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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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hatte den Flughafen und die Zufahrten besetzt. Ein gesprengter Lastwagen am Straßenrand schwelte vor sich hin – vermutlich war er in ausgestreute Büroklammerminen geraten.
    Der Hubschrauber trug sie über die Einzäunung. Vor dem Abfertigungsgebäude drängten sich die Luxuslimousinen. Milizionäre in Tarnjacken und Stahlhelmen patrouillierten die Einzäunung des Flughafengeländes und die Flächen im Innern mit langen Bambusstangen. Minensucher. Als der Hubschrauber auf dem grasdurchsetzten Asphalt niederging, hörte Laura einen scharfen Knall und sah etwas aufblitzen, als ein Minenräumgerät fündig wurde.
    »Passen Sie auf, wohin Sie treten«, sagte der Pilot in munterem Ton, als er die Ladeluke aufstieß. Ein junger Milizionär in Tarnuniform, ungefähr neunzehn, schien Gefallen an der nächtlichen Aktion zu finden. Jede Art von Zerstörung war aufregend - daß die Leidtragenden seine eigenen Landsleute waren, schien zweitrangig. Laura und David sprangen auf den Asphalt, zogen ihren Koffer und das schlafende Baby in der Tragetasche aus der Maschine.
    Der Hubschrauber startete. Ein kleiner Gepäckwagen rollte in der Dunkelheit vorbei. Jemand hatte vorne zwei Besen mit Draht befestigt. Laura und David schlurften, die Blicke auf den Boden gerichtet, langsam und vorsichtig zu den Lichtern des Abfertigungsgebäudes. Es war nur dreißig Schritte entfernt. Sicherlich hatte jemand diese Fläche bereits nach Minen abgesucht… Sie umgingen einen hellvioletten Sportwagen. Zwei fette Männer mit Video-Make-up lagen schlafend oder betrunken in den samtbezogenen Schalensitzen des Wagens.
    Soldaten schrien ihnen zu, winkten. »He! Weg da, ihr Leute! Kein Plündern!«
    Sie erreichten den langen Säuleneingang des Abfertigungsgebäudes. Flutlichtlampen verbreiteten blendende Helligkeit. Eine der großen Glasscheiben am Eingang war eingeschlagen oder herausgesprengt; das Innere des Gebäudes war vollgestopft mit Menschen. Aufgeregtes Stimmengewirr, Körpergerüche, Füßescharren. Eine kubanische Verkehrsmaschine hob draußen vom Flugfeld ab. Das Zischen ihrer Triebwerke ging im Lärm der Menschenmenge unter. Ein Soldat mit Achselklappen packte David beim Arm. »Papiere. Paß oder Ausweis.«
    »Haben wir nicht«, sagte David. »Wir wurden ausgebrannt.«
    »Keine Platzreservierung, keine Tickets?« sagte der Mann.
    Er mußte Offizier sein. »Ohne Tickets können Sie nicht weg.« Er musterte ihre Standardkleidung, betrachtete ihre Brillen. »Woher haben Sie diese Fernsehgläser?«
    »Gould und Castleman haben uns geschickt«, log Laura. Sie hob eine Hand an die Brille. »Havanna ist für uns nur Zwischenlandung. Wir sind Zeugen. Kontaktpersonen für die Außenwelt, verstehen Sie.«
    »Ja«, sagte der Offizier. Und nach kurzem Zögern winkte er sie durch.
    Sie tauchten rasch in der Menge unter. »Das war brillant«, sagte David. »Trotzdem haben wir keine Tickets.«
    (»Das können wir regeln«,) sagte Emerson. (»Wir haben jetzt die kubanische Luftlinie an der Leitung. Sie organisiert die Evakuierung - wir können Ihnen den nächsten Flug besorgen.«)
    »Großartig.«
    (»Sie sind beinahe zu Hause - versuchen Sie, sich nicht zu sorgen.«)
    »Danke, Atlanta. Solidarität.« David überblickte die Menge. Er schätzte sie auf mindestens dreihundert Köpfe. »Sieht aus wie eine Versammlung von verrückten Wissenschaftlern…«
    Er hatte recht. Der Flughafen wimmelte von Anglos und Europäern mit verschlossenen Mienen - sie schienen sich ziemlich gleichmäßig auf gutgekleidete Exilgangster und vom schnellen Geld angelockte Wissenschaftler und Techniker zu verteilen, die sich in Kleidung und Benehmen den Einheimischen angeglichen hatten. Dutzende saßen auf ihrem Gepäck und hielten nervös die Koffer und Taschen mit ihrer Beute fest. Laura stieg über die Füße einer schlanken Schwarzen, die auf einem Haufen Luxusgepäck schlief, einen THC-Aufkleber am Hals. Ein halbes Dutzend zwielichtige Gestalten in bunten
    Trinidad-Hemden vertrieben sich die Zeit mit einem Crapspiel am Boden und riefen aufgeregt in einer osteuropäischen Sprache durcheinander. Zwei kreischende Zehnjährige verfolgten einander durch eine Gruppe von Männern, die methodisch Tonträgerkassetten zerschlugen.
    »Sieh mal«, sagte David und zeigte zu einer Gruppe weißgekleideter Frauen am Rand der Menge. Ihre Gesichter trugen einen Ausdruck gemessener Geringschätzung zur Schau. Krankenschwestern, dachte Laura. Oder Nonnen.
    »Die Kirche von Ischtar«, sagte

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