Inseln im Wind
der Verankerung. Anschließend befahl er den Männern, sie zum nahegelegenen Teich zu schaffen und hineinzuwerfen. Dort würde man sie unter dem Gewirr von Schlingpflanzen kaum wiederfinden. Die Zuckervorräte ließ er gleich hinterherwerfen – die Ernte von mindestens zwei Monaten löste sich in nichts auf.
Sie zertrümmerten die hölzernen Ablaufrinnen und schlugen die Kupferkessel zu formlosen Klumpen, und mit dem Balken als Ramme zerstörten die Männer anschließend auch die Öfen, doch Akin achtete darauf, dass das Feuer nicht ausging, denn das brauchten sie noch. Er entzündete ein Blätterbüschel und ging zu den Feldern, um sie in Brand zu stecken. Die anderen Männer taten es ihm gleich. Die trockenen Rispen loderten auf, und rasend schnell fraß das Feuer sich weiter, verwandelte in Windeseile die gesamte Umgebung in ein Meer aus Flammen und Rauch.
Sie verschafften sich Zugang zum Haus und stemmten gewaltsam die Tür des Schranks auf, in dem sie die Macheten vermuteten. Die waren tatsächlich darin – und noch etwas, mit dem sie nicht gerechnet hatten: ein gutes Dutzend Gewehre, die blinkenden Läufe in einem Gestell ordentlich nebeneinander aufgereiht, und im Fach darunter Beutel mit Schießpulver sowie Kisten mit Munition.
Akin verteilte die Waffen an die Männer und zeigte ihnen, wie man sie bediente, dann entzündete er eine der Lunten. Bevor er das Haus ansteckte, blickte er sich kurz um. Obwohl er schon seit fünf Jahren auf der Plantage lebte, war er noch nie hier drin gewesen. Der Herr teilte sich das Haus mit dem Aufseher, und an manchen Tagen auch mit seinem Sohn. Akin wunderte sich über die karge Umgebung, hatte er doch unlängst, als er für die Feier zum Helfen abgestellt worden war, gesehen, in welch prächtigem Palast der Herr in Bridgetown lebte.
Nichts von dem, was er in dieser Hütte sah, zeugte von Reichtum. Es gab nur drei Räume, in jedem hing ein Bett von der Decke. Die Laken waren fadenscheinig und schmuddelig. Das Mobiliar bestand aus ein paar ungefügen Schemeln, schäbigen Truhen und einem grob gezimmerten Tisch, auf dem stapelweise Papier und Folianten lagen. Anscheinend führte der Herr hier die Bücher über die Plantage. Akin hatte ihn einmal darüber mit dem Aufseher reden hören. Eine ordentliche Buchführung ist der halbe Gewinn. Auch die Sklavenhändler hatten Bücher gehabt, in die sie ihre Gewinne eintrugen, wenn sie einen Schwarzen versteigert hatten.
Akin trat zum Tisch und hielt die glimmende Lunte an das Papier. Kurz sah er zu, wie alles aufflammte, blickte in den hochsteigenden Rauch und pustete gegen die davonfliegenden Ascheflocken. Dann warf er die brennende Lunte in eines der stinkenden Betten. Die Strohmatratze brannte binnen Augenblicken lichterloh und hüllte sich in stinkenden Qualm.
Akin wandte sich ab und verließ das Haus.
Ohne sich aufzuhalten, zogen sie weiter, ruß- und blutverschmierte Gestalten, über denen der Himmel sich vom Rauch schwarz färbte. Sie ließen den mittlerweile toten Aufseher hinter sich, gingen in gebührender Entfernung an den brennenden Feldern vorbei und durchquerten ein Stück Wildnis in östlicher Richtung, bis sie die nächste Plantage erreicht hatten. Es war eine kleine Pflanzung mit wenigen Morgen Land. Der Eigner besaß nur fünf Sklaven, die er bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf bestialische Weise zu bestrafen pflegte. Einen von ihnen, fast noch ein Knabe, hatte er nackt zwischen zwei Bäumen festgebunden und mit Melasse eingeschmiert. Die großen roten Ameisen hatten nicht lange auf sich warten lassen. Der Junge war über und über von ihnen bedeckt, sie krochen ihm in Augen, Mund, Nase und Anus. Halb totgebissen und gelähmt von ihrem Gift, nahm er kaum wahr, dass sie ihn losbanden und Wasser aus dem Brunnen über ihn schütteten.
Der Pflanzer kam aus dem Haus gerannt, seine Büchse im Anschlag. Akin schoss ihm in die Brust. Danach brachten sie mit Macheten alle anderen um, die noch im Haus waren. Die Frau des Pflanzers, seine beiden halbwüchsigen Söhne, die Tochter, die so schrill schrie, dass Akin noch lange die Ohren davon gellten. Die uralte Mutter des Pflanzers ließen sie jedoch leben. Sie war blind und konnte nicht mehr laufen. Als Akin zu ihr in die Kammer trat, blickte sie mit fahlweißen Augen ins Nichts und lallte vor sich hin. Akin lauschte ihrer brüchigen Stimme und glaubte zu verstehen, was sie sagte.
» Kann ich jetzt nach Hause?«
Nach Hause, hallte es in ihm wider. Die wilden Ritte
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