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Inselkönig

Inselkönig

Titel: Inselkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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brummte Thomsen. Es klang wie eine Zustimmung.
    Frederiksen war dem Dialog der Polizisten mit offenem
Mund gefolgt.
    Christoph betrachtete den Mann. Das runde Gesicht war
aufgedunsen. Deutlich waren die geplatzten Äderchen zu erkennen. Die fleischige
Nase würde der Volksmund wohl als »Weinnase« bezeichnen. Schatten lagen um die
rot geränderten Augen. Hinter den wulstigen Lippen verbarg sich im Oberkiefer
eine schlecht sitzende Prothese, die Frederiksen nervös mit der Zunge hin und
her schob. Der Unterkiefer war noch nicht saniert und wies deutliche Mängel
auf. Das schüttere graue Haar war schon längere Zeit nicht mehr geschnitten
worden und hing dem Mann über die Stirn bis zu den dichten Brauen herab. Dass
Frederiksen sich heute Morgen nicht rasiert hatte, war Christoph schon zuvor
aufgefallen. Jetzt saß er ihm im Auto gegenüber, und Frederiksen knetete seine
großen Hände, die von Schwielen übersät waren. Die kurzen abgebrochenen
Fingernägel wiesen Trauerränder auf. Christoph hatte den Eindruck, dass er ein
Mann war, der es gewohnt war, hart zuzupacken, dem Alkohol aber durchaus nicht
abgeneigt schien.
    »Sie heißen Ingwer Frederiksen?«
    Der Mann nickte.
    »Sie wohnen in Wyk?«
    Erneutes Nicken.
    »Wie alt sind Sie?«
    Frederiksen sah Thomsen an. Erst als der
Hauptkommissar leicht nickte, antwortete er: »Sechsundfünfzig.«
    Christoph hätte ihn älter geschätzt.
    »Sie haben Thies Nommensen entdeckt.«
    Frederiksen antwortete durch Nicken.
    »Wann?«
    Er sah auf seine Uhr, als würde er dort die Antwort
finden. Ohne Christoph anzublicken, erwiderte er: »Kurz nach acht.«
    »Was wollten Sie in der Vogelkoje?«
    Jetzt spielte der Mann mit seinen Fingern, ohne dabei
aufzusehen. Es dauerte eine Weile, bis er antwortete: »Ich sollte dort etwas
abholen.«
    Christoph war es leid, Frederiksen alles
bruchstückhaft entlocken zu müssen. »Würden Sie bitte etwas ausführlicher
erzählen? Was sollten Sie abholen?«
    »Einen Koffer. Der stand im Schuppen.«
    »Was heißt ›stand‹? Haben Sie ihn mitgenommen, obwohl
Sie den toten Nommensen entdeckt hatten?«
    »Ja«, gestand der Mann kleinlaut.
    »Was war im Koffer?«
    Er zuckte die Schultern. »Keine Ahnung.«
    »Wo ist der Koffer jetzt?«
    »Im Radlader.«
    Christoph holte tief Luft. »Was für ein Radlader?«
    Frederiksen sah Christoph erstaunt an, als hätte er
ihm schon alles erklärt. »Mit dem ich hin bin. Ich hab ja gewusst, dass
unterwegs Schnee liegt. Ist nicht oft hier. Aber wenn, dann ordentlich.«
    »Wer hat Sie beauftragt, den Koffer zu holen?«
    Frederiksen spielte mit seinen Fingern. Er wippte mit
seinen Fußspitzen und betrachtete sie dabei eingehend. Christoph ließ ihm Zeit.
Es mochten mehrere Minuten vergangen sein, als Thomsen das Wort ergriff.
    »Ingwer, sag schon. Wer hat dich zur Vogelkoje
geschickt?«
    Frederiksen hob den Kopf in Zeitlupe. Zunächst sah er
aus dem Fenster, das mittlerweile bis zur halben Höhe zugeschneit war. Dann
blickte er den Hauptkommissar an.
    »Thies war das.«
    »Der Tote«, sagte Christoph. Es war mehr eine
rhetorische Floskel. »Wann war das?«
    »Tja.« Frederiksen kratzte sich mit Zeige- und
Mittelfinger der rechten Hand den Haaransatz. »Das muss so gegen halb fünf
gewesen sein. Gestern«, fügte er an.
    »Das kann nicht sein«, mischte sich Thomsen ein.
    Das war merkwürdig, überlegte Christoph. Kurz zuvor
hatte ihn der Hauptkommissar auf dem Parkplatz am Fähranleger aufgesucht und
bereits davon berichtet, dass Nommensen vermisst wurde.
    »Wann hat sich die Frau des Toten bei Ihnen gemeldet?«,
fragte Christoph und sah den Uniformierten an.
    »Das war kurz vor dem Mittag.«
    »War sie in der Zentralstation?«
    »Nein! Telse Nommensen hat mich angerufen.«
    Christoph holte tief Luft. »Dann lag noch keine
formelle Vermisstenanzeige vor, als Sie mich an der Fähre abgefangen haben.«
    Thomsen machte einen verlegenen Eindruck. »Wissen
Sie«, versuchte er zu erklären, »manches funktioniert hier anders. Wenn wir in
einem überschaubaren Gemeinwesen wie Föhr immer streng nach den Vorschriften
der Bürokratie verfahren würden, dann wäre alles viel komplizierter. Auf einer
Insel können Sie nicht ausweichen. Sie sind aufeinander angewiesen, auch wenn
Sie sich nicht mögen. So erklärt es sich, dass ein Mann wie Thies Nommensen
hier existieren konnte.«
    Sicher hatte Thomsen recht. Es war eigentlich nicht
Christophs Art, auf die Einhaltung der Dienstwege zu achten, wenn es triftige
Gründe gab,

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