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Inselkönig

Inselkönig

Titel: Inselkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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griente dabei und zeigte seine
nikotingelben Zähne.
    »Dann habe ich wohl Pech, dass ich einem der
verschlossenen Exemplare gegenübersitze.«
    »Jo.«
    So kam Große Jäger nicht weiter. Er schob seinen Stuhl
ein wenig zurück, schlug ein Bein über das andere und bohrte mit seinem
Zeigefinger durch das Schussloch in seiner Lederweste.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie sich sein
Gegenüber dadurch ablenken ließ.
    »Hab ich aus Afrika. Großwildjagd«, log der
Oberkommissar.
    »Fein.«
    Große Jäger strich sich über seine Bartstoppeln. »Ödes
Kaff«, murmelte er halblaut. »Nix los.«
    Sein Gegenüber trank in aller Seelenruhe von seinem
Tee. »Kannst so nich sag’n«, gab er dann zum Besten.
    »Ach was. Wenn du mit der Fähre ankommst, hast du
alles Aufregende hinter dir gelassen. Drüben, auf dem Festland – ja, da ist Action .
Aber hier? Ich wette, hier geht selbst der Hühnerdieb nach dem Sandmännchen
schlafen.«
    Der Mann nahm seine Tasse hoch und ließ sie vorsichtig
kreisen. Es schien, als beobachte er, wie sich der Kandis auflöste.
    »Wie ich schon sagte: Kannst so nich sag’n.«
    »Tühnkram. Das Wildeste der letzten zehn Jahre war der
Urlauber, der im Supermarkt randaliert hat. Dabei ist ihm nur eine
Konservendose aus der Hand gefallen.«
    »Wenn meinst.«
    Große Jäger spürte, dass er das Interesse des anderen
geweckt hatte. Auch wenn sich der Mann betont schweigsam gab, drängte es ihn,
sein Wissen herauszuposaunen. Deshalb drehte sich der Oberkommissar von seinem
Gegenüber weg und blinzelte in Richtung Nachbartisch.
    »Vielleicht kann man mit denen einen ausklönen«, sagte
er so, als würde er mit sich selbst reden. Nachdem er auch noch seinen Becher
mit dem Rest vom Pharisäer griff und Anstalten unternahm aufzustehen, platzte
es aus seinem Tischnachbarn heraus: »Heute ham sie ein umgebracht.«
    »Dummes Zeug. Doch nicht auf Föhr.«
    »Ehrlich!«
    »Sag bloß.«
    »Jo.«
    Große Jäger winkte ab. »War sicher nur ein
Autounfall.«
    Sein Gegenüber beugte sich über den Tisch, als würde
er dem Oberkommissar ein Geheimnis anvertrauen. »Nix Autounfall. Mord. ‘nen
richtigen Mord.«
    »Wen denn?«, zeigte sich Große Jäger interessiert.
    »So ‘n ganz heißes Ding. Ein von den Reichsten hier
auffe Insel. Wir ham ihn den Inselkönig genannt.«
    »Inselkönig – so ein Blödsinn.«
    »Doch«, beharrte sein Gesprächspartner. »Ich bin der
Wilhelm.«
    »Ich heiße Erich«, stellte sich Große Jäger vor und
zeigte auf den Teepunsch. »Schmeckt das?«
    »Jo.«
    Der Oberkommissar winkte die Bedienung herbei und
bestellte sich »auch so was, wie Wilhelm hat«.
    »Erzähl mal«, forderte er dann seinen neuen Freund
auf.
    »Nommensen heißt der. Hast schon mal was von ihm
gehört?«
    Große Jäger verneinte.
    »Der hat mit nix was angefangen. Von null an. Kluger
Kopf. Er hatte die Ideen. War der Kaufmann. Sein Freund Frederiksen ist der
Handwerker gewesen. Tüchtiger Maurermeister. Der hat die Häuser gebaut, die
Nommensen geplant hatte. Musst nur mal über die Insel gehen. Überall siehst du,
was die beiden hingesetzt haben. Irgendwann hat es Streit gegeben. Keiner weiß,
warum. Unter der Hand erzählt man, dass es um eine Frau ging. Na ja, da haben
die beiden sich getrennt. Aus Nommensen ist was geworden. Dem gehört die halbe
Insel.«
    »Und der andere?«
    »Frederiksen?« Wilhelm klatschte in die Hände, was die
Aufmerksamkeit der Bedienung erweckte. »Der ist pleite.«
    »Wieso das? Hat ihn Nommensen ausgebootet?«
    »So genau weiß ich das nicht. Liegt vielleicht auch
daran, dass ihm die Frau weggelaufen ist.«
    »Du kennst Geschichten«, lobte Große Jäger seinen
Gesprächspartner und animierte ihn, erneut nachzuschenken. »Kann es sein, dass
sich der Inselkönig an Frederiksens Frau herangemacht hat?«
    Wilhelm kicherte. »Ich war nicht dabei. Hab die Lampe
nicht gehalten. Man sagt so. Frederiksen hat danach wohl ein wenig zu tief ins
Glas geschaut. Und um sein Geschäft hat er sich auch nicht mehr gekümmert. Dann
geht das ganz fix, dass du pleite bist.«
    »Das muss schwer gewesen sein für Nommensen, wenn alle
Leute mit dem Finger auf ihn zeigen.«
    »Sollte man meinen. Aber der hat ein dickes Fell. So
dick.« Wilhelm hielt seine beiden Hände hoch und zeigte einen Abstand von einem
halben Meter. Die Geste erinnerte Große Jäger daran, wie Angler anzeigten, wie
groß der Fisch war, der ihnen leider entwischt war.
    »Das kann nur daran liegen, dass die Menschen
Nommensen

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