Inselkönig
Sie
sich sparen. Stattdessen sollten Sie sein Auto kontrollieren.«
»Wie sollte ich Thies Nommensen überredet haben, mit
zur Vogelkoje zu kommen?«, warf Raub ein.
»Mit so was.« Matzen hielt sein Gewehr in die Höhe.
»Nun behaupte nicht, du hast keine Waffe.«
»Ich habe kein Gewehr.« Raub machte einen Schritt auf
Christoph zu. »Bestimmt nicht.«
»Typisch Makler«, fluchte Reimer Matzen. »Wenn er den
Mund aufmacht, lügt er. Du hast dich Inga gegenüber damit gebrüstet, eine
Pistole zu haben. Oder hast du sie Inga nicht gezeigt?«
»Ist das wahr?« Große Jägers Frage klang
einschüchternd.
Raub nickte verlegen. »Ich habe damit niemanden
bedroht, schon gar nicht Thies Nommensen.«
»Haben Sie eine Berechtigung, eine Waffe zu führen?«
»Nein«, gestand Matthias Raub kleinlaut. »Es war mehr
ein Spaß, als mir die Waffe angeboten wurde. Ich habe damit nichts Unrechtes
getan.«
»Wurde damit geschossen?«, wollte der Oberkommissar
wissen.
»Ja. Aber nur zum Spaß.«
»Wie dumm ist die Menschheit eigentlich«, schloss
Große Jäger das Gespräch, »wenn sie nur zum Spaß mit todbringenden Waffen
hantiert?«
Hauptkommissar Thomsen versprach, den Vorgang
bezüglich des unerlaubten Waffenbesitzes weiterzuverfolgen.
Um diese Jahreszeit von regem Verkehr zu sprechen,
wäre übertrieben gewesen. In den letzten Jahren hatte der erholsame
Winterurlaub an der See viele neue Freunde gefunden, und wer Wert auf eine
gesunde Erholung legte und dabei Ruhe und Beschaulichkeit zu schätzen wusste,
der kam zu dieser Zeit an die See.
Nachdem während des Schneesturms kaum ein Mensch den
Fuß vor die Tür gewagt hatte, begegnete man jetzt wieder denen, die ihre
alltäglichen Besorgungen verrichteten. Erstaunlich schnell hatten sich die
Insulaner und ihre Gäste an die winterlichen Verhältnisse angepasst.
Vor dem Haus der Hoogdaalens türmten sich am
Fahrbahnrand noch die Schneeberge.
»Mein Mann ist auch da«, begrüßte sie Ute Hoogdaalen.
Frerk Hoogdaalen saß im Wohnzimmer. Auf seinem Schoß
hatte sich die kleine Johanna an ihren Vater gekuschelt. Beide starrten auf den
Fernsehapparat, auf dem ein Privatsender eingestellt war, der seine Zuschauer
im Augenblick mit einer Werbeunterbrechung erfreute.
»Zuerst fand ich die private Konkurrenz ja gut«,
raunte Große Jäger Christoph zu, »aber seit Langem habe ich festgestellt, dass
ich gar nicht so oft neues Bier holen oder pinkeln gehen kann, wie die ihre
Sendungen unterbrechen.« Dann sprach er Hoogdaalen an. »Spannend?«
Der Mann schenkte ihm keine Beachtung, sondern knurrte
etwas Unverständliches.
»Wieso arbeiten Sie nicht? Thönnissen hat uns den
Eindruck vermittelt, als würde gegenwärtig jede Hand doppelt gebraucht.«
Christoph hatte es Große Jäger überlassen, das
Gespräch zu führen.
»Das war gestern«, sagte Hoogdaalen, ohne seinen Blick
vom Fernsehapparat zu lassen.
»Sind alle Schneemassen abgeräumt, und Thönnissen
gewährt Ihnen eine Verschnaufpause?«
»Thönnissen! Der ist nur der Disponent. Eigentlich ist
er in Ordnung. Ich möchte seinen Job nicht haben. Der bekommt Druck von allen
Seiten.«
»Wer hat Ihnen freigegeben?«
»Mensch! Ich habe nicht freibekommen. Die brauchen
mich nicht. Hast du das nicht kapiert?«
»Bengt Frederiksen?«
»Ist doch scheißegal. Die ganze Bande kannst du in die
Tonne kloppen. Da ist einer wie der andere. Der junge Schnösel glaubt, sich
alles unter den Nagel reißen zu können. Dabei ist der doof wie
Schifferscheiße.«
»Ferk!«, kam ein ermahnender Zwischenruf seiner Frau.
»Denk an Johanna.«
»Ist doch wahr«, erwiderte Hoogdaalen eine Spur leiser
und zog seine Tochter an sich. Dann küsste er ihr sanft die Stirn.
»Bei unserer ersten Begegnung ist mir schon
aufgefallen, dass Sie sich sehr derb geben«, warf Christoph ein.
»Ich rede so, wie mir der Schnabel gewachsen ist.«
»Sie haben sehr unfreundliche Worte über den Toten von
sich gegeben. Es hat auch nicht an Drohungen gemangelt.«
»Das ist alles ein Pack. Diese ganze Sippe. Die
benehmen sich, als wären sie etwas Besonderes. Die sollte man alle …«
Hoogdaalen ließ offen, was er der Familie Nommensen wünschte.
Große Jäger hatte sich, ohne dazu eingeladen zu sein,
neben Frerk Hoogdaalen gesetzt.
»Hör mal«, begann er, »ich verstehe deinen Ärger. Wenn
man immer der Getretene ist, dann steht es einem bis hier.« Er hielt seine Hand
an die Unterlippe. »Nur eines verstehe ich nicht: Wenn du so sauer auf die
Leute
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