Inseln im Wind
erwartungsvoll.
» Geht es um solche Dinge wie die Wassertiefe und den Korallenbestand? Dazu muss ich nicht erst tauchen, ich kann es dir auch so sagen, denn ich war schon oft zum Schwimmen hier.«
Während sie sich anzogen, beschrieb sie ihm, an welchen Stellen die Korallenbänke lagen, wo es felsige Untiefen gab und wo der Meeresboden sandig und abgründig war. Er nahm es aufmerksam zur Kenntnis, aber als sie ihn fragte, wozu er das wissen wolle, gab er nur widerstrebend Auskunft.
» Ich muss mir vielleicht bei Ayscue ein unbehelligtes Auslaufen erkaufen. Das kann ich nur mit solchen Informationen.«
» Du willst dem Admiral sagen, wo seine Schiffe nah genug beim Strand ankern und Truppen an Land setzen können, ohne unter Artilleriebeschuss zu geraten?« Ihre Stimme war kühl, ihr Ton eine Spur verächtlich. » Willst du auf diese Weise die gute Sache verraten, nur um dein verdammtes Schiff zu retten?«
Duncan lachte, womit er sie erst recht aufbrachte.
» Du lachst mich aus?«, fragte sie empört.
Er erwiderte ihren Blick ungerührt.
» Mein Liebes, für patriotische Anwandlungen ist hier kein Platz. Freiheit für Barbados – dieser vermeintlich so idealistische Ansatz umfasst in Wirklichkeit nur eine einzige Freiheit, nämlich die der reichen Pflanzer. Ihre Freiheit, noch mehr Reichtümer anzuhäufen, noch mehr Schwarze und Iren auf den Feldern totzuschinden und noch mehr von dieser Insel unter den Pflug zu nehmen, um noch mehr Land für noch mehr Zucker zu roden.« Er hob sarkastisch eine Braue. » Der einzige Mensch weit und breit, der dem Anliegen des Inselrats zusätzlich ein ehrenwerteres Gesicht verleihen möchte, ist der schneidige junge Lord. Ich nehme an, du meinst niemand anderen als ihn, wenn du vom Verrat an der guten Sache sprichst.« Er formulierte es als Feststellung, nicht als Frage, was sie erst recht erboste.
» William ist ein untadeliger und aufrechter Mensch! Er würde niemals etwas Hinterhältiges oder Gemeines tun!«
» Im Gegensatz zu mir, meinst du wohl.« Er lachte abermals, aber es war ein bitteres Lachen. » Lizzie, wach auf. Den edlen Ritter, den du so gern in mir sehen möchtest, gibt es nicht.«
Sie wollte ihm über den Mund fahren, hätte ihn beinahe angeschrien, doch dann bemerkte sie die Unsicherheit in seinen Augen und erkannte die Wahrheit. Er hatte Angst, um sie und Jonathan und das Kind, das sie unter dem Herzen trug. Er würde alles tun, um sie heil und gesund von der Insel wegzubringen, ob er nun dafür einen Verrat begehen oder andere Schandtaten verüben musste. Es ging ihm weniger um die Elise als um sie und Johnny. Sie atmete tief durch, dann rang sie sich ein versöhnliches Lächeln ab.
» Ist schon gut«, sagte sie sanft. Er blickte sie grollend an, weshalb sie rasch auf ihn zutrat und beide Arme um ihn legte. » Es tut mir leid.«
Seine Muskeln waren angespannt, er versteifte sich in ihrer Umarmung, doch dann gab er nach und umschlang sie ebenfalls. Schweigend standen sie eine Zeit lang da und hielten einander fest, als wollten sie sich gegenseitig beteuern, dass sie beide das Richtige taten und dass alles gut werden würde. Schließlich gingen sie zu den Pferden, die sie ein Stück landeinwärts an einer Palme festgebunden hatten, Pearl und den alten Wallach, auf dem früher Robert und dann, bis zu ihrem Verschwinden, Deirdre geritten war. Deirdre … wie es ihr wohl ergangen sein mochte? Elizabeth hätte gern dafür gesorgt, dass die Irin unbeschadet von der Insel fortkam, doch solange sie nicht wusste, wo das Mädchen sich versteckte, konnte daraus nichts werden. Duncan saß auf und lenkte den Wallach in Richtung Küstenpfad. Nach ein paar Schritten blieb er stehen und blickte aufs Meer.
» Warte einen Moment«, bat er.
» Was ist?«, fragte Elizabeth, die dicht hinter ihm ritt.
Duncan zog sein Fernrohr aus der Satteltasche und betrachtete die Wellen. Er schaute lange hinaus, als gebe es dort noch etwas anderes, Bedeutsameres zu sehen als die in ewiger Gleichförmigkeit heranrollenden Wogen.
» Die Dünung gefällt mir nicht.«
» Was ist damit?«, wollte Elizabeth wissen. Sie zügelte Pearl, die unruhig auf der Stelle tänzelte. » Für mich sieht sie aus wie immer.«
Er schüttelte den Kopf.
» Der Wellengang ist anders. Wir kriegen einen Sturm, spätestens morgen.«
» Um diese Jahreszeit gibt es hier öfters Stürme«, sagte sie.
» Ich weiß. Aber dieser wird heftig.«
Elizabeth blickte zweifelnd über die kaum bewegte See und dann
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