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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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sagte sie und setzte sich im Auto zurecht. «Sieh mal», sagte sie, «den repräsentativen Teil der Stadt haben wir jetzt hinter uns, und jetzt wird es schmutzig und rauchig. War es nicht immer so bei uns?»
    «Manchmal.»
    «Ja», sagte sie. «Manchmal.»
    Danach blickten sie in den Schmutz und den Qualm, und ihre schnellen Augen und ihre wunderbare Intelligenz ließen sie alles sofort erkennen, wozu er so viele Jahre gebraucht hatte.
    «Jetzt wird’s wieder besser», sagte sie. Sie hatte ihn nie belogen in seinem Leben, und er hatte es auch versucht, nicht zu lügen, aber er war nicht sehr erfolgreich gewesen.
    «Liebst du mich noch?» fragte sie. «Sage es mir bitte ohne jede Verzierung.»
    «Ja. Du müßtest es wissen.»
    «Ich weiß es», sagte sie und hielt ihn fest, um es ihm zu beweisen, falls es sich beweisen ließ.
    «Wer ist der Mann?»
    «Wir wollen nicht über ihn reden, er würde dich nicht interessieren.»
    «Vielleicht nicht», sagte er und hielt sie so fest umarmt, daß er sie zerbrochen hätte, wenn es ihnen beiden wirklich ernst gewesen wäre. Es war ihr altes Spiel, und sie zerbrach. Es war ein ganz glatter Bruch.
    «Du hast keinen Busen», sagte sie, «kein Wunder, daß du immer gewinnst.»
    «Ich sehe nicht so aus, als könnte ich dir das Herz brechen. Ich habe auch nicht, was du hast, und diese langen, hübschen Beine.»
    «Dafür hast du was anderes.»
    «Ja», sagte er, «letzte Nacht habe ich einen Kater und ein Kopfkissen geliebt.»
    «Mit dem Kater nehm ich’s auf. Wie weit ist es noch?»
    «Elf Minuten.»
    «Das ist zu weit, wie es jetzt steht.»
    «Soll ich fahren? Ich schaffe es in acht Minuten.»
    «Bitte nicht. Denk daran, was ich dir alles über Geduld beigebracht habe.»
    «Das war die intelligenteste und blödeste Lektion, die ich je gelernt habe. Du mußt es mir wieder ein bißchen beibringen.»
    «Hast du es nötig?»
    «Nein, es sind nur noch acht Minuten.»
    «Ist es hübsch bei dir? Ist das Bett groß?»
    «Das werden wir ja sehen», sagte Thomas Hudson. «Kommen dir schon wieder die alten Zweifel?»
    «Nein», sagte sie, «ich will nur in ein großes, großes Bett. Ich muß die Army vergessen.»
    «Ich habe ein großes Bett», sagte er, «wenn’s auch vielleicht nicht ganz so groß ist wie die Army.»
    «Du brauchst jetzt nicht rüde zu sein», sagte sie. «Immer wenn es einmal hübsch ist, hört es damit auf, daß sie mir die Fotos von ihren Frauen zeigen. Du müßtest die Luftlandetruppen nur erleben.»
    «Lieber nicht. Wir fahren in Ballast und wassern nicht, jedenfalls sagt man nicht so.»
    «Darfst du mir irgend etwas davon erzählen?» fragte sie. Sie hatte ihre Hand jetzt in seine Tasche gesteckt.
    «Nein.»
    «Du würdest nie etwas sagen, das mag ich an dir. Aber wissen möcht ich’s schon, und die Leute fragen mich danach, und ich mache mir Sorgen.»
    «Dann mußt du eben neugierig bleiben, aber mach dir jedenfalls keine Gedanken», sagte er. «Weißt du, daß mal eine Katze an Neugier gestorben ist? Ich habe einen Kater, der elend neugierig ist.» Er dachte an Boise, und dann sagte er: «Sorgen bringen Geschäftsleute um, im zartesten Alter. Müßte ich mich eigentlich um dich sorgen?»
    «Nur was die Schauspielerin betrifft, und auch da nicht allzusehr. Jetzt müssen es bloß noch zwei Minuten sein. Die Gegend ist hübsch jetzt, ich mag sie. Kriegen wir etwas zu essen im Bett?»
    «Und können wir hinterher schlafen?»
    «Ja, das ist keine Sünde, solange wir das Flugzeug nicht verpassen.»
    Der Wagen fuhr jetzt die steile, alte, steingepflasterte Einfahrt hinauf, zwischen den großen Bäumen an beiden Seiten.
    «Hast du etwas zu verpassen?»
    «Dich», sagte er.
    «Ich meine, etwas Dienstliches.»
    «Sehe ich aus, als wenn ich im Dienst wäre?»
    «Es könnte sein, du warst immer ein guter Schauspieler… der miserabelste, den ich je erlebt habe. Ich liebe dich, mein lieber Verrückter», sagte sie. «Ich habe dich in allen deinen großen Rollen gesehen. Am liebsten habe ich es gemocht, als du den treuen Ehemann gespielt hast. Da warst du fabelhaft. Und auf der Hose hattest du einen großen, nassen Fleck, und jedesmal, wenn du mich ansahst, wurde er größer. Ich glaube, es war im Ritz.»
    «Damals habe ich den treuen Ehemann am besten gespielt», sagte er. «Wie Garrick vor dem Old Bailey.»
    «Du kriegst es ein bißchen durcheinander», sagte sie. «Am besten warst du auf der ‹Normandie›.»
    «Als sie ausbrannte, war mir sechs Tage lang alles

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