen ihres Umhangs. »Solltest du nicht eher sagen, meine Augen wären kristallklar? Oder so etwas

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