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Inselkönig

Inselkönig

Titel: Inselkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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schon die großen Dinge gemacht, aber Ingwer konnte ganz gut
leben. Und vor drei Jahren hat er Pleite gemacht. Er musste Konkurs anmelden.«
    »Und Nommensen hat das Unternehmen übernommen?«
    Sie sah Christoph mit einem langen Blick an, dann hob
sie in einer hilflosen Geste ihre Hände. »Davon versteh ich nix. Nommensen hat
die Bauten übernommen und auch die meisten Leute.«
    »Nicht alle?«
    Ihr Blick wich ihm aus. Sie betrachtete den Nippes,
der die Fächer in der Schrankwand füllte, stand auf und ordnete ein paar
Gegenstände neu.
    »Wie gesagt – davon habe ich keine Ahnung.«
    »Wen könnten wir dazu befragen?«
    Ute Hoogdaalen schüttelte heftig den Kopf. »Ich hab
mit dem ganzen Kram nix zu tun. Frerk ist froh, dass er wieder Arbeit gefunden
hat. Wobei man auch nicht weiß, wie das weitergeht – jetzt, wo der alte
Nommensen tot ist.«
    »Gibt es einen Nachfolger, der das Unternehmen
fortführen könnte?«
    Ute Hoogdaalen sah Christoph überrascht an. »Der hat
doch nur eine Tochter«, erklärte sie, als müsse jeder die Familienverhältnisse
Nommensens kennen. »Und Bente …« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nee, die
macht das nicht.«
    »Hat Ingwer Frederiksen Sie gestern besucht?«,
wechselte Christoph das Thema.
    »Ja«, antwortete sie schnell und ergänzte: »Der ist
oft bei uns. Wie gesagt – mein Mann hat früher für ihn gearbeitet.«
    »Was macht Frederiksen jetzt?«
    Wie zur Abwehr hob sie beide Hände vor die kräftige
Brust. »Da sollten Sie ihn selbst fragen. Wir hier auf Föhr – wir mischen uns
nicht in die Sachen von anderen ein.«
    Ute Hoogdaalen verschwieg ihnen etwas, stellte
Christoph fest. In Großstädten konnte man anonym leben, wusste manchmal über
Jahre nicht, wie der direkte Wohnungsnachbar hieß. In dörflichen Gemeinwesen
war es etwas anderes. Da blieb selten etwas verborgen. Jeder wusste viel vom
anderen, und mangelndes Wissen wurde häufig durch Vermutungen und Gerüchte
ersetzt. Und auf Inseln und Halligen waren Neugierde und Klatsch noch
ausgeprägter, weil es allein durch die Lage keine Nachbardörfer gab und sich
der Tratsch auf die engen Grenzen der eigenen Insel konzentrieren musste.
Christophs Gedanken schweiften kurz zu seinem neuen Wohnort ab. Auf Nordstrand
hatte man schon vor seinem Einzug gewusst, dass der neue Bewohner des Hauses in
England, wie jener Teil seiner neuen Heimat hieß, »ein hohes Tier« bei der
Polizei war. Und Christoph war auch nicht erstaunt gewesen, als Anna ihm nach
einem Besuch beim örtlichen Kaufmann berichtete, man habe sie angesprochen, ob
sie »nicht die Frau von dem Kommissar« sei, der »da jetzt wohnt«.
    »Hüte dich davor, mit einem Netz einkaufen zu gehen«,
hatte Christoph ihr scherzhaft geantwortet. »Sonst weiß die ganze Insel, was es
bei uns zu essen gibt. Und vor allem, was es zu trinken gibt.«
    »Ist Frederiksen gestern angerufen worden, als er hier
war?«
    Ute Hoogdaalen legte einen Zeigefinger an die
Nasenspitze, als müsse sie überlegen. »Doch, ja«, versicherte sie. »Wir haben
gerade Tee getrunken, als unser Telefon klingelte. Thies Nommensen war am
Apparat.«
    »Da sind Sie sich ganz sicher?«
    »Hören Sie.« Ihre Stimme klang empört, und sie hatte
ihre Fäuste in die Hüften gestemmt. »Den kennt jeder auf Föhr. Und er ist
schließlich der Chef von meinem Mann.«
    »Was wollte Nommensen?«
    Sie überlegte eine Weile, als müsse sie in ihren
Erinnerungen kramen. »Ingwer«, sagte sie schließlich.
    »Er wollte mit Frederiksen sprechen?«
    »Ja.«
    »Was hat er genau gesagt?«
    »›Gib mir Ingwer.‹«
    »Keine Begrüßung?«
    »Das ist nicht Nommensens Art.«
    »Woher wusste er, dass Frederiksen bei Ihnen war?«
    Sie zuckte die Schultern, sodass sich ihr Busen heftig
auf und ab bewegte. »Vielleicht wusste er, dass Ingwer öfter bei uns zu Besuch
war.«
    »War Ihr Mann auch da?«
    »Der muss doch arbeiten.«
    »Und hat keine Einwände, dass Frederiksen Sie in der
Zwischenzeit besucht?«
    Als Antwort lachte sie nur kurz auf.
    »Wann war das?«
    »So gegen halb fünf.«
    »Was haben Frederiksen und Nommensen miteinander
gesprochen?«
    »Ingwer sollte einen Koffer von der Vogelkoje holen«,
antwortete sie spontan.
    »Woher wissen Sie das?«, mischte sich Große Jäger
überraschend ein.
    Ute Hoogdaalen war dadurch irritiert.
    »Wie – was?«, fragte sie mehr zu sich selbst, bis sie
erwiderte: »Das hat man gehört. Nommensen brüllte immer ins Telefon. Und
außerdem hat Ingwer es mir erzählt.«
    »Und

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