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Inselglück

Inselglück

Titel: Inselglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hilderbrand
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belasten. Es war nicht Connies Schuld gewesen. Nur, dass sie dieses enge, tief ausgeschnittene Kleid getragen hatte. Doch eine Frau sollte anziehen dürfen, was sie wollte, ohne dass Männer es als Einladung auffassten, sich unangemessen zu verhalten.
    »Ich weiß nicht, warum ich dir nichts erzählt habe«, sagte Connie. »Ich fand, es war nicht der Rede wert.«
    »Mein Ehemann hat dich geküsst und berührt, und du erinnerst dich noch Jahre später daran, und trotzdem fandest du es nicht der Rede wert?«
    »Es war beunruhigend«, gab Connie zu. »Natürlich. Aber ich wollte mich nicht damit auseinandersetzen. Ich habe es wohl vor mir selbst bagatellisiert, weil es mir peinlich war.«
    Meredith sah sie an. Sie verfügte über ein ganzes Arsenal kalter, beängstigender Blicke. »Das nehme ich dir nicht ab.«
    »Meredith, es tut mir leid … «
    »Du bist meine beste Freundin. Und meine zweitbeste Freundin war Samantha.«
    »Ich habe nicht mit Freddy geschlafen«, betonte Connie. »Ich habe ihn nicht ermutigt oder zu weiteren Aufmerksamkeiten ermuntert. Ich habe nichts Unrechtes getan.«
    »Du hast mir nichts erzählt«, sagte Meredith.
    Es kam Connie plötzlich vor wie die Frage aus einer Frauenzeitschrift: Wenn der Ehemann deiner besten Freundin dich anbaggert, erzählst du ihr dann davon? Die Antwort hieß doch bestimmt »Nein«. Aber vielleicht lautete sie auch »Ja«. Vielleicht hätte Connie Meredith informieren sollen. Eins war allerding sicher: Heute Abend war nicht der richtige Zeitpunkt gewesen. Connie hatte es aus Gemeinheit getan; sie hatte Meredith verletzen wollen, obwohl diese schon so schlimm verletzt war. Sehe ich aus wie eine Frau, die noch mehr überraschende Neuigkeiten braucht? Aber warum? Und dann wusste Connie es: Sie war neidisch auf den Anruf von Carver. Was für ein Schlamassel! Wenn Connie sich damals entschieden hatte, ihren Moment mit Freddy geheimzuhalten, hätte er auch für immer ein Geheimnis bleiben sollen.
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Ich hätte es dir erzählen müssen, nehme ich an.«
    »Nimmst du an? « Merediths Stimme klang schrill und selbstgerecht. »Nimmst du an? « Connie stand auf. Sie brauchte ein Glas Wein; es war ihr egal, ob er nach Spülmittel schmeckte. Sie nahm ein Glas aus der Vitrine und öffnete den Kühlschrank.
    »Genau«, sagte Meredith. »Schenk dir ein Glas ein. Das bringt alles wieder in Ordnung.«
    Connie knallte die Kühlschranktür zu, dann schleuderte sie das Glas in den Ausguss, und es zersprang mit Getöse. Ihre Wut und Empörung war unglaublich, und sie wusste, dass Merediths Wut und Empörung ebenso groß, wenn nicht größer war als ihre. War in einem einzigen Haus Platz für so viel Seelenqual? Connie schaute auf das zerbrochene Glas – und entdeckte eine Kerbe in ihrer Emaillespüle. Ihre wunderschöne Spüle, auf die sie so stolz gewesen war!
    Wolf!, dachte sie. Ashlyn! Sie hatte beide verloren.
    Dan, dachte sie, ich hätte zu Dan fahren sollen.
    »Na gut, wenn wir schon dabei sind«, sagte sie.
    »Dann was?«, fragte Meredith.
    »Wenn wir schon dabei sind, bin ich nicht die Einzige, die einen Fehler gemacht hat.«
    »Wovon redest du?«
    Meredith stand mit den Händen in den Hüften da, das grau werdende Haar hinter die Ohren geklemmt, und ihre Hornbrille, die sie nur zu Hause aufsetzte, war ihr bis auf die Nasenspitze gerutscht. Eine Brille trug sie seit der achten Klasse. Connie entsann sich, wie sie im Geschichtsunterricht damit aufgetaucht war und sie dann beim Mittagessen herumgereicht hatte. Connie war die Erste gewesen, die sie aufprobieren durfte; sie hatte die Cafeteria in eine verschwommene, schwirrende Masse von Farben verwandelt, so dass Connie ganz übel geworden war. Und trotzdem hatte sie Meredith um ihre Brille und Meredith selbst seit ihrer Kindheit beneidet. Praktisch also ihr ganzes Leben lang.
    »Ich rede über die schrecklichen Dinge, die du über Wolf gesagt hast«, entgegnete sie. »Du hast angedeutet, dass wir unser Geld zurückwollten, weil Wolf einen Gehirntumor hatte und nicht mehr wusste, was er tat.«
    »Und du hast Freddy als Gauner bezeichnet.«
    »Meredith«, erinnerte Connie ihre Freundin. »Er war ein Gauner.«
    Meredith schob ihre Brille hoch. »Du hast recht«, gab sie zu. »Er war ein Gauner.« Sie starrte Connie an und schien auf etwas zu warten. »Und was ich über Wolf gesagt habe, war grausam. Es tut mir leid. Ich weiß nicht, wie ich so gemein sein konnte.«
    »Und du bist nicht zu Wolfs Beerdigung

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