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Inselkönig

Inselkönig

Titel: Inselkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Körperverletzung
gegeben.«
    »Mehr wissen wir nicht?«, fragte Christoph.
    »Ich wollte weitere Einzelheiten abfragen, aber Matzen
hat sofort wieder aufgelegt.«
    Christoph genoss für einen kurzen Moment die Fahrt
durch die unberührte Winterlandschaft und das nahezu unnatürliche Blau des
Himmels. Dann schweiften seine Gedanken zum Chef ab. Im Zeitraffer huschten
seine Begegnungen mit Polizeidirektor Grothe an ihm vorbei, er sah den
wortkargen Mann mit seiner Zigarre im Mund hinter dem Schreibtisch thronen, in
knappen Worten etwas erklären und sich dann ohne jede Verabschiedung wieder
anderen Aufgaben zuwenden. Christoph erinnerte sich an ihre erste Begegnung vor
fünf Jahren, als er zum ersten Mal zur Husumer Kriminalpolizeistelle an die
Westküste gekommen war. Christoph hatte den Verkehr unterschätzt und sich bei
seinem Antrittsbesuch verspätet.
    »Wir hatten Sie früher erwartet«, waren Grothes erste
Worte gewesen, kein »Hallo«, kein »Guten Tag« oder gar »Moin«.
    Große Jäger hatte einmal festgestellt, er habe den
»Chef« nie außerhalb seines Büros gesehen. Und nun hatte Grothe, der sein Leben
in den Dienst der Polizei gestellt hatte, nicht einmal ein ganzes Jahr den
wohlverdienten Ruhestand in seiner Dithmarscher Heimat genießen können, in
jenem betagten Häuschen im Zentrum von Wesselburen.
    Wofür macht man das? Reibt sich auf und stellt auch
eigene Interessen zurück?, fragte sich Christoph. Du kannst nicht anders, gab
er sich selbst die Antwort. Du magst diesen Beruf. Du magst diese Landschaft,
die Menschen und vor allem die Kollegen, von denen viele in den Jahren zu
Freunden geworden waren. Und einer hatte sich für immer verabschiedet.
Christoph gab sich einen Ruck. Grothe würde unvergessen bleiben, aber mit
Sicherheit hätte sich der Chef alles andere als eine in Sentimentalität
verfallene Truppe gewünscht. Die Leute am Einsatzort, die auf die Hilfe der
Polizei warteten, würden dafür kein Verständnis haben. Das Leben ging weiter.
    Das galt auch für die Angehörigen von Thies Nommensen,
für die Menschen, denen sie im Zuge der Ermittlungen begegnet waren. Und für
den Mörder, der noch nicht zur Rechenschaft gezogen werden konnte, weil er sich
im Verborgenen hielt.
    Immer wieder stellte sich den Polizisten die Frage,
was das Opfer für ein Mensch gewesen war. Viele schienen Thies Nommensen
gehasst oder gefürchtet zu haben. Aber niemand erweckte den Eindruck eines
professionellen oder kaltblütigen Mörders. Die Erfahrung hatte Christoph
gelehrt, dass ein Mensch, der eine solche Tat vollbracht hatte, von innerer
Verzweiflung geplagt war, von Gewissensbissen zerfressen und sich deshalb
häufig verriet. Umso mehr erstaunte es Christoph, dass ihm ein solches
Verhalten im Zusammenhang mit diesem Fall noch nicht begegnet war. Wie groß
musste der Hass auf Nommensen gewesen sein?
    Christoph war derart in seine Gedanken vertieft, dass
er nicht mitbekam, dass sie sich dem Hof näherten.
    Thomsens Kollege reduzierte die aufgrund der
festgefahrenen Schneedecke ohnehin mäßige Geschwindigkeit und bog auf das
Gelände des Hofes ab.
    Reimer Matzen stand auf dem Absatz, der zum Hauseingang
führte. Er hatte sein Jagdgewehr über den linken Unterarm gelegt. Der Lauf
zeigte nach unten.
    »Wird aber Zeit, dass ihr kommt!«, rief er unwirsch
den vier Beamten entgegen. »Da behelligt ihr harmlose Bürger und stellt dumme
Fragen. Und wenn man euch braucht, lasst ihr euch alle Zeit der Welt.«
    »Was ist los, Reimer?«, fragte Thomsen und ging auf
den Bauern zu. »Nun nimm erst mal das Ding weg. Was soll das überhaupt, mit
einem Gewehr zu drohen? Darüber unterhalten wir uns noch eingehender.«
    »Ich habe keinen bedroht. Das würde anders aussehen.
Der Lauf zeigt zur Erde. Außerdem ist das Ding nicht geladen. Glaubst du, ich
bin bekloppt?«
    Thomsen trat an Matzen heran und überzeugte sich, ob
der Mann die Wahrheit gesagt hatte. Zur Bestätigung nickte er in Christophs
Richtung. »Was war hier los?«
    Matzen zeigte auf eine Metalltür an der Frontseite
seines Stalls. »Das ist der Geräteschuppen. Da ist er drin.«
    »Wer?«, fragte Thomsen.
    »Den ich eingefangen habe. Niemand hat das Recht,
unbefugt auf unserem Grund und Boden herumzuschleichen. Das könnt ihr ihm
selbst sagen. Da war schon einmal einer da, der versucht hat, unsere drei
unfertigen Ferienhäuser anzuzünden.«
    »Das wäre eine ideale Lösung Ihrer Probleme«, warf
Große Jäger ein. »Die Bauruinen wären beseitigt, und Sie

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