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Insel meines Herzens

Insel meines Herzens

Titel: Insel meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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– und neben ihr einen hochgewachsenen, breitschultrigen Mann, der sich zu ihr neigte, um ihren Worten zu lauschen.
    Dann verschwand die Illusion. Sicher war es nur ein Fantasiebild gewesen. Der Mond verbarg sich hinter einer Wolke, und Atreus blieb noch eine Weile stehen, betrachtete die Nacht, bevor er über den breiten Rasen zu dem alten Schloss zurückkehrte.
    Durch das Fenster eines der vielen Gästezimmer auf Holyhood beobachtete Brianna die Wolkenfront, die aus Westen aufzog. Es war schon sehr spät. Im ganzen Haus herrschte tiefe Stille, und draußen rührte sich nichts außer der Katze, die auf der Terrassenmauer saß. Während sie ihre Barthaare säuberte, hielt sie plötzlich inne, schaute zum Meer und schien irgendetwas zu beobachten, das vorbeiglitt. Aber da war nichts zu sehen, nur die Wellen, die ein Wasserwirbel in der steigenden Flut verursacht haben musste.
    Brianna ließ den Vorhang fallen und wandte sich vom Fenster ab. Im Kamin flackerte immer noch ein Feuer, auf einem Tisch stand ein Tablett mit einer Tasse heißer Schokolade, einer Silberschüssel voller Schlagsahne und einem Kristallstreuer, der gemahlenen Zimt enthielt. Ein wuchtiger Sessel lud vor dem Kamin zum Verweilen ein.
    Am Vierpfostenbett hingen seidene Gardinen. Die Matratze, mit Kissen überhäuft, sah so dick aus, dass Brianna glaubte, sie würde darin versinken. Über dem Toilettentisch glänzte ein silbern gerahmter Spiegel, ein exquisiter Aubusson-Teppich prangte in zarten Farbtönen – Elfenbein, Rosa und Frühlingsgrün. Eine schöne, mit verschlungenen Reben bemalte Vitrine war mit Büchern gefüllt.
    Was für ein wunderbares Zimmer, dachte Brianna, warm und feminin und sehr komfortabel. Hier lauerten keine Schatten.
    Es war Delphines Zimmer gewesen, wie Tante Constance erklärt hatte, als sie hereingekommen war, um ihr eine gute Nacht zu wünschen. »Wenn du einen anderen Raum vorziehen würdest...«
    Lächelnd hatte Brianna das Angebot abgelehnt. Sie wollte in diesem Zimmer schlafen, umgeben von Dingen, die zu Delphines Leben gehört hatten, und durch das Fenster dieselbe Landschaft sehen wie damals ihre Mutter. Noch näher würde sie sich ihr niemals fühlen.
    Es sei denn, ich bliebe in England, inmitten der Menschen, die sie gekannt und geliebt haben. Für mich ist sie nur eine vage Erinnerung...
    Das glatte Leinen der Bettwäsche war kühl. Aber zu Briannas Füßen lag eine Porzellanflasche, mit heißem Wasser gefüllt.
    In den wenigen kalten Nächten, die das Heim ihrer akoranischen Familie auf Leois jemals heimsuchten, füllte die Mutter Leoni ähnliche Flaschen und legte sie in jedes Bett. Das Gesicht dieser Frau war das Erste gewesen, das Brianna gesehen hatte – nach dem Schiffbruch wieder bei Bewusstsein. Wochenlang saß Leoni an der Seite des kleinen Mädchens, das gegen die Lockung des Todes kämpfte. Wenn das Kind weinte, nahm es Leoni in die Arme, tröstete es auf tausenderlei Arten und half ihm bei den zögernden Schritten in ein neues Leben. Und Vater Marcus, dieser starke, ruhige, gute Mann hatte die kleine Waise sofort in seinem Heim und seinem Herzen willkommen geheißen.
    Wie sie die beiden vermisste... Während der langen Monate in England hatte der verzweifelte Wunsch, sich selbst zu finden und ihre Identität zu entdecken, alle anderen Gefühle verdrängt. Jetzt nicht mehr, denn sie wusste Bescheid – sie war Lady Brianna Wilcox. Und sie besaß einen Namen, ein Erbe, eine Vergangenheit, die sie nicht verleugnen durfte.
    »Delphine... Der Wind...«
    »Sie ist doch noch ein Baby, Edward...«
    »Wenn sie weint – und sich aufregt...«
    »Sag das nicht...«
    »Papa, schau, Papa! Ich lasse das Boot treiben...«
    »Sei nicht böse, Momma...«
    Der Baum da vorn, Ma’am, gefällt...«
    »Dieses Kind...«
    »Die ganze Wäsche an der Leine...«
    »Oh, die Fensterläden, einfach weggerissen...«
    »Edward, wir müssen fort von hier...«
    »Schon wieder...«
    »Schon wieder...«
    »Dieses Kind...«
    Von einem Ort waren sie zum anderen gezogen, nirgendwo länger als ein paar Monate geblieben. Flüchtige Bilder kehrten in die Erinnerung zurück – ein Raum, ein Haus, eine Straße – und verblassten, bevor sie Einzelheiten heraufbeschwören konnte.
    »Meine Familie... Geschichten... Seltsame Ereignisse...«
    »Nicht deine Schuld, Delphine, das darfst du niemals glauben, meine Süße...«
    Stimmen, im Dunkeln vernommen, wenn sie geglaubt hatten, sie würde schlafen. Stimmen voller Liebe und Sorge.
    Längst

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