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Inselkönig

Inselkönig

Titel: Inselkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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unterdrücken, auch
den Reflex, noch einmal zur Arbeitsfläche zu sehen, wo zwei geöffnete Konservendosen
standen, auf denen er die Hausmarke des Discounters mit dem blauen Schriftzug
erkannt hatte.
    »Es geht um den Koffer, den Herr Frederiksen gestern
von der Vogelkoje geholt hat. Er hat ihn im Radlader abgestellt, so wie Herr
Nommensen es gesagt hatte. Wissen Sie, wo der geblieben ist?«
    »Der Radlader?«, stellte sich Hinrichsen dumm.
    Große Jäger öffnete den Mund, und Christoph
befürchtete, der Oberkommissar würde Hinrichsen erklären, wie man sich mit
Husumer Polizeibeamten zu unterhalten hat. Deshalb kam ihm Christoph zuvor und
sagte betont höflich: »Der Koffer, Herr Hinrichsen. Danach suchen wir.«
    »Nee«, erwiderte der Mann und führte den nächsten
Löffel Suppe zum Mund.
    »Wer könnte ihn aus dem Fahrzeug geholt haben?«
    »Weiß nicht.«
    »Haben Sie den Koffer gesehen? Wie sah er aus?«
    Hinrichsen besah sich den Inhalt seines Löffels, als
würde er erst jetzt registrieren, was er aß, sog die Suppe mit einem Schlürfen
von der Vertiefung des Löffels und sagte mit vollem Mund: »Weiß nicht.« Dabei
lief ihm etwas von der Suppe aus dem geöffneten Mund. Mit der linken Hand
wischte er es vom Kinn, bevor sie dann zwischen seinen Beinen verschwand und er
ungeniert einen offensichtlichen Juckreiz bearbeitete.
    Große Jäger stützte sich mit beiden Händen auf der
Wachstischdecke des Tisches ab und beugte sich zu Hinrichsen hinab, dass sein
Gesicht über dem Teller kreiste.
    »Hör mal zu, du Sabbeltasche. Das ist doch nicht
schwer zu verstehen, was mein Kollege wissen möchte. Kannst du nicht in ganzen
Sätzen antworten?«
    Hinrichsen, der genauso unrasiert wie der
Oberkommissar war, grinste. »Nee!«
    »Sollen wir dich mit aufs Revier nehmen, weil du den
Koffer geklaut hast?«
    »Zu Hauke?«, fragte Hinrichsen ungerührt zurück.
    Nachdem Große Jäger fragend Christoph angesehen hatte,
erklärte dieser leise: »Hauke Thomsen, der Leiter der Zentralstation.«
    Hinrichsen schob den Teller zur Seite, pulte mit zwei
Fingern im Mund und kratzte ein Stück Speck aus einer Zahnlücke hervor. Er
schnippte es in den noch halb gefüllten Teller zurück.
    »Muss jetzt los«, sagte er und stand auf. »Bei dem
Scheißwetter da draußen muss ich mit dem Radlader die Promenade frei kratzen.
Gibt sonst Ärger.«
    »Was ist mit dem Koffer?«, erinnerte ihn Große Jäger
an die unbeantwortete Frage.
    »Kannst du Radlader fahren? Einen Betonmischer
bedienen? Einen Kran per Fernbedienung steuern?« Hinrichsen war nahe an Große
Jäger herangetreten. Sein Atem war sicher ebenso schlecht wie der des
Oberkommissars. Als der nicht antwortete, grinste Hinrichsen. »Siehste. Du als
Bulle machst deinen Job. Ich meinen. Deinen Koffer musst du selbst suchen.«
    Hinrichsen unternahm gar nicht erst den Versuch, die
Hand vor den Mund zu halten, als er rülpste.
    »Ich mach dir die Suppe heute Abend noch mal warm«,
rief ihm seine Frau hinterher, als Hinrichsen grußlos die Wohnküche verließ,
griff nach dem Teller, und schüttete dessen Inhalt in den Topf zurück.
    »Das ist nun ein Lotteriespiel. Die Chancen sind
fifty-fifty.« Dabei nickte Große Jäger in Richtung Suppentopf.
    Christoph verstand ihn auch ohne weitere Erklärung.
Bei zwei Personen hatte jeder zur Hälfte die Chance, das aus den Zähnen frei
gepulte Stück Speck erneut serviert zu bekommen.
    »Manchmal ist es gut, wenn man nicht zum Essen
eingeladen wird«, erwiderte Christoph, bevor er sich an Frau Hinrichsen wandte.
    »Ist Ihr Mann schon lange bei Nommensen beschäftigt?«
    Während die Frau in der Küche hantierte, gab sie über
die Schulter zurück: »Schon vor unserer Hochzeit.«
    »Und die war letztes Jahr«, knurrte Große Jäger. »Eine
ausgesprochene Liebesheirat.«
    »Nee. Schon länger her.« Sie drehte sich zum
Oberkommissar um und sah ihn mit einem verklärten Blick an. »Es stimmt. Gemocht
haben wir uns.«
    »So, wie die Menschen auf Föhr Nommensen gemocht
haben?«
    »Wieso das? Der war doch ein Stinkstiefel.« Sie
näherte sich Große Jäger und senkte ihre Stimme. »Stimmt es, dass er tot ist?«
    »So tot wie der Geschmack in Omas Erbsensuppe.« Der
Oberkommissar hatte ebenfalls leise gesprochen, fast gewispert.
    Frau Hinrichsen wischte sich eine vorwitzige
Haarsträhne aus der Stirn. »Das war gut«, sagte sie.
    »Den Nommensen mochte keiner?«
    »Nee. Das war ein richtiger Widerling. Ist man gut,
dass er tot geblieben ist.«
    Christoph

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