Inseln im Strom
Schoß. Es spielte keine Rolle für ihn, wessen Schoß es war.
«Wir können sie beide lieben, Boy. Sieh sie dir gut an. Solche Frauen kriegst du nicht mehr zu sehen.»
«Ist es der, der mit dir schläft?»
«Ja. Oder gibt es etwas, was dagegenspräche?»
«Nein. Er gefällt mir besser als der Mann, mit dem ich jetzt schlafe, und er ist auch ungefähr so traurig.»
«Müssen wir über ihn reden?»
«Nein. Und du mußt auch nicht so tun, als wenn du nicht auf See gewesen wärst. Du hast dir die Augen verbrannt, und man sieht die weißen Striche in den Augenwinkeln, und dein Haar ist ausgebleicht, als hättest du dir was darauf getan…»
«Und ich habe mir einen Seemannsschritt zugelegt und einen Papagei auf der Schulter, und wer mir in die Quere kommt, der kriegt eins mit dem Holzbein. Paß auf, Darling, ich muß gelegentlich auf See hinaus, denn ich male Seestücke für das naturgeschichtliche Museum. Nicht einmal der Krieg darf uns bei unseren Forschungen stören.»
«Sie sind heilig», sagte sie. «Erledigt. Ich werde mir die Lüge merken. Tom, du machst dir wirklich nichts mehr aus ihr?»
«Nicht das geringste.»
«Du liebst mich noch?»
«Habe ich das nicht bewiesen?»
«Es hätte eine von deinen Rollen sein können. Die Rolle vom Geliebten, der ewig treu ist, gleichviel, bei wieviel Huren man ihn trifft. ‹Du bist mir nicht treu gewesen, Cynara, nicht auf deine Art.›»
«Ich habe dir immer gesagt, daß du literarischer bist, als es dir guttut. Ich war mit neunzehn fertig mit dem Gedicht.»
«Ja. Und ich hab dir immer gesagt, du solltest arbeiten und malen, wie es sich für dich gehört, und keinen Unsinn machen und dich nicht in andere Leute verlieben…»
«Sie heiraten, meinst du.»
«Nein. Daß du sie heiratest, ist schlimm genug. Aber du verliebst dich in sie, und dann habe ich einfach keine Achtung mehr vor dir.»
«Da ist sie wieder, die alte Liebe, an die ich mich erinnere. ‹Und dann habe ich einfach keine Achtung mehr vor dir.› Das kauf ich dir mal ab, es kann kosten, was es will. Und dann ziehe ich es aus dem Verkehr.»
«Ich habe Achtung vor dir. Und du liebst sie nicht, ja?»
«Ich liebe dich, und ich respektiere dich, und ich liebe sie nicht.»
«So ist es gut. Ich bin bloß froh, daß ich so krank bin und das Flugzeug verpaßt habe.»
«Du weißt, daß ich dich wirklich respektiere und jede idiotische Sache respektiere, die du tust oder aufgestellt hast.»
«Und du gehst wunderbar mit mir um und hältst alle deine Versprechen.»
«Was habe ich dir gleich letztes Mal versprochen?»
«Ich weiß nicht mehr. Du hast es sowieso nicht gehalten.»
«Wollen wir nicht aufhören, Schöne?»
«Ich hätte am liebsten schon Schluß gemacht.»
«Vielleicht schaffen wir’s. Wir haben ja die meisten Sachen gestrichen.»
«Das ist nicht wahr, die Beweise liegen vor. Du bildest dir nur ein, daß es genügt, eine Frau zu lieben. Du denkst nie daran, daß sie auch stolz auf dich sein will. Und du denkst auch nicht an die kleinen Zärtlichkeiten.»
«Und mich wie ein Baby zu benehmen wie die Männer, die du liebst und um die du dich kümmerst, vergesse ich auch immer.»
«Wäre es nicht wirklich möglich, daß du mich etwas mehr brauchtest und mich nötig machtest, und es nicht immer bloß bei diesem elenden ‹Gib’s› und ‹Nimm’s› bliebe und diesem ‹Nimm’s wieder weg, ich mag nicht›?»
«Jetzt kriege ich meine Lektion. War es das, weshalb wir hierhergefahren sind?»
«Wir sind hierhergefahren, weil ich dich liebe, und ich möchte, daß du dich wirklich verdienst…»
«Und dich und Gott und alle anderen Abstraktionen dazu. Ich male nicht einmal abstrakt. Du könntest genausogut Toulouse-Lautrec gebeten haben, sich vor dem Puff zu hüten, und Gauguin vor der Syphilis, und Baudelaire, zeitig nach Hause zu kommen. Ich tauge nicht soviel wie sie, aber so machst du’s.»
«Das hätte ich nie getan.»
«Doch. So bist du, und mit deiner Arbeit und deiner gottverdammten Arbeitszeit bist du genauso.»
«Ich würde sie aufgegeben haben.»
«Klar, weiß ich. Dafür hättest du in den Nachtclubs gesungen, und ich hätte den Rausschmeißer gespielt. Weißt du noch, wie wir das mal geplant hatten?»
«Hast du etwas von Tom gehört?»
«Es geht ihm gut», sagte der Mann und merkte, wie dieses sonderbare Prickeln über seine Haut lief.
«Er hat mir drei Wochen nicht geschrieben. Und dabei würde er mir, seiner Mutter, doch schreiben. Er hat immer so fleißig
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