Inselglück
eingeladen, wo es so sehr von ausgelassenen Erwachsenen wimmelte, dass Meredith sicher war, es würde sich eine Gelegenheit bieten, in ihr Zimmer zu schleichen. Aber Toby ließ sich nicht dazu überreden.
Auch am Silvesterabend, den Meredith herkömmlicherweise allein mit ihren Eltern verbrachte, war er ihr Gast. Sie gingen immer im General Wayne Inn essen, sahen sich anschließend in Frazer einen Film an, kehrten dann nach Hause zu einer Flasche Champagner (Meredith hatte ihren ersten Schluck mit dreizehn probieren dürfen) und Schokoladentrüffeln zurück und schauten sich im Fernsehen Dick Clark und die Mitternachtszeremonie am Times Square an. Diesmal kam Toby mit – zum Essen, ins Kino, zu Pralinen und Schampus und der sich herabsenkenden Kristallkugel. Um Viertel nach zwölf schüttelte Chick Toby die Hand und sagte: »Ich möchte, dass du in einer Stunde verschwindest. Hast du mich verstanden?«
»Ja, Sir.«
»Ich komme nicht noch mal runter, also brauche ich dein Wort darauf.«
»Das haben Sie, Sir.«
»Sehr gut«, sagte Chick. »Richte deinen Eltern bitte herzliche Neujahrsgrüße von uns aus.« Und mit einem Klicken schloss er die Tür zur Bibliothek.
Meredith erinnerte sich, dass sie stocksteif auf dem Sofa gesessen und die Luft angehalten hatte, weil sie glaubte, dies sei eine Art Trick. Doch dann hörte sie die Schritte ihrer Eltern auf der Treppe und ihre Schritte im Flur des oberen Stockwerks. Sie gingen tatsächlich zu Bett und ließen Toby und Meredith für eine Stunde in der luxuriösen Behaglichkeit der Bibliothek allein.
Vorsichtig näherte Toby sich dem Sofa. Meredith zog ihn zu sich herunter.
»Lass das«, sagte Toby.
»Er hat dir praktisch seine Erlaubnis gegeben.« Meredith ließ sich nicht beirren. Es war Neujahr, und sie würde jetzt ihre Jungfräulichkeit verlieren – nicht auf dem Vordersitz von Tobys 69er Nova und nicht im Gras des Valley Forge Park, sondern hier bei ihr zu Hause am Kaminfeuer.
In aller Stille.
Im Frühjahr schloss Toby die Highschool ab, aber da seine Zensuren nicht allzu gut waren, wollte er sich ein Jahr länger Zeit nehmen, um seine Aussichten aufs College zu verbessern. Den Sommer verbrachten er und Meredith im Ferienhaus der O’Briens in Cape May, wo sie jeden Tag segeln gingen und jeden Abend auf der Strandpromenade Hotdogs und Popcorn aßen. Sie ließen sich in einem Automaten fotografieren und steckten die Fotostreifen in die Gesäßtaschen ihrer Jeans und kauften sich die gleichen, aus weißem Garn geflochtenen Armbänder.
Im Herbst belegte Toby zwei Kurse am Delaware County Community College und arbeitete als Kellner in Minella’s Diner. Er war in Merediths letztem Schuljahr immer an ihrer Seite, und obwohl ihre Eltern sich sorgten – war es eine gute Idee, dass Meredith sich so früh schon ernsthaft an jemanden band? – , hatten sie eigentlich keinen Grund zur Klage. Ihre Tochter war Klassenbeste an der Merion Mercy, bei Wassersprungwettbewerben stets Erste oder Zweite und Finalistin bei der Stipendien vergabe.
Da Toby bei Minella’s arbeitete, war er manchmal derjenige, der bei den monatlichen Pokerspielen im Hause Martin die Sandwiches auslieferte, und eines Abends forderte Chick ihn auf, nach seiner Schicht zurückzukommen und mitzuspielen. Dieser Abend schmiedete ein neues Band zwischen Chick und Toby; Meredith vermutete, dass ihr Vater Toby entweder gern hatte oder die Strategie des Wenn-du-sie-nicht-schlagen-kannst-verbünde-dich-mit-ihnen verfolgte. Chick lud Toby in seine Kanzlei ein, und die beiden gingen zusammen in der City Tavern mittagessen, und Chick nahm Toby und Meredith zu Basketballspielen mit. In der Adventszeit sahen er und Deidre und Toby und Meredith sich gemeinsam die Weihnachtsbeleuchtung in den Longwood Gardens an, besuchten Konzerte des Philadelphia Orchestra, aßen bei Bookbinders zu Abend und frühstückten im Green Room des Hotel du Pont.
»Ihr macht immer dieses ganze Alte-Leute-Zeug«, sagte Connie. »Wie haltet ihr das bloß aus?«
»Uns gefällt es«, sagte Meredith. Sie erzählte Connie nicht, dass es ihr größter Herzenswunsch war, Toby zu heiraten. Sie malte sich aus, dass sie Kinder haben und sich zusammen in einem Leben einrichten würden, das nicht viel anders war als das ihrer Eltern.
Bis heute konnte Meredith nicht erklären, was schiefgegangen war, aber es ging schief.
Toby beschloss am Abend ihres Highschoolabschlusses, sich von ihr zu trennen. Die O’Briens gaben eine riesige Party für
Weitere Kostenlose Bücher