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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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fast. Die Gelegenheit, endlich alte Rechnungen zu begleichen, war zu gut. Er zog den Dolch aus dem Waffengurt, trat rasch auf sie zu, packte ihr Haar, riss ihr den Kopf nach hinten und schnitt ihr mit einer einzigen Bewegung die Kehle durch. Sie brach in die Knie, die Hände zuckend an den Hals gehoben, während das Blut über ihre Finger sprudelte und die Vorderseite ihres Kleids durchtränkte.
    Sie versuchte, noch etwas zu sagen, doch ihr Mund klappte nur hilflos auf und zu. Dann fiel sie vollends zu Boden und blieb in einer stetig wachsenden Blutlache liegen. Ihre Füße zuckten noch einige Male, während das schaurige Röcheln, das aus ihrem durchtrennten Hals drang, allmählich verklang und schließlich aufhörte.
    Harold ging durch die offene Verandatür ins Haus.
    » Wir machen Schluss für heute«, sagte Anne. » Wenn du die ganze Zeit bei Kerzenlicht arbeiten musst, wird am Ende alles krumm und schief.«
    Mary kniete vor ihr auf dem Boden und steckte den Saum des Kleides ab, das Anne anprobierte. Ihr Hochzeitskleid. Anne betrachtete sich in dem Spiegel, den sie abgenommen und an die Wand gelehnt hatte, damit sie durch die Schrägstellung mehr von ihrem Körper sehen konnte. Er war drei Fuß hoch und damit sicher einer der größten Spiegel auf der ganzen Insel, aber wenn er an der Wand hing, konnte sie darin nur ihren Oberkörper sehen, und gerade bei diesem Kleid kam es auf den Gesamteindruck an.
    Mary blickte auf, lauter Nadeln zwischen den Lippen. Sie nuschelte etwas, das Anne als Ein bisschen noch auslegte, und ergeben nickte sie und ließ Mary weitersticheln. Das Kleid hatte einen weiten Rock und damit einen endlosen Saum, wogegen das Oberteil nicht gerade mit zu viel Stoff prunkte, da der Ausschnitt skandalös tief war. Anne seufzte. Sie fühlte sich unwohl in dem Kleid. Nicht, weil es nicht schön genug gewesen wäre oder ihr nicht geschmeichelt hätte, im Gegenteil – sie sah darin sogar in ihren eigenen kritischen Augen reizend aus. Das Dekolleté lenkte von ihrem spitzen Kinn ab, und die schmal geschnittene Taille brachte ihre schlanke Figur vorteilhaft zur Geltung. Mit einer entsprechenden Frisur und einem strahlenden Lächeln wäre sie wirklich eine hübsche Braut. Die Haare konnte sie sich bestimmt gefällig herrichten, aber an dem Lächeln würde es wahrscheinlich hapern. Allein bei dem Gedanken an die Hochzeit empfand sie Unbehagen. Schlimmer noch – schon beim Gedanken an George. Sie fragte sich bange, wo das noch enden sollte. Mit jedem Tag wurden ihre Vorbehalte gegen die Heirat ärger. Mittlerweile war sie fast so weit zu glauben, dass sie sich nie mit ihm hätte verloben dürfen. Dabei hatte er alles getan, um es ihr recht zu machen. Er hatte die Frau, die ihm zwei Kinder geboren hatte, auf eine andere Plantage verkauft, weit weg von seiner. Das Kind, das zuletzt geboren worden war, hatte keine Woche überlebt, und das andere war mit der Frau zusammen weggegeben worden, es war dem Käufer sogar ein kleines Aufgeld wert gewesen. Anne erinnerte sich an Georges Miene, als er ihr davon erzählt hatte. Er hatte sie mit glücklich leuchtenden Augen angesehen, davon überzeugt, ihr damit einen echten Liebesdienst zu erweisen.
    » George«, hatte sie ihn gefragt. » Was geht dir durch den Kopf, wenn du daran denkst, dass dieses Kind, das du verkauft hast, dein eigener Sohn ist?«
    Er hatte sie nur befremdet angeblickt. Seine Augen hatten eine so vollkommene Verständnislosigkeit ausgedrückt, dass sie rasch woanders hingesehen hatte, weil sie es nicht ertragen konnte. Sie hatten nicht mehr darüber gesprochen. Stattdessen hatten sie sich auf einen Hochzeitstermin geeinigt, denn George hatte darauf gedrängt.
    » Warum warten?«, hatte er gemeint, während er sich rasch umgeschaut und sie dann an sich gezogen hatte, um sie zu küssen. Sie hatte ihn gewähren lassen, aber keine Zuneigung empfunden, geschweige denn Verlangen. Mit aufkeimender Sorge hatte sie an die Ehe von Elizabeth denken müssen. Nein, George war kein Hurenbock wie Robert, aber er brauchte regelmäßig eine Frau fürs Bett. Nun war die Schwarze nicht mehr da, weshalb er folgerichtig die Hochzeit nicht länger aufschieben wollte.
    Mary hatte alle Nadeln in den Saum des Kleides gesteckt und richtete sich auf, um das Ergebnis zu begutachten.
    » Dreht Euch einmal herum«, bat sie Anne.
    Folgsam tat Anne wie geheißen. Dabei fiel ihr Blick in den Spiegel. Zuerst sah sie nur sich selbst, eine passable Braut in einem schimmernd

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