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Inselkönig

Inselkönig

Titel: Inselkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Fußwege
noch nicht durchgängig geräumt waren. Er zog seinen Parka am Hals eng zusammen,
schlug die Kapuze über den Kopf und vergrub seine Hände in die Tiefen der
Taschen. Die Wolken waren einem sternenklaren Himmel gewichen, unter dem es
bitterkalt war.
    Große Jäger begegnete keiner Menschenseele, weder in
der Gmelinstraße noch in der Badestraße. Es wunderte ihn nicht. Selbst in der
Hauptsaison war der Verkehr in Wyk überschaubar.
    Es herrschte eine friedliche Atmosphäre. Die Menschen
hielten sich in den warmen Räumen auf, Licht fiel auf die Straße, und niemand
setzte einen Fuß vor die Tür. Der Weg schien ihm unendlich. Das lag sicher
nicht nur an der Einsamkeit. Unterwegs kamen ihm Zweifel, ob es klug war, noch
einmal nach dem »Nachtleben« von Wyk zu suchen. Gab es das hier überhaupt? Und
dann um diese Jahreszeit?
    Als er das kleine Krankenhaus passierte, war das Licht
hinter vielen Fenstern schon erloschen. Dort lag Nommensen. Dem war es gleich,
ob die Beleuchtung angeschaltet war oder nicht.
    »Bei dieser Kälte hätte man den auch in den Vorgarten
legen können.« Der Oberkommissar führte ein Selbstgespräch. Er folgte der
Straße bis kurz vor den Strand. Gegen den klaren Himmel zeichnete sich die
dunkle Silhouette des Meerwasserwellenbades »Aqua Wyk« ab.
    Große Jäger bog nach links ab und erinnerte sich, dass
es unten am Strand ein kleines Lokal gab. Von Weitem sah er, dass auch dort
alle Lichter erloschen waren.
    »Du bist bescheuert«, sagte er zu sich selbst.
»Welcher Trottel geht freiwillig bei diesem Wetter vor die Tür.«
    Das Hotel und die folgende Kurklinik schienen auch
schon zu schlafen. Er beschloss, die nächste Straße abzubiegen und den Heimweg
anzutreten. An der Straßenecke stutzte er. Hell erleuchtet lud ein Restaurant
zum Besuch ein. Das Haus erinnerte im ersten Moment an die Bourbonstreet in New
Orleans. Die Fassade war reich verziert, und an der Vorderfront zog ein Balkon
mit einem kunstvoll geschmiedeten Geländer die Blicke an. Das Besondere war das
von vier Stangen getragene Dach über dem Balkon. Der rot-weiß gestreifte
Leuchtturm, der am Balkon montiert war, ließ die Illusion von New Orleans
allerdings schnell wieder schwinden. Das galt auch für die Seeräuberfigur, die
an einem Seil die Fassade zu erklimmen schien. Ob das der »glückliche Matthias«
war, überlegte Große Jäger, der diesem Restaurant den Namen verliehen hatte?
Die altertümlich angebrachten Laternen passten ebenso zum Ambiente wie die
kleinformatigen Fenster, an die jemand vor Urzeiten den Schriftzug
»Jägermeister« geklebt hatte. Das ganze Ensemble schien ein Relikt aus
vergangenen Zeiten zu sein. So war es nicht nur die Beleuchtung, die den
Oberkommissar zum Verweilen einlud.
    Im Inneren setzte sich der rustikale Charakter fort.
Große Jäger nahm an einem Tisch Platz, an dem ein älterer Mann vor einer
Teetasse saß. Er brummte etwas in seinen grauen Bart, als sich der
Oberkommissar niederließ.
    Die freundliche Bedienung war schnell zur Stelle.
Große Jäger bestellte einen Pharisäer. Die Wartezeit überbrückte er, indem er
sein Gegenüber musterte. Stumm stierte der Mann an ihm vorbei auf irgendeinen
Punkt an der Wand. In sein Gesicht hatte das Leben Furchen gegraben. Unter den
eisgrauen Brauen lugten klare blaue Augen hervor. Der Hals verschwand in einem
Rollkragenpullover.
    »Bannig kalt«, begann Große Jäger und rieb sich die
Hände.
    »Hmh.«
    »Da ist was Warmes gerade richtig.«
    »Hmh.« Bedächtig griff der Mann seine Teetasse, fasste
sie mit seinen schwieligen Händen zwischen Daumen und Zeigefinger und trank den
Rest aus. Nachdem er sie abgestellt hatte, nahm er die angebrochene
Kornflasche, schüttete einen kräftigen Schluck in die Tasse und füllte mit dem
heißen Tee aus der Kanne nach, die auf einem Stövchen vor ihm stand.
    »Schmeckt das?«
    »Probier’s.«
    »Ich bin hier zu Gast. Heute angekommen.«
    »Hmh.«
    »Ist das hier der einzige Ort, wo was los ist?«
    »Nee.«
    Die Bedienung brachte den Pharisäer. Große Jäger
schüttete Zucker hinein und nahm einen Schluck. Obwohl er sich fast die Zunge
verbrannte, tat das heiße Getränk nach dem Marsch durch die Kälte gut. Er
spürte seine Lebensgeister zurückkehren.
    »Sie sind von hier?«
    Der Mann sah ihn an, als wäre das die dümmste Frage,
die in diesem Lokal je gestellt worden war.
    »Ist es wahr, dass alle Föhringer so schweigsam und
wenig aufgeschlossen gegenüber Fremden sind?«
    »Nee.« Der Mann

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