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Insel zweier Welten: Roman (German Edition)

Insel zweier Welten: Roman (German Edition)

Titel: Insel zweier Welten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraldine Brooks
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Himmelskuppel tanzten. Hinter mir hörte ich leise Stein auf Stein schlagen. Caleb fertigte eine Pfeilspitze. Er war nie müßig, nicht einmal eine Minute.
    »Warum schaust du in den Himmel, Sturmauge? Suchst du nach deinem Herrn dort oben?« Ich hätte nicht sagen können, ob er mich nur necken wollte, und so drehte ich mich um, stützte das Kinn auf die Hände und blickte ihn an, um in seinem Gesichtsausdruck zu lesen. Er schaute gerade nach unten und konzentrierte sich auf die kurzen, beherzten Bewegungen, mit denen er an seiner Pfeilspitze arbeitete. Kleine Steinsplitter flogen in alle Richtungen. Zum Schutz hatte er sich ein Stück Leder, wie eine Art halben Handschuh, um die Hand geschlungen, in der er den zu bearbeitenden Stein hielt. »Dort lebt er doch, oder, dein einer Gott? Da oben, hinter den wankelmütigen Wolken?«
    Da ich auf seinen Spott nicht eingehen wollte, gab ich ihm keine Antwort. Das ermutigte ihn jedoch noch mehr.
    »Nur ein einziger Gott. Komisch, dass ihr Engländer, die ihr doch so viele Dinge um euch herum ansammelt, bei den Göttern mit einem zufrieden seid. Und noch dazu einem, der so fern ist, da oben am Himmel. Ich hingegen brauche nicht so weit zu schauen. Ich kann meinen Himmelsgott klar und deutlich sehen, er ist genau hier«, sagte er und reckte einen Arm in Richtung Sonne. »Tagsüber ist es Keesakand, und heute Nacht wird Nanpawshat, der Mondgott, an seine Stelle treten. Und auch Potanit wird kommen, der Feuergott …« Und so plapperte er weiter und betete mir seine ganze Litanei heidnischer Götzen herunter. Bäume, Fische, Tiere und dergleichen Gebilde, allesamt mit Seelen ausgestattet und zum Herrschen bereit. Ich zählte mit und kam am Ende auf eine Gesamtzahl von siebenunddreißig Göttern. Ich sagte nichts. Was sollte ich auch zu jemandem sagen, der so verloren war?
    Doch dann dachte ich an den Gesang bei den Klippen zurück. Eine innere Stimme, fast nicht hörbar: kaum mehr als ein Zischen. Heute bin ich mir sicher, dass es die Stimme des Teufels war, die mir zuflüsterte, ich würde Keesakand bereits kennen und hätte ihm schon viele Male gehuldigt, wenn ich mich in den warmen Strahlen der aufgehenden Sonne aalte oder innehielt, um die Herrlichkeit seines Sonnenuntergangs zu bewundern. Und hatte nicht auch Nanpawshat Macht über mich? Herrschte er nicht über die anschwellenden, salzigen Gezeiten ebenso wie über meinen eigenen Körper, welcher seit kurzem in Einklang mit den Phasen des Mondes zu fließen begonnen hatte? Es sei gut, flüsterte die Stimme. Es sei richtig und gut, all diese Mächte zu kennen und in einer Welt zu leben, die vom Treiben der Geister beherrscht werde, eine Welt, in der das Göttliche allgegenwärtig war.

VI
    Nicht lange danach ertappte mich Caleb eines Tages beim Lesen, noch bevor ich die Gelegenheit hatte, das Buch beiseitezulegen. Er hatte die Angewohnheit, oft urplötzlich aufzutauchen, indem er einfach aus den Dünen oder einem Dickicht hervorsprang. Er konnte schleichen wie eine Katze auf der Pirsch, und sein Gang in den dünnen Rehledermokassins war so leicht, dass er kaum einen Fußabdruck im Sand hinterließ. Herumliegende Blätter verrieten nie, wohin er getreten war. Unter seiner Anleitung und mit einiger Übung lernte auch ich mich so zu bewegen, ganz sanft auf den Fersen zu gehen und dabei kaum den Boden zu berühren. Zu Hause machte ich mir oft einen Spaß daraus, hinter Makepeace herzuschleichen, und ich ertappte ihn nicht selten dabei, wie er faul auf dem Feld lag und seine eigenen Pflichten vernachlässigte. Das ärgerte ihn, doch konnte er sich schlecht darüber beklagen, ohne sich selbst bloßzustellen. Das alles amüsierte mich sehr.
    An besagtem Tag hatte ich ein neues Traktat meines Vaters stibitzt, das Buch New England’s Prospect von einem gewissen William Wood, der im Jahre 1633 auf das Festland Neuenglands gereist war und den Lesern beschrieb, was er dort vorgefunden hatte. Ich hielt Caleb das Buch hin, und er nahm es entgegen. Es war das erste Buch, das er jemals in Händen gehalten hatte. Ich musste lächeln, als ich sah, wie er es zuerst falsch herum aufschlug. Doch er berührte die Seiten mit großer Behutsamkeit, als hielte er irgendein wildes Tierchen mit zarten Knochen in den Händen. Selbst die Frömmsten unter uns berühren die Bibel nicht mit einer solchen Ehrfurcht, wie er sie jenem kleinen Büchlein entgegenbrachte. Er fuhr mit einem seiner braunen Finger über eine Zeile.
    »Diese Schneeschuhspuren«,

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