Insel zweier Welten: Roman (German Edition)
einem älteren Geistlichen vertieft, doch gelang es ihm dabei offensichtlich, mit einem Ohr auch bei Calebs Befragung zuzuhören. An einem Punkt drehte er sich zu ihm und empfahl ihm ein logisches Argument, das er gegen seinen Opponenten einsetzen könne. Es war überaus geistreich, und alle, die es hörten, lachten anerkennend.
In diesem Moment fing Ammi Ruhama leise und wie ein Kätzchen zu maunzen an, was sich, wie ich wusste, schon bald zu lautem Geschrei steigern würde, wenn ich mich nicht sofort um seine Bedürfnisse kümmerte. Und so verabschiedete ich mich rasch von Samuel und ging nach Hause in das angenehme, lichtdurchflutete Zimmer, das wir bei Samuels Vetter, dem Glaser, angemietet hatten. Während ich dort am offenen Fenster saß, die warme Sommerluft spürte, die lind über meine Brust strich und die seidenen Härchen meines kleinen Jungen hochpustete, durchströmte mich ein Gefühl tiefer, betäubender Zufriedenheit. Ich dachte an meinen Vater, daran, wie sehr es ihn gefreut hätte, mit anzusehen, wie Caleb und Joel auf dem Wege in ein solch nützliches und ehrenwertes Leben waren. Ich dachte an Anne, und daran, dass jene Entscheidung, die vor Jahren im Tumult heftigster Gefühle getroffen worden war, zu einem so glücklichen Ende geführt hatte. Ich spielte zärtlich mit einer der weichen, dunklen Haarsträhnen von Ammi Ruhama. Er geriet deutlich nach seinem Vater, obwohl er mich manchmal auch ein wenig an meinen Zwillingsbruder Zuriel erinnerte, zumindest gefiel mir der Gedanke, er könne ihm ähneln. Ich beugte den Kopf zu ihm herab und flüsterte ihm ins Ohr: »Bald, sehr bald, mein Kleiner, werden wir eine große Schifffahrt machen und nach Hause auf meine Insel fahren. Dort wird es dir gefallen.«
IV
In einer Sache hatte ich recht: Ammi Ruhama liebt diese Insel. Er war zehn Jahre alt, als wir wieder hierherzogen, weil wir vor den schrecklichen Ereignissen auf dem Festland Zuflucht nehmen mussten. In jenem grauenhaften Jahr 1675 kletterten wir oft auf die Klippen und schauten zum Festland hinüber, blickten auf der Suche nach Anzeichen für Krieg den fernen Horizont entlang. Um allzu oft tatsächlich Rauchfahnen zu entdecken, die von einer kürzlich angegriffenen und in Brand gesetzten Siedlung aufstiegen.
Zuerst hatte es den Anschein, als könnten Metacoms rebellische Indianer den Sieg davontragen. Die ersten Städte an der Grenze fielen, eine nach der anderen. Die Kämpfe erreichten sogar Plimouth, wo Metacoms Vater Massasoit einst ein Freund der englischen Siedler gewesen war. Die Nachrichten, die zu uns übers Wasser kamen, waren grauenhaft: aufgespießte Häupter von Geköpften, Vieh mit herausquellendem Gedärm, ganze Familien, die bei lebendigem Leibe verbrannten. In jenem Jahr konnten die Bauern ihre Ernte nicht einbringen, wenn sie nicht von schwer bewaffneten Truppen dabei geschützt wurden. Aus Grenzdörfern wie Northfield und Deerfield flohen die Menschen in die vergleichbare Sicherheit größerer Ortschaften, doch insgesamt wurden zwölf Siedlungen, einschließlich Providence, dem Erdboden gleichgemacht und niedergebrannt. Es schien, als wüssten die Engländer einfach nicht, was sie jenem Feind entgegensetzen sollten, der offenbar keinerlei Angst vor dem Tod hatte und das Gelände so gut kannte, dass er sich jederzeit im Sumpf oder den Wäldern unsichtbar machen konnte, um Verfolger abzuschütteln.
Wir versuchten, Ammi Ruhamas Ohren vor den schlimmsten Nachrichten zu schützen, doch Samuel und ich hielten uns jede Nacht in den Armen und beteten, dass der Krieg nicht bis zu uns kommen möge. Unser Flehen wurde erhört; die Eingeborenen dieser Insel traten nie zu Metacom, oder König Philip, wie die Engländer ihn nannten, über. Stattdessen legte Großvater sein ganzes Vertrauen in sie und bewaffnete sie sogar, damit sie sich verteidigen konnten, sollte tatsächlich einer von Metacoms Gefolgsleuten über die Meerenge übersetzen und versuchen, sie in den Krieg hineinzuziehen.
Ein halbes Jahr lang waren die Zustände für die Engländer auf dem Festland schlimm. Und wenn sich die Indianer unter Metacom zusammengeschlossen und ihre alten Fehden zwischen den Stämmen begraben hätten, so bin ich sicher, dass sie gesiegt und die weitere Kolonialisierung dieses Landes für mehr als eine Generation verhindert hätten. Tatsächlich waren die Verluste groß. Über sechshundert Engländer wurden getötet, und bei den Indianern war die Zahl sogar noch höher. Auch war vorerst die leise
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