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Inselkönig

Inselkönig

Titel: Inselkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Hauptkommissar. Ist das der einzige Schlüssel für die Vogelkoje?«
    »Nein. Soweit ich es in Erfahrung bringen konnte, gibt
es drei. Nommensen hat einen. Und ein gewisser Reimer Matzen.«
    »Donnerwetter«, entfuhr es dem Oberkommissar.
»Ausgerechnet Nommensens Erzfeind hat Zugang zum Tatort.«
    »So einfach ist das nicht«, sagte Mommsen bedauernd.
»Man munkelt, dass es inzwischen aus Gründen der Bequemlichkeit jede Menge
nachgemachter Schlüssel gibt. Einen Überblick hat niemand mehr. Das hat aber
keinen gestört, da es auf dem Gelände der Vogelkoje nichts Wertvolles gibt, was
ungebetene Besucher anlocken könnte. Es ist gut, dass nicht alle Interessenten
einen Schlüssel haben.«
    »Was sind Interessenten?«
    »Die Eigentümer der Vogelkoje. Die Mitglieder der
Gemeinschaft nennt man Interessenten. Es gibt eine bestimmte Anzahl von
Anteilen. Und wenn dieser Anteil vererbt wird, zum Beispiel an zwei, entstehen
aus einem Interessenten zwei halbe. So gibt es auch Viertelinteressenten,
Achtelinteressenten und so weiter.«
    »Dann kommen wir auf dieser Spur nicht weiter. Ich
sehe schon die Pressenotiz: ›Sechs Achtel Mörder gefasst. Ein Viertel ist noch
auf der Flucht.‹« Große Jäger war wieder ernst geworden. »Wenn das eine
Sackgasse ist, verrate mir doch zu guter Letzt, was man mit den Enten gemacht
hat, denen man den Hals umgedreht hat.«
    »Die hat man gegessen. Und weil der Fang recht
einträglich war, wurden die Enten auch gepökelt und in Dosen und Fässern
eingemacht. Man sagt, dass allein auf Föhr in manchen Jahren über
sechzigtausend Enten gefangen wurden. Es gab hier eine Fabrik, die Enten
exportiert hat. Föhrer Krickenten galten als Delikatesse, die beispielsweise
beim Captainsdinner im legendären Luftschiff ›Graf Zeppelin‹ gereicht wurden.«
    Anna zeigte auf ein Glas auf dem Tisch, in dem
Sauerfleisch eingemacht war. »Das ist übrigens eine Föhrer Spezialität: Entensauerfleisch«, erklärte sie.
    Große Jäger nahm das Glas an sich, stieß einen Löffel
hinein und füllte sich eine Portion auf seinen Teller. »Das muss ich jetzt
probieren, wenn mir zuvor alle versichern, dass Nommensen, den man ja auch in
der Vogelkoje gefangen hat, immer noch unbeschädigt im örtlichen
Leichenschauhaus liegt.«
    »Du bist ein Ferkel«, stellte Anna fest und schüttelte
sich leicht.
    »Wie gut, dass du es jetzt auch weißt«, erwiderte der
Oberkommissar ungerührt. »Bevor ich noch ein paar Bier trinke, müsste ich aber
wissen, wo wir nächtigen.«
    »Aus praktischen Gründen haben wir dich und Harm auch
in diesem Gästehaus untergebracht«, sagte Anna. »Zurzeit sind nur wenig
Appartements belegt. Allerdings werden die anderen gerade renoviert.«
    »Was soll das heißen?«
    Anna zeigte auf eine vom Raum, in dem sie sich
aufhielten, abgehende Tür. »Dort.«
    »Was? Mit dir und Christoph in einem Appartement? Und
wo schläft das Kind?«
    Anna zeigte erneut auf die Tür.
    »Wohin führt dieser Flur?«, wollte Große Jäger wissen.
    »Was heißt hier Flur? Das ist ein Zimmer .«
    Alle begannen lauthals zu lachen, als Große Jäger mit
entsetztem Gesichtsausdruck »O Gott!« rief und sich in seinem Sessel nach
hinten fallen ließ.
    Es war gegen zweiundzwanzig Uhr, als Christoph
beschlossen hatte, sich zurückzuziehen. Es spürte die Anstrengungen seines
morgendlichen Einsatzes in der Vogelkoje, die Stunden in der Kälte.
    »Hast du dich erkältet?«, fragte Anna, die neben ihm
saß und ihre Hand auf seine Stirn legte.
    »Ich werde die Party jetzt verlassen.«
    Anna folgte ihm.
    »Was machen wir mit dem angebrochenen Abend?«, fragte
Große Jäger in Mommsens Richtung.
    »Ich muss noch telefonieren.«
    »Viele Grüße an Karlchen«, neckte ihn der
Oberkommissar.
    Karlchen war Mommsens Lebenspartner und sehr
erfolgreich als Animateur tätig. Insbesondere für Kindergeburtstage wurde der
kleine Mann mit der schrillen Kleidung gern gebucht. Auf den ersten Blick hätte
niemand die harmonische Partnerschaft zwischen Karlchen und Mommsen vermutet,
der sich daran gewöhnt hatte, dass ihm die Frauen hinterhersahen.
    Große Jäger zog sich an und erklärte, nachdem ihn die
fragenden Blicke der anderen trafen, er wolle noch eine Zigarette rauchen.
    »Und zu diesem Zweck kleidest du dich, als hättest du
vor, bis zum Nordpol zu wandern?«, fragte Christoph.
    »Das dient nur der Vorbeugung für den Notfall, falls
ich mich in der Eiseskälte verlaufen sollte.«
    Der Oberkommissar wählte die Straße, da die

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