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Inseln im All -: Roman (German Edition)

Inseln im All -: Roman (German Edition)

Titel: Inseln im All -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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war nicht etwa so, dass ich Norman nicht leiden konnte, aber so allmählich wurde ich seiner dauernden Foppereien ein bisschen überdrüssig.
    Plötzlich rief jemand von der anderen Seite des Zimmers her:
    »Die ›Canopus‹ startet!«
    Wir stürzten alle zu den kleinen runden Ausguckfenstern, um in den Raum hinauszublicken. Es dauerte einige Zeit, bis ich mich weit genug vordrängeln konnte, aber dann presste ich mein Gesicht gegen die dicke, transparente Kunststoffscheibe und spähte hinaus.
    Die »Canopus« war das größte Schiff der Marslinie. Sie hatte ein paar Wochen hier gelegen, um die routinemäßige Inspektion und Überholung über sich ergehen zu lassen. Während der letzten zwei Tage hatte sie dann Treibstoff und Passagiere an Bord genommen; jetzt war sie langsam von der Station abgetrieben, bis sie nun schließlich mehrere Kilometer von uns entfernt war. Ebenso wie die Wohnstation rotierte auch die »Canopus« um ihre Mittelachse, um für die Passagiere eine künstliche Schwerkraft zu erzeugen. Auch in der Form ähnelte sie mehr einer Raumstation als einem der stromlinienförmigen Weltraumschiffe, wie man sie sich früher vorgestellt hatte; sie sah aus wie ein riesiges Schwungrad. In der Mitte befanden sich die Kraftanlagen und Triebwerkeinheiten, und die Kabinen und die Mannschaftsquartiere bildeten einen ringförmigen Wulst darum. Während der Reise würde man die Eigenrotation des Schiffes langsam vermindern, so dass die Passagiere bereits an die Marsschwerkraft gewöhnt sein würden, wenn sie dort ankamen. Auf der Rückreise würde man es dann umgekehrt machen.
    Der Aufbruch eines Raumschiffes von einer Satellitenbahn aus ist bei weitem kein so erregendes Schauspiel wie etwa der Start einer Rakete von der Erde. Zunächst einmal geht natürlich alles in absoluter Stille vor sich, da ja die Luft fehlt, um die Schallwellen zu übertragen – und dazu noch sehr langsam. Außerdem sieht man weder Flammen noch Rauch; nur einen dünnen nebligen Strahl aus den Düsen konnte ich sehen. Dann begannen die großen Abstrahlfinnen aufzuglühen – erst kirschrot und dann in unerträglich greller Weißglut –, als die überschüssige Hitze der Kraftanlage in den Raum abgestrahlt wurde. Das Schiff mit seinen Tausenden Tonnen Masse gewann langsam an Geschwindigkeit; freilich würde es noch viele Stunden dauern, bis die Geschwindigkeit groß genug war, um das Schiff der Anziehungskraft der Erde zu entreißen. Die Rakete, die mich zu der Station gebracht hatte, war etwa mit der hundertfachen Beschleunigung angetrieben worden; dieses riesige Schiff dagegen konnte lange Zeit stetig ganz sanft beschleunigt werden und würde dadurch nach Wochen eine Endgeschwindigkeit von fast achthunderttausend Kilometer pro Stunde erreichen.
    Nach fünf Minuten war die »Canopus« schon mehrere Kilometer von uns entfernt und bewegte sich mit wachsender Geschwindigkeit von unserer Satellitenbahn fort auf den Kurs, der sie zum Mars führen würde. Ich starrte ihr sehnsüchtig nach und fragte mich, wann auch ich wohl einmal eine solche Reise machen würde. Norman schien aus meinem Gesichtsausdruck meine Gedanken erraten zu haben, denn er lachte in sich hinein und sagte:
    »Du überlegst wohl gerade, wie du dich als blinder Passagier an Bord des nächsten Schiffes schmuggeln könntest, wie? Den Gedanken gib nur gleich wieder auf. Es ist ganz unmöglich. Oh, ich weiß – in Romanen kommt das oft genug vor, aber die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Es gibt zu viele Sicherheitsvorkehrungen dagegen. Und weißt du, was mit einem blinden Passagier geschehen würde, wenn man ihn findet?«
    »Nein«, antwortete ich und versuchte dabei möglichst gleichgültig zu erscheinen; denn um die Wahrheit zu sagen: Ich hatte wirklich mit diesem Gedanken gespielt.
    Norman rieb sich grinsend die Hände.
    »Nun, ein überzähliger Mann an Bord würde für die anderen eine ganz bestimmte Menge weniger Sauerstoff und Nahrung bedeuten, und außerdem würde seine Anwesenheit die ganzen Treibstoffberechnungen über den Haufen werfen. Deshalb wird er einfach über Bord geworfen.«
    »Dann ist es ja gut, dass noch nie jemand den Versuch unternommen hat«, sagte ich, ohne ihm ein Wort davon zu glauben.
    »Das ist richtig. Aber natürlich hätte ein blinder Passagier ohnehin nicht die geringste Chance; er würde entdeckt werden, bevor das Schiff überhaupt gestartet wäre. In einem Raumschiff gibt es einfach nicht genug Platz, dass man sich verstecken könnte, ohne

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