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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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von Anfang an betont hatte, nur eine bescheidene Feier geben würde, mit einer schlichten Zeremonie im kleinen Kreis und wenigen Gästen.
    Elizabeth selbst hatte es so haben wollen. Ihre Mutter und ihre Geschwister waren erst im vergangenen Jahr gestorben, eine große Feier erschien ihr da unangemessen. Und wäre nicht wegen der Rundköpfe eine politisch opportune Vermählung so dringend angeraten gewesen, hätte sie sicherlich gar nicht geheiratet, erst recht keinen Mann, den sie kaum kannte. Dabei hätte sie es, wie sie sich selbst gegenüber einräumte, wesentlich schlechter treffen können. Robert Dunmore war nicht von adliger Herkunft, aber gebildet und aus begüterter Familie. Zudem war er ein überaus ansehnlicher Mann, groß, schlank und mit einem Gesicht, das bereits bei sämtlichen Dienstmägden auf Raleigh Manor – einschließlich der alten Köchin – zu verstohlenen Blicken geführt hatte. Auch Felicity schwärmte bei jeder Gelegenheit von Elizabeths künftigem Ehemann und beschwor mit zahlreichen blumigen Worten eine immerwährende Liebe herauf, denn etwas anderes könne es zwischen zwei so schönen Menschen gar nicht geben.
    Unten in der Halle hing ein Gemälde, auf dem ein groß gewachsener, goldlockiger Götterbote zu sehen war. Diesem glich Robert auf so verblüffende Weise, dass man glauben konnte, er habe dem Maler persönlich Modell gestanden. Außerdem war er von freundlichem und anhänglichem Wesen, er suchte oft ihre Nähe oder ergriff ihre Hand, um sie zu drücken. Einmal, als sie beide allein in der Bibliothek den großen Globus betrachtet hatten, hatte Robert sich zu ihr gebeugt und ihr einen Kuss auf den Hals gedrückt. Ein sanfter Schauer hatte sie überlaufen, und hätten sich nicht in diesem Moment die festen Schritte seines Vaters vor der Tür genähert, hätte er sich vielleicht noch mehr erlaubt. » Bald«, hatte er ihr ins Ohr geraunt und dabei mit seinen Lippen ihr Haar gestreift. » Bald bist du mein!«
    Ihr Herz hatte noch lange heftig geklopft.
    Ansonsten hatten sich bisher keine Gelegenheiten zum Alleinsein ergeben. Wo sich Robert aufhielt, war zumeist auch sein Vater nicht weit. Es kam nur selten vor, dass er Robert aus den Augen ließ. Einmal hatte sie Robert scherzhaft darauf angesprochen, worauf er, nachdem er sich vergewissert hatte, dass sein Vater außer Hörweite war, lachend gemeint hatte: » Als Junge bin ich einmal fast ertrunken. Seitdem hat Vater Angst, mir könne etwas zustoßen, bevor ich ihn zum Großvater mache. Du musst wissen, sein größter Wunsch ist die Gründung einer Dynastie, je schneller, desto lieber.«
    Ein schwaches Unbehagen war bei diesen Worten in Elizabeth aufgestiegen, wobei sie nicht sicher war, ob es damit zu tun hatte, dass der Gedanke, vielleicht schon bald Mutter zu werden, sie verstörte, oder ob es eher daran lag, dass Harold Dunmore sie selbst womöglich ebenso kontrollieren würde wie seinen Sohn.
    » Ich reite aus«, sagte sie kurz entschlossen zu Felicity.
    Ihre Cousine schmollte.
    » Ach, draußen ist es so ungemütlich. Lass uns doch lieber Pikett spielen. Oder ein bisschen musizieren.«
    » Das können wir heute Abend auch noch tun, wenn es dunkel ist.«
    Elizabeth wollte nicht auf den Ausritt verzichten. Die wenigen Male, die sie noch zu Pferde durch die vertrauten Ländereien streifen konnte, würde sie bis zum Schluss auskosten. Sie zog Reitkleidung an und ging nach unten. In der Halle vernahm sie durch die angelehnte Tür zur Bibliothek die Stimmen ihres Verlobten und ihres künftigen Schwiegervaters.
    » … kannst du machen, was du willst, aber bis dahin wirst du dich beherrschen, haben wir uns verstanden?«, hörte sie Harold Dunmore sagen.
    » Ja doch«, erwiderte Robert. Es klang ungehalten. Fraglos widerstrebte es ihm, so häufig von seinem Vater gegängelt zu werden, schließlich war er kein grüner Junge mehr, sondern immerhin schon einundzwanzig. Sie selbst wurde mit ihren siebzehn Jahren von ihrem Vater schon lange nicht mehr wie ein Kind behandelt, im Gegenteil: Manchmal kam es ihr so vor, als sei sie die Erwachsene und der Viscount ihr Schutzbefohlener.
    Auf dem Weg zu den Ställen kam ihr Vater ihr entgegen, die hohen Stiefel lehmig, das Gesicht von der Kälte gerötet. Die Hunde sprangen kläffend um ihn herum, gaben aber auf seinen Befehl hin sofort Ruhe.
    » Lizzie.« Er lächelte, und sie sah erleichtert, wie gut er sich wieder erholt hatte. Nach dem letzten Herzanfall hatte sie ernstlich um sein Leben

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