Inseln im Strom
geliebt, aber wir waren auch Rivalen.»
«Ich weiß, und das hätten wir nicht sein sollen. Aber, nicht wahr, du liebst sonst niemanden? Jetzt, wo wir nichts anderes mehr haben.»
«Bestimmt nicht.»
«Ich liebe auch niemanden. Denkst du, daß wir wieder zusammenkommen könnten?»
«Ich weiß nicht, ob wir es schaffen, aber wir könnten es versuchen.»
«Wie lange kann der Krieg dauern?»
«Frag den Besitzer.»
«Kann er jahrelang dauern?»
«Ein paar Jahre bestimmt.»
«Und ist es möglich, daß du umkommst?»
«Das ist leicht möglich.»
«Das ist schlimm.»
«Und wenn ich durchkomme?»
«Ich weiß nicht. Würden wir wieder anfangen, gehässig zu sein, jetzt, wo Tom tot ist?»
«Ich könnte es versuchen. Ich bin nicht gehässig. Ich hab auch gelernt, mich nicht mehr zu streiten. Bestimmt.»
«Bei wem? Bei den Huren?»
«Vermutlich. Aber wenn wir zusammenbleiben, brauche ich sie nicht mehr.»
«Du kannst immer alles so hübsch einfach machen.»
«Laß uns nicht wieder anfangen.»
«Nein. Nicht in dem Haus, in dem ein Toter liegt.»
«Das hast du schon einmal gesagt.»
«Ich weiß, verzeih mir», sagte sie. «Aber ich weiß nicht, wie ich’s anders sagen soll, ich meine es doch so. Ich fange schon an, mich daran zu gewöhnen.»
«Du wirst dich noch mehr daran gewöhnen, nur daß es genauso schlimm ist wie vorher. Du gewöhnst dich noch daran.»
«Willst du mir alles sagen, was du weißt, daß ich mich schneller daran gewöhnen kann? Auch das Schlimme?»
«Ja», sagte er. «Mein Gott, ich liebe dich.»
«Das hast du immer getan», sagte sie, «und jetzt sag mir’s.»
Er saß vor ihr auf der Matte und sah sie nicht an. Er sah auf Boise, den Kater, der auf der Matte lag, wo die Sonne hinschien.
«Er ist abgeschossen worden, von einem Flakschiff bei einem Routineflug vor Abbeville.»
«Ist er ausgestiegen?»
«Nein. Sein Flugzeug brannte. Er muß verwundet gewesen sein.»
«Hoffentlich», sagte sie. «Hoffentlich war er’s wirklich.»
«Ich glaube fest, daß er’s war. Er hatte Zeit zum Aussteigen.»
«Du sagst mir die Wahrheit? Sein Fallschirm hat nicht gebrannt?»
«Nein», log er. Für heute war es genug.
«Von wem weißt du es?»
Er sagte den Namen des Mannes. «Dann ist es wahr», sagte sie. «Ich habe keinen Sohn mehr, und du auch nicht. Ich glaube, wir müssen das begreifen lernen. Weißt du sonst noch etwas?»
«Nein», sagte er so aufrichtig wie möglich.
«Und alles geht weiter?»
«Alles geht weiter.»
«Was?»
«Nichts», sagte er.
«Kann ich hierbleiben und bei dir sein?»
«Ich glaube, es wäre nicht gut, denn sobald das Wetter es zuläßt, muß ich wieder auslaufen. Du hast nie über etwas geredet, was ich dir gesagt habe, und alles für dich behalten. Begrab das einfach.»
«Aber bis du auslaufen mußt, könnte ich hierbleiben, und ich könnte warten, bis du zurückkommst.»
«Das geht auch nicht gut», sagte er. «Wir wissen nie, wann wir zurück sind, und es würde noch schlimmer für dich, denn du hättest nichts zu tun. Bleib, wenn du willst, bis wir weg müssen.»
«Gut», sagte sie. «Ich bleibe, bis du weg mußt, und von Tom denken wir alles, was wir wollen. Und sobald du denkst, daß es richtig ist, schlafen wir wieder miteinander.»
«Tom hatte nie etwas mit dem Schlafzimmer zu tun.»
«Nein. Und die anderen Geister treibe ich aus.»
«Jetzt laß uns wirklich etwas essen und ein Glas Wein trinken.»
«Eine Flasche», sagte sie. «War Tom nicht entzückend und so komisch und gutherzig?»
«Woraus bist du bloß gemacht?»
«Aus allem, was du liebst, und etwas Stahl ist auch dabei.»
«Ich weiß gar nicht, was mit den Haus-Boys ist», sagte Thomas Hudson. «Sie haben mich heute nicht zurückerwartet, aber einer müßte wegen des Telefons da sein. Ich hol den Wein. Er muß jetzt kalt sein.»
Er öffnete die Flasche und goß zwei Gläser ein. Es war der gute Wein, den er für die Augenblicke aufgehoben hatte, wenn er zurückkam und die Aufregung sich gelegt hatte, und er moussierte mit winzigen, sauberen, zuverlässigen Gasperlen.
«Auf uns und alle unsere Fehler und auf alles, was wir verloren haben und was wir gewinnen werden.»
«Abgemacht», sagte er.
«Abgemacht», sagte sie. Und dann sagte sie: «Die eine Sache, der du immer treu geblieben bist, war guter Wein.»
«Es ist bewundernswert, nicht wahr?»
«Es tut mir leid, daß ich etwas über die Trinkerei heute morgen gesagt habe.»
«Das tut mir ganz gut. Es ist komisch, aber es ist
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