Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
hielt zwischen seine Augen, und der Landkrebs fiel in sich zusammen.
    «.357er Munition ist ja jetzt schwer zu kriegen, weil alle die Helden, die zum FBI desertiert sind, jetzt auf der Jagd nach Deserteuren sind», sagte der Mann, «aber ab und zu muß man mal losknallen, sonst vergißt man noch, wie’s gemacht wird.»
    Dann dachte er: Armer alter Bursche… dabei bist du nur deinem Geschäft nachgegangen. Hättest einfach weitergehen sollen.
    Er kam am Strand heraus und sah sein Schiff liegen, sah die starre Brandungslinie und Willie, der das Dingi jetzt verankert hatte und nach Pfahlmuscheln tauchte. Er reinigte gründlich sein Messer, schrubbte den Löffel und spülte ihn danach ab, und dann wusch er die vier Geschosse. Er hielt sie in der Hand und betrachtete sie wie ein Goldgräber, der sich nur etwas Goldstaub erwartet hat und plötzlich vier Nuggets in seinem Sieb findet. Die vier Geschosse hatten schwarze Spitzen, und jetzt, wo die Reste von verkohltem Fleisch von ihnen abgewaschen waren, sah man genau die kurzen, schrägen Kerben, die der gezogene Lauf eingeprägt hatte. Es war Neun-Millimeter-Standard-Munition für Schmeißer-Maschinen-pistolen.
    Er war sehr froh, daß er sie hatte.
    Die Hülsen haben sie aufgesammelt, dachte er, aber die hier genügen als Visitenkarte. Jetzt denk mal nach. Zwei Sachen weißt du jetzt: Sie sind nicht mehr auf der Insel, und die Boote sind verschwunden. Davon mußt du ausgehen, mein Lieber. Daß du denken kannst, kann man schließlich von dir erwarten.
    Aber er dachte nicht nach. Er legte sich lang in den Sand, den Gürtel so weit herumgezogen, daß die Pistole zwischen seinen Beinen hing, und betrachtete ein Stück angeschwemmtes Holz, das Wind und Sand zu einer Skulptur zurechtgeschliffen hatten. Es war grau und s and verkrustet und lag eingebettet in den mehligweißen Sand. Es lag da wie auf einer Ausstellung. Man hätte es im Salon d’Automne ausstellen sollen.
    Er hörte das Röhren der Brandung auf dem Riff und dachte, das würde ich gern einmal malen. Im Liegen sah er zum Himmel hinauf, den der Ostwind leergefegt hatte, und die vier Geschosse steckten in der zugeknöpften Kleingeldtasche seiner Shorts. Er wußte, daß sie alles waren, was er in seinem Leben noch haben würde, aber er wollte jetzt nicht daran denken und auch keine praktischen Pläne machen. Freu dich an dem grauen Stück Holz, dachte er, jetzt wissen wir, daß wir unsere Feinde zu fassen haben, und sie werden uns nicht entkommen. Wir ihnen auch nicht. Aber du brauchst nicht eher darüber nachzudenken, als bis Henry und Ara zurück sind. Ara wird etwas finden. Es muß etwas zu finden geben, und er ist kein Dummkopf. So ein Strand macht einem leicht etwas vor, aber irgendwo gibt er die Wahrheit dann doch preis. Er fühlte die Geschosse in seiner Tasche, und dann robbte er zu einer Stelle hin, wo der Sand trockener war und beinahe noch weißer, wenn es zwischen Weiß und Weiß hier überhaupt einen Unterschied gab, und er legte seinen Kopf gegen das graue Stück Treibholz und hatte die Pistole zwischen den Beinen.
    «Wie lange haben wir es schon miteinander?» sagte er zu der Pistole. «Sag nichts», sagte er. «Bleib schön liegen, und wenn es soweit ist, knallen wir etwas Besseres ab als Landkrebse.»

2
    Da lag er, blickte in die Brandung und hatte es sich genau zurechtgelegt, als er Ara und Henry den Strand heraufkommen sah. Er sah sie, dann wandte er sich ab und blickte wieder auf das Meer hinaus. Er hatte versucht, nicht darüber nachzudenken und nur dazuliegen, aber er hatte es nicht geschafft. Jetzt wollte er still liegen, bis sie kamen, und an nichts denken als an die See und das Riff. Aber es blieb ihm keine Zeit dazu, sie kamen sehr schnell heran.
    «Was habt ihr gefunden?» fragte er Ara, der sich mit Henry neben das Stück Treibholz gesetzt hatte.
    «Wir haben einen. Er ist jung. Er ist tot.»
    «Auf alle Fälle ist es ein Deutscher», sagte Henry. «Er hat nur Shorts an. Er ist blond und langhaarig, und das Haar ist ausgeblichen. Er liegt mit dem Gesicht im Sand.»
    «Wo sitzen die Einschüsse?»
    «Ganz unten am Rückgrat und im Genick», sagte Ara. «Rematado. Hier sind die Kugeln, ich hab sie abgewaschen.»
    Thomas Hudson sagte: «Ich hab vier, von derselben Sorte.»
    «Die sind von einer Neun-Millimeter-Luger, nicht wahr?» fragte Henry. «Sie haben dasselbe Kaliber wie unsere .38er.»
    «Die mit den schwarzen Spitzen sind für Maschinenpistolen», sagte Thomas Hudson. «Vielen Dank,

Weitere Kostenlose Bücher