Inseln im Netz
legte die müden Beine auf den Sessel gegenüber. Warme Gartenluft mit dem schweren Duft der Ylang-Ylang. Noch kein Regen. Die Luft war voll Spannung.
Draußen am Tor gingen die Lichter an. Laura hob den Kopf. Die zwei Nachtwachen - sie kannte ihren Namen nicht - waren aus ihrem Unterstand gekommen und sprachen in Funksprechgeräte.
Sie hörte ein platzendes Geräusch in der Höhe. Nicht laut, unauffällig wie das Knacken eines Dachbalkens. Dann ein zweites Geräusch: ein schwach metallisches Bonk, und ein Rascheln. Ganz leise, wie landende Vögel.
Etwas war auf das Blechdach eines der Türme gefallen und von dort auf die Schindeln des Hauses.
Grellweißer Lichtschein ergoß sich lautlos über den Garten. Weiße Glut vom Dach des Herrenhauses. Die Wächter blickten erschrocken auf, rissen instinktiv die Arme hoch, wie schlechte Schauspieler.
Das alte Schindeldach begann zu knistern.
Laura sprang auf und schrie aus Leibeskräften. Sie rannte durch das dunkle Haus ins Schlafzimmer. Das Baby war aus dem Schlaf gerissen und schrie vor Angst. David saß benommen im Bett. »Das Haus brennt«, sagte sie.
Er katapultierte sich aus dem Bett und fuhr in die Hosen.
»Wo?«
»Das Dach. Brandbomben, glaube ich.«
»Lieber Gott«, sagte er. »Nimm du Loretta, und ich hole die anderen.«
Sie steckte Loretta in ihre Tragtasche und warf ihre Kleider in einen Koffer. Als sie damit fertig war, konnte sie Rauch riechen. Und ein knackendes, knisterndes Tosen durchdrang das Gebäude.
Sie schleppte den Koffer und das Baby hinaus, ließ beides hinter dem Springbrunnen zurück und wandte sich um, David zu suchen. Einer der Ecktürme war in Flammen gehüllt. Feuer hatte den westlichen Teil des Dachstuhls ergriffen und verbreitete sich rasend schnell.
Rajiv und Jimmy kamen heraus, zwischen sich eine hustende, schluchzende Rita. Laura lief zu ihnen, bohrte ihre Fingernägel in Rajivs nackten Arm. »Wo ist mein Mann?«
»Bedaure sehr, Madam«, murmelte Rajiv. Er zog nervös an seiner rutschenden Hose. »Bedaure sehr, Madam…«
Sie stieß ihn so heftig beiseite, daß er das Gleichgewicht verlor und hinfiel. Ohne auf die Zurufe des Personals zu achten, rannte sie die Treppe hinauf und wieder ins Haus.
David war im Schlafzimmer. Er hielt sich gekrümmt, einen nassen Waschlappen vor das Gesicht gedrückt. Er trug seine Videobrille und hatte ihre über seinen Kopf geschoben. Die Weckeruhr klemmte unter seinem Arm. »Einen Augenblick noch«, murmelte er und sah durch die Brille zu ihr auf. »Muß meinen Werkzeugkasten finden.«
»Dummes Zeug, David, komm jetzt!« Sie zog an seinem Arm, und nach kurzem Widerstreben folgte er ihr hinaus.
Dort mußten sie vor der Strahlungshitze zurückweichen. Die Räume im Obergeschoß begannen einer nach dem anderen zu explodieren. David ließ seinen Waschlappen sinken. »Überschlag«, sagte er und starrte auf das schaurige Schauspiel.
Eine Faust schmutziggelber Flammen durchstieß ein Obergeschoßfenster. Glasscherben spritzten über den Rasen. »Die Hitze baut sich auf«, murmelte David. »Dann entzündet sich der ganze Raum auf einmal. Und der Gasdruck sprengt Wände und Fenster heraus.«
Die Soldaten drängten sie weg. Sie hielten ihre nutzlosen Fesselgewehre wie Polizeistöcke in Brusthöhe. David wich zögernd zurück, hypnotisiert vom Zerstörungswerk. »Ich habe Computersimulationen davon gemacht, aber nie gesehen, wie es sich in Wirklichkeit abspielt«, sagte er, mehr zu sich selbst als zu ihr. »Gott, was für ein Bild!«
Laura stieß einen der jungen Soldaten weg, als er ihr auf den bloßen Fuß trampelte. »Gib acht, wohin du trittst, du Tölpel! Wo, zum Teufel, ist die Feuerwehr, wenn ihr in diesem gottverlassenen Loch eine habt?«
Der Junge wich einen Schritt zurück und ließ die Waffe sinken. »Sehen Sie zum Himmel!« Er zeigte nach Nordosten.
Am Nordhorizont lag die tiefhängende Wolkendecke im Widerschein von Bränden, erhellt wie ein Sonnenaufgang, in einem häßlichen Schmutzigorange. »Was kann das sein?« überlegte David. »Das ist meilenweit entfernt… Laura, das ist Point Sauteur. Muß der ganze Komplex vor der Küste sein. Das ist ein Raffineriebrand!«
Ein entfernter schmutziger Blitz zuckte über die Wolken. »Mann, ich hoffe, sie haben nicht den Tanker getroffen«, sagte David. »Und hoffentlich haben die armen Schweine auf diesen Bohrinseln Rettungsboote.« Er fummelte an seinem Ohrhörer. »Kriegen Sie alles mit, Atlanta?«
Laura zog ihre Videobrille von
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