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Inselglück

Inselglück

Titel: Inselglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hilderbrand
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erörterten, was sie zu Abend essen sollten. Das waren Situationen, in denen Toby sich wie ein Erwachsener benahm. Doch immer öfter gab es Momente, in denen er sich wie ein Jugendlicher betrug. Dann zauste er Meredith die Haare oder warf Steine an die Tür der Außendusche, wenn sie darin war, oder stibitzte ihre Brille, so dass sie gezwungen war, praktisch blind hinter ihm herzustolpern.
    »Nun sieh einer an«, sagte er. »Du läufst mir nach! «
    »Ich weiß nicht, was daraus werden soll«, sagte Connie zu Dan.
    Toby erkundigte sich, ob er noch eine Woche bleiben könne.
    »Eine Woche?«, fragte Connie. »Oder länger?«
    »An der Marineakademie fange ich erst im September an«, sagte er.
    »Und was heißt das? Dass du bis zum Labor Day bleibst?«
    »Noch eine Woche«, sagte Toby. »Vielleicht auch länger. Wenn es dir recht ist.«
    »Natürlich ist es mir recht«, entgegnete Connie. »Ich frage mich nur, womit ich es verdient habe, dass du mich so lange mit deiner Anwesenheit beehrst.« Was sie in Wirklichkeit fragen wollte, war, ob er wegen Meredith blieb.
    »Das hier ist Nantucket«, sagte Toby. »Warum sollte ich woanders sein wollen?«

Meredith
    Am Morgen des 23. August wurde Meredith vom Klingeln des Telefons wach. War es das Telefon? Sie glaubte es, doch der Apparat stand in Connies Zimmer, weit, weit weg, und Meredith war in der Gewalt eines erdrückend schweren Schlafes. Connie würde abnehmen. Das Telefon klingelte weiter. Wirklich? Meredith versuchte, den Kopf zu heben. Die Balkontür war fest verschlossen – selbst mit Toby auf der anderen Seite des Flurs traute sie sich nicht, bei offener Tür zu schlafen – , und der Raum war stickig heiß. Sie konnte sich nicht bewegen. Sie konnte nicht ans Telefon gehen.
    Eine Weile später läutete es wieder. Meredith wurde mit einem Ruck wach. Sie wartete darauf, dass Connie abnahm. Dann fiel ihr ein, dass Connie nicht zu Hause war, sondern bei Dan.
    Meredith stand auf und tappte den Flur entlang. Toby hatte das Telefon vermutlich nicht gehört; er schlief wie ein Toter. Meredith bildete sich gern ein, dies sei ein Zeichen für ein gutes Gewissen. Freddy war beim leisesten Geräusch hochgeschreckt.
    Connie hatte keinen Anrufbeantworter, und so klingelte und klingelte das Telefon. Wahrscheinlich Connie selbst, dachte Meredith, mit irgendeinem Plan für den Tag – ein Picknick am Smith’s Point oder ein Ausflug nach Tuckernuck in Dans Boot. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Sie hatte ihr Herz an Nantucket verloren – und in ein paar Wochen würde sie abreisen müssen. Sie versuchte, nicht darüber nachzudenken, wohin sie sich wenden und was sie tun sollte.
    Die Anruferkennung besagte UNBEKANNT , und Merediths Gehirn rief ihr eine Warnung zu, als sie schon den Hörer abnahm und sich mit einem »Hallo?« meldete.
    Eine weibliche Stimme: »Meredith?«
    »Ja?« Connie war es nicht, doch es klang, als ob die Anruferin sie kannte, und Meredith dachte: Oh mein Gott! Es ist Ashlyn!
    »Hier spricht Rae Riley-Moore«, erklärte die Stimme. »Von der New York Times. «
    Meredith war verwirrt. Nicht Ashlyn. Eine andere Frau. Die ihr etwas verkaufen wollte? Ein Abonnement? Die Stimme klang vertraut, weil Telefonverkäufer heutzutage so taten, als seien sie alte Freunde. Meredith hielt den Apparat mit zwei Fingern, bereit, ihn wie eine heiße Kartoffel fallen zu lassen.
    »Tut mir leid, dass ich Sie zu Hause störe«, sagte Rae Riley-Moore.
    Zu Hause. Das hier war nicht ihr Zuhause. Wenn dies eine Telefonverkäuferin gewesen wäre, hätte sie nicht nach Meredith gefragt, sondern nach Connie.
    Meredith antwortete nicht. Rae Riley-Moore ließ sich nicht beirren.
    »Und so früh. Hoffentlich habe ich Sie nicht geweckt.«
    Meredith schluckte. Sie sah den Flur entlang auf die geschlossene Tür von Tobys Zimmer. Er würde noch fest schlafen. Aber vor ein paar Tagen hatte er gesagt: Wenn du aus irgendeinem Grund zu mir willst,, dann einfach hereinspaziert. Ich bin für dich da, Meredith. Was du auch brauchst.
    Und sie hatte gedacht: Für mich da? Ha!
    »Entschuldigung«, sagte sie jetzt. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich rufe an wegen der Neuigkeit, die heute Morgen bekannt wurde«, erklärte Rae Riley-Moore. »In Bezug auf Ihren Ehemann.«
    Meredith sprach, ohne zu überlegen. »Ist er tot?« Die Welt hörte plötzlich auf, sich zu drehen. Es gab kein Schlafzimmer, keinen ehemaligen Freund, keine wunderschöne Insel, kein Fünfzig-Milliarden-Dollar-Schneeballsystem.

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