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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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sich.
    » Lady Elizabeth darf man dafür gewiss keinen Vorwurf machen«, sagte er ein wenig steif.
    Damit reagierte er genau so, wie Duncan es erwartet hatte, doch das trug nicht gerade dazu bei, seine Stimmung aufzuhellen. Dieser junge Ritter ohne Furcht und Tadel war eindeutig in Elizabeth verliebt. Schon auf der Überfahrt hatte es einem kaum entgehen können, und nicht von ungefähr hatte Robert bei der gestrigen Versammlung seiner Wut Luft gemacht, indem er William vorgeworfen hatte, hinter seiner Frau her zu sein. Angesichts der jüngsten Entwicklung würde es niemanden verwundern, wenn William nach Ablauf der Trauerzeit um sie warb. Dagegen würde Harold Dunmore nicht das Geringste machen können. Und er selbst auch nicht.
    » Ich könnte sie auf der Elise mit nach Bridgeport nehmen«, sagte er. » Dann muss sie den Ritt nicht auf sich nehmen.«
    » Sie will aber reiten.« William sah aus, als sei er nicht glücklich über diese Entscheidung. » Ich hatte ihr bereits angeboten, sie mit der Kutsche nach Hause zu bringen, natürlich mit Anne als Begleitung. Doch sie hat abgelehnt.«
    Duncan konnte nicht verhindern, dass er bei diesen Worten eine lächerliche Befriedigung empfand. Er tippte an seinen Hut und lächelte William Noringham zum Abschied versöhnlich an.
    » Ihr habt das Herz auf dem rechten Fleck. Gebt acht, dass es immer dort bleibt.«
    Am nächsten Morgen bestand William darauf, dass zwei seiner Schuldknechte Elizabeth auf dem Ritt nach Bridgetown begleiteten. Dadurch brauchte sie fast doppelt so lange wie sonst, weil sie Pearl die ganze Zeit Schritt gehen lassen musste, da die Männer sonst hätten rennen müssen, um mitzuhalten. Die Knechte trotteten halb vor, halb neben ihr her, die Köpfe unter den ausgefransten Hüten gesenkt, die sehnigen Rücken unter den grauen Kattunhemden nassgeschwitzt. Die Luft war zum Schneiden dick. Über den Zuckerfeldern summten Heerscharen von Mücken, und einige ließen sich auch auf Elizabeth nieder. Ungeduldig schlug sie die Plagegeister tot, bevor sie sich festsaugen konnten. Ein paar von ihnen hatten schon woanders Blut getrunken, sie verwandelten sich unter ihrer Handfläche in rote Flecken. Als Elizabeth in der Ferne die weißen Mauern von Dunmore Hall sah, wäre sie am liebsten gleich wieder umgekehrt. Ihr Inneres zog sich zu einem schmerzenden Klumpen zusammen.
    Ein Trauerflor war über der Pforte befestigt. Elizabeth übergab Pearl dem Pferdeknecht, bevor sie zögernd ins Haus ging. Dort herrschte gespenstische Stille. Ihre Schwiegereltern saßen stumm und bleich im Wohnraum. Sie waren in Trauerkleidung und schienen nur darauf zu warten, dass es endlich Zeit wurde, zur Beerdigung aufzubrechen. Als Elizabeth in der Tür stand, blickte Martha kaum auf. Ihr Gesicht war so verschwollen vom vielen Weinen, dass ihre Züge kaum noch zu erkennen waren.
    » Da bist du ja«, sagte Harold. Seine Miene war unbewegt, sein Blick irrte ab, als sie ihn ansah. Sie räusperte sich. » Ich gehe mich umkleiden.«
    Felicity fiel ihr weinend in die Arme, als sie ihre Kammer betrat.
    » Endlich! Ich habe es schon fast nicht mehr ausgehalten! Man fühlt sich wie in einer Gruft! Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Niklas bald fortmuss.« Scheu musterte sie Elizabeth. » Wie geht es dir?«
    Elizabeth zuckte nur die Achseln und trat zum Kinderbettchen, wo Jonathan lag und schlief. Der kleine Körper war zu einer atmenden Kugel zusammengerollt, die Beinchen unter den Bauch gezogen, der Kopf zur Seite gewandt. Der Junge hatte den Daumen im Mund. Elizabeth streckte die Hand aus, um ihn herauszuziehen, ließ sie dann aber sinken. Sie wollte seinen Schlaf nicht stören.
    » Hat Miranda sich gut um ihn gekümmert?«
    Felicity nickte. Sie hatte sich bereits für die Bestattungszeremonie umgezogen und sah fremd und streng aus in dem schwarzen Gewand. Elizabeth bemerkte, dass sie die graue Mantille angelegt hatte, die zu ihrem farbenfrohen Ballkleid nicht richtig gepasst hatte.
    Das Trauergewand für Elizabeth lag schon bereit. Sie besaß nur dieses eine, das jedes Mal, wenn sie zu einer Beisetzung ging, zum Einsatz kam. Er war zu eng und kniff unter den Armen, und der Seidenstoff war so steif und kratzig, dass es sie schon schauderte, wenn sie das Kleid nur ansah. Das letzte Mal hatte sie es im vergangenen Monat bei der Bestattung einer Frau getragen, die an der Schwindsucht gestorben war. Davor war es ein Junge gewesen, den ein Fieber geholt hatte. Ständig starben Leute aus dem

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