Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inselkönig

Inselkönig

Titel: Inselkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
Vom Netzwerk:
war sich nicht sicher, ob Große Jäger diese
Redewendung verstanden hatte. Dood bleeven – tot geblieben, war eine nicht
ungebräuchliche Umschreibung dafür, dass jemand gestorben war. Deshalb mischte
er sich schnell in das Gespräch.
    »Warum war Nommensen bei allen verhasst?«
    Frau Hinrichsen hielt einen Kochtopf in die Höhe, in
dem sie gekratzt hatte, und funkelte Christoph mit einem Blick an, der besagte,
dass der fremde Polizist offenbar überhaupt nichts verstand. »Weil … nun, er
war eben ein Schwein.«
    »Können Sie das ein wenig ausführlicher erläutern?«,
fragte Christoph.
    »Ich?« Dabei zeigte sie mit dem Kochtopf auf sich.
Dann schüttelte sie ihren Kopf. »Nee. Das sollen andere machen. Ich will mir
doch nicht das Maul verbrennen.«
    Es war nichts zu machen.
    »Die war plötzlich verschlossen wie ein … wie ein …
wie ein nordfriesischer Insulaner«, stellte Große Jäger fest, als sie wieder im
Auto saßen.
    Obwohl sie kaum jemanden auf der Straße antrafen,
schon gar nicht Autofahrer, dauerte es eine Ewigkeit, bis sie das
Polizeigebäude am Hafendeich erreichten.
    »Hört das denn nie auf?«, glaubte Christoph Große
Jäger zu hören, obwohl die Wortfetzen dem Oberkommissar förmlich vom Sturm aus
dem Mund gerissen wurden, als sie die triste Betontreppe erklommen.
    Neben Hauptkommissar Thomsen trafen sie auch Harm
Mommsen an.
    »Wie bist du hergekommen?«, staunte Große Jäger. Als
Mommsen nur vielsagend lächelte, schüttelte der Oberkommissar den Kopf. »Hat
man dem Kind gestattet, sich bei solchem Wetter vor die Tür zu wagen?«
    Mommsen sah den mit fragendem Blick dem Dialog
folgenden Thomsen an. »Das Kind – damit meint der Kollege mich, weil ich ein
paar Monate jünger bin.« Mommsen ließ Christoph und Große Jäger Zeit, die
Kleidung abzulegen und Gesicht und Haare von der Feuchtigkeit zu befreien. Dann
berichtete er: »Ich habe die Zeit genutzt, um mit Hilke ein paar Dinge
abzuklären.«
    »Was hat Tante Hilke gesagt?«, fuhr Große Jäger
dazwischen. Zu der blonden Frau mit den zahlreichen Sommersprossen hatte Große
Jäger ein besonders herzliches Verhältnis, seit er sich bei einem Einsatz für
einen Angriff auf die zweifache Mutter verantwortlich fühlte.
    »Zunächst lässt sie viele Grüße an Onkel Remmidemmi
ausrichten.«
    Große Jäger spielte gekünstelt den Entrüsteten, als er
die Verballhornung seines zweiten Vornamens Remigius hörte, litt er doch schon
genug unter dem Erstnamen Wilderich.
    »Es ist die typische mangelnde Fähigkeit von Kindern,
einen Sachverhalt nicht konzentriert zu Ende führen zu können«, sagte er und
drohte Mommsen mit geballter Faust. »Also! Was hat Tante Hilke herausgefunden?«
    »Uns liegt die Antwort des Telefonproviders vor. Es
ist zutreffend, dass von Nommensens Handy gestern um halb fünf Hoogdaalens
Anschluss angerufen wurde. Das Gespräch dauerte eine Minute und siebzehn
Sekunden.«
    »Das ging aber schnell – ich meine, dass wir so zügig
an diese Auskunft gekommen sind«, sagte Große Jäger.
    »Das liegt an Hilkes Charme«, fügte Christoph an und
nickte in Mommsens Richtung, um ihn zur Fortsetzung des Berichts aufzufordern.
    »Es lässt sich nicht genau lokalisieren, wo der
Standort des Handys war, da die Funkzellen hier auf der Insel großzügig bemessen
sind. Das liegt an der dünnen Besiedelung.«
    »Das stimmt mit der Zeugenaussage von Ingwer
Frederiksen überein. Und Ute Hoogdaalen hat es bestätigt. Sie hat schließlich
das Gespräch angenommen. Beide haben den Anrufer eindeutig als Nommensen
identifiziert.« Christophs Zusammenfassung wurde durch Große Jägers
zustimmendes Nicken bestätigt. »Dann stellt sich die Frage, weshalb Nommensens
Ehefrau schon früher eine Vermisstenanzeige aufgegeben hat, während der
anscheinend Verschollene putzmunter und ohne jeden Argwohn telefoniert.«
Christoph sah Hauptkommissar Thomsen an.
    »Ich habe schon erklärt, dass hier auf der Insel
manches anders läuft als nach den strengen Dienstvorschriften auf dem Festland.
Ich hatte keinen Grund, an Telse Nommensens Sorge zu zweifeln.« Thomsen war
anzumerken, dass er sich unbehaglich fühlte.
    »Trotzdem sollte man …«, begann Große Jäger, aber
Christoph bremste ihn.
    »Das hat seine Richtigkeit. Der Kollege Thomsen hat
genau richtig gehandelt. So wie du, Wilderich. Manchmal ist der gesunde
Menschenverstand klüger als paraphierte Vorschriften.«
    Der Oberkommissar holte tief Luft, schwieg aber
schließlich. Christoph hatte ihn

Weitere Kostenlose Bücher