Inseln im Wind
angeht – sie ist fast ihr ganzes Leben sehr gut ohne dich ausgekommen und wird es wieder können, sobald sie erst die Finger vom Schnaps und vom Laudanum lässt. Ich habe die Leute reden hören, wie es um sie steht, aber man sagte auch, dass sie auf Dauer durch nichts zu erschüttern ist. Du wirst dich nicht für deine Schwiegereltern aufopfern und mich warten lassen.«
Er hatte den Eindruck, dass sie aufbegehren wollte, und nahm ihr den Wind aus den Segeln, indem er sie küsste. Sie wollte ihm ausweichen, doch er hielt ihr Kinn fest. Jonathan äugte zu ihnen herauf und blickte von einem zum anderen.
» Kuss?«
Elizabeth wirkte besorgt, doch Duncan grinste nur.
» Das hast du gut erkannt, mein Sohn.« Zu Elizabeth sagte er: » Er scheint ein aufgewecktes Kerlchen zu sein.«
» Er hat deinen Dickkopf«, sagte sie.
» Oh, den könnte er auch von seiner Mutter haben. Komm, gib mir noch einen Kuss.«
» Nein«, sagte Elizabeth entschieden. » Es ist leichtsinnig und vor allem nicht richtig, was wir hier tun. Dies ist Harolds Haus, und ich kann nicht …«
» Du hast recht«, fiel Duncan ihr ins Wort. » Wir gehen woanders hin.«
Sie seufzte.
» Duncan, mach es mir nicht so schwer.«
» Mein Liebes, du verkennst den Ernst der Lage. Ich will dich von Barbados wegbringen, denn ich glaube, dass du hier nicht sicher bist.«
» Das ist Blödsinn. Der Sklavenaufstand ist längst …«
» Ich spreche nicht von den Sklaven, obwohl es auch in diesem Punkt gewiss nicht angebracht ist, sich in Sicherheit zu wiegen. Lizzie, ich traue deinem Schwiegervater alle Schlechtigkeiten der Welt zu.«
» Worauf willst du hinaus?«
» Ich stand daneben, als er dich schlug. Und ich sah sein Gesicht, als du vor ihm im Dreck lagst.«
» Das hat ihm sehr leidgetan«, sagte Elizabeth. » Er hat sich sogar ausdrücklich bei mir entschuldigt. Und danach hat er sich wirklich gebessert, er ist freundlich zu mir. Er gibt sich große Mühe, mich gut zu behandeln.«
» Das ist für mich erst recht kein Grund, ihm zu trauen. Im Gegenteil.«
» Was meinst du damit?«, wollte sie befremdet wissen.
» Dieser Mann begehrt dich, Lizzie.«
Sie lachte ungläubig.
» Du bist verrückt.«
Er hob die Brauen.
» Was dich betrifft – sicher, da konnte ich noch nie klar denken. Aber meinen Blick auf andere verstellt das nicht. Ich sehe, was ich sehe, und das bilde ich mir nicht ein.«
Unbehaglich schüttelte sie den Kopf.
» Wirklich, Duncan, in diesem Fall geht deine Phantasie mit dir durch. Wie kannst du das Trostbedürfnis und die Verzweiflung eines vom Schicksal gebeutelten Mannes auf so niederträchtige Weise auslegen!«
» Lizzie …«
» Schweig. Ich will mir solchen Unsinn nicht länger anhören!«
Er merkte, dass er bei diesem Thema auf Granit biss, und stellte es daher zurück.
» Gut. Reden wir über was anderes. Niemand ist zu eurem Schutz hier. Vorhin stand das Tor offen, als ich eintraf. Jeder hätte reinkommen können.«
» Ich habe Rose gesagt, dass Paddy es verschließen soll. Du hast es selbst gehört.«
» Und morgen wird er es wieder vergessen und im Hof einschlafen. Bridgetown ist voll von zwielichtigen Gestalten. Bukanier, Piraten, Betrüger, Diebe und Halsabschneider. Ganz zu schweigen davon, dass morgen die englische Flotte eintreffen und dann sowieso der Teufel los sein wird.«
» Dann bin ich hier so sicher wie woanders. Außer …« Sie betrachtete ihn abwägend. » Ich könnte zu den Noringhams nach Summer Hill gehen, das ist etwas abgelegener, und William ist sehr geübt im Umgang mit Waffen.«
» Nein«, sagte Duncan sofort.
» Keine Sorge, ich hatte es sowieso nicht vor.« Mit verstecktem Spott sah sie ihn von der Seite an. » Du bist eifersüchtig auf William.«
Er wollte es abstreiten, aber dann erkannte er, dass sie ihn herausfordern wollte.
» Ja, ich bin eifersüchtig«, räumte er ein. » So wie du auf Claire.«
» Das ist nicht wahr!«, widersprach sie hitzig, doch dann lenkte auch sie ein. » Na gut. Dann bin ich’s eben. Aber bilde dir ja nichts darauf ein!« Sie zog eine nackte Schulter hoch und sah dabei auf so verführerische Weise trotzig aus, dass er nicht anders konnte, als sich hinabzubeugen und sie zuerst auf diese verlockende Schulter zu küssen und dann auf den Mund.
Diesmal konnte sie sich nicht damit herausreden, dass der Kleine zusah. Er war auf ihrem Schoß eingeschlafen, den dunklen Lockenkopf an ihren Busen gebettet.
» Du musst gehen«, sagte sie. » Martha wird bald
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