Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inselglück

Inselglück

Titel: Inselglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hilderbrand
Vom Netzwerk:
aber sie war verliebt in Wolf Flute, und das, die Liebe nämlich, verlieh ihr Bedeutung auf dieser sich drehenden Erde. Connie hatte keine Ahnung gehabt, dass sie ein Kind zeugte, aber im Rückblick musste dies die Nacht gewesen sein. Theoretisch nahm sie die Pille, das jedoch nachlässig, und tatsächlich hatte sie ihre Pillenschachtel im Haus ihrer Eltern in Villanova vergessen.
    Der Ernst der Lage offenbarte sich Connie erst über einen Monat später – am Labor-Day-Wochenende. Wieder war sie mit Wolf auf Nantucket, nur diesmal übernachtete seine ganze Familie im Cottage, wie es Tradition war. Für die Flutes stand das letzte Wochenende des Sommers über allen anderen Wochenenden, und sie glaubten, diejenigen, die Nantucket bis zum nächsten Jahr als Letzte verließen, gewönnen irgendeinen unsichtbaren Preis. (Deshalb blieben sie auch regelmäßig bis zum Dienstag oder Mittwoch. Als Kind hatte Wolf ständig den ersten Schultag versäumt und sich als Jugendlicher zwei Wochen zu spät an der Brown immatrikuliert.) An jenem Wochenende waren außer Wolf und Connie Wolfs Bruder Jake, seine Eltern und seine Großeltern im Haus. Es wurde gesegelt und Badminton gespielt; am Samstag gab es gegrillten Hummer und am Sonntag aus den Resten eine Hummersuppe. (Es war ein Yankee-Haushalt; nichts wurde verschwendet.) Die Flutes waren sportliche, aufrichtige, dem Meer zugewandte Menschen und keine Trinker. Die einzige Ausnahme war Wolfs Großmutter, die sich zum Abendessen ein winziges Glas Cream Sherry genehmigte. Alle anderen tranken Eiswasser oder ungesüßten Eistee, so auch Wolf und Connie. Deshalb konnte sich Connie auch ihre Übelkeit und bleierne Erschöpfung nicht erklären. Und doch musste sie, als sie sich mit dem Hummer erst in der einen, dann in der anderen Form konfrontiert sah, in das einzige Bad des Cottage rennen – das nicht größer als das auf einem Schiff war und von sieben Personen benutzt wurde – und sich übergeben. Wenn man sie nicht bei Tisch oder auf dem Boot oder zu einem Spiel am Strand erwartete, warf sie sich auf das altjüngferliche Einzelbett des Gästezimmers im zweiten Stock, das ursprünglich für das Kindermädchen gedacht gewesen war, und fiel in einen schweren, traumlosen, komatösen Schlaf.
    Gegen Ende ihres Aufenthalts wachte sie eines Morgens davon auf, dass Wolf ihr den Rücken rieb. »Du bist krank«, erklärte er. »Meine Mutter hat gehört, wie du im Bad gewürgt hast. Warum hast du mir nichts gesagt?«
    Connie vergrub ihren Kopf unter dem Daunenkissen. Sie hatte nichts gesagt, weil sie Wolf den Urlaub mit seiner Familie nicht verderben und ihre Unpässlichkeit nicht offenbaren wollte (dass Mrs Flute sie »würgen« gehört hatte, war ihr furchtbar peinlich). Sie hatte nichts gesagt, weil es ihr meistens gut ging. Sie hatte nichts gesagt, weil irgendwo tief in ihr das Wissen lauerte: Sie war nicht krank.
    »Ich bin nicht krank«, gestand sie jetzt ein.
    »Bist du nicht?«, fragte Wolf.
    »Ich bin schwanger.«
    Wolf reagierte nicht auf diese Enthüllung, und Connie war froh darüber. Sie hätte ebenso wenig mit Wut und Verzweiflung umgehen können wie mit Freude. Für sie war die Situation nichts weiter als das, was sie verdient hatte. Sie hatte seit der elften Klasse – Matt Klein – mit Jungen geschlafen und es mit der Empfängisverhütung nie sehr genau genommen, sondern erwartet, dass der männliche Part sich darum kümmerte, und wenn sie feststellte, dass dies nicht der Fall war, immer in der vollen Hitze der Leidenschaft, ließ sie es manchmal – allzu oft – darauf ankommen. Es war nur erstaunlich, dass sie nicht schon früher schwanger geworden war.
    Als Wolf schließlich doch sprach – er brauchte so lange, dass Connie inzwischen wieder eingeschlafen war – , sagte er: »Wow. Okay. Wow.«
    Das Wort »wow« beunruhigte sie. Connie hatte nicht die Absicht, das Baby zu behalten. Sie war erst zweiundzwanzig, Wolf fünf Jahre älter. Wolf hatte einen Job in einem Architekturbüro in Washington und ein kleines Apartment in Dupont Circle, Connie dagegen lebte noch bei ihren Eltern. Sie hatte in Villanova eine Wohnung gehabt, aber einer der Freunde ihrer Mitbewohnerin hatte betrunken ein Loch in die Rigipswand geschlagen, so dass sie die Kaution eingebüßt hatten, und Connies Eltern hatten darauf bestanden, dass sie wieder bei ihnen wohnte, bis sie verantwortungsbewusst genug war, um allein zu leben. Sie arbeitete als Kellnerin im Aronimink und bediente dort oft ihre

Weitere Kostenlose Bücher