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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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Musiker spielten während des gesamten Essens auf, mit Rücksicht auf die Sterbefälle des vergangenen Jahres jedoch nicht zum Tanz, sondern lediglich zur Unterhaltung der Gäste. Letztere kamen voll auf ihre Kosten, denn der Viscount ließ alles aufbieten, was die Küche hergab. Serviert wurden Suppen und Pasteten, Fisch aus dem Meer und den umliegenden Teichen, Schalentiere, Wild, Geflügel, Schweine- und Rindfleisch, Innereien, Wurst, dazu Aufläufe, herzhafte und süße Puddings, Kuchen – und all das in zahlreichen Varianten. Die Gäste sprachen den dargebotenen Speisen mit großer Begeisterung zu. Von den vielen Gängen des Festmahls ließ Elizabeth sich jedoch nur vereinzelt ein paar Happen auftun, ihr war nicht nach Essen zumute. Später hätte sie kaum sagen können, was und in welcher Reihenfolge die Diener auf den zahlreichen Platten und Tranchierbrettern hereingetragen hatten. Sie erinnerte sich nur an die Mandelcreme, von der sie wenige Löffel verspeist hatte. Dafür trank sie mehr, als ihr guttat. Sherry, Wein, Likör – ihr war alles recht, und immer, wenn ein Diener mit der Karaffe zum Nachschenken herumging, ließ sie bereitwillig ihr Glas füllen.
    Robert prostete ihr ein ums andere Mal zu. Seine Fröhlichkeit war ansteckend, wie ein Magnet zog er die meisten Blicke auf sich. Angeregt parlierte er nach allen Seiten. Seine Bemerkungen waren witzig und schlagfertig, er erntete viele wohlwollende Blicke und zustimmendes Gelächter. Sein Vater schien ebenfalls bester Laune, auch wenn es Elizabeth so vorkam, als finde Harold Dunmore die Gesprächsbeiträge seines Sohnes nicht sonderlich amüsant. Ab und zu spürte Elizabeth seinen Blick auf sich ruhen, dann bemühte sie sich um einen sittsamen Gesichtsausdruck, was ihr, angeheitert wie sie war, nicht gerade leichtfiel.
    Die Tischrunde bestand aus einigen langjährigen Freunden des Viscounts, ein paar Nachbarn, den Dorfvorstehern, dem Geistlichen sowie einer Cousine des Viscounts mitsamt ihrer Familie – alles in allem rund zwei Dutzend geladene Gäste. Zur Schlafenszeit fanden sich einige Frauen zusammen, um Elizabeth ins Brautgemach zu führen, während Robert von mehreren der anwesenden Herren begleitet wurde. Gejohle und Gelächter erfüllten den nächtlichen, von Kerzen erleuchteten Saal und übertönten die Musik.
    Elizabeth, vom Alkohol umnebelt und nicht mehr ganz sicher auf den Beinen, wurde im Kreis der kichernden Frauen, allen voran Felicity, in die Schlafkammer geschoben, wo alles für die Hochzeitsnacht vorbereitet war. Im Kamin flackerte ein Feuer, in einer Kohlenpfanne brannten duftende Kräuter, und das Bett war aufs Feinste herausgeputzt. Schneeweiße, duftende Laken, Daunenkissen, ein damastener Betthimmel – der Viscount hatte Felicitys schwelgerischem Ausstattungsdrang freie Hand gelassen. Schließlich war dies die Brautnacht seines einzigen überlebenden Kindes und obendrein das letzte bequeme Nachtlager für lange Zeit. Felicity und die übrigen Damen umringten sie, um ihr beim Auskleiden zu helfen, während draußen vor der Tür bereits die Männer warteten und Witze rissen.
    Endlich war sie bis aufs Hemd entkleidet. Die Frauen bürsteten ihr das Haar, flüsterten ihr Ratschläge ins Ohr und kniffen ihr in die Wangen, bevor sie sich tuschelnd und kichernd zurückzogen und dem Bräutigam das Feld überließen. Robert trat herein, ebenfalls im Hemd. Er drängte die lachenden Gäste zurück und schlug ihnen die Tür vor der Nase zu. Ein paar wüste Zoten und Gelächter schallten noch von draußen herein, dann entfernten sich die Besucher, und das Brautpaar war allein.
    Robert überzeugte sich davon, dass der Riegel vorgeschoben war, dann drehte er sich lächelnd zu Elizabeth um.
    » Darauf habe ich mich schon den ganzen Tag gefreut«, bekannte er. Seine Stimme klang ein wenig lallend, offenbar hatte auch er zu tief ins Glas geschaut. » Nein, schon seit Wochen! Ich konnte kaum noch an was anderes denken, weißt du das?« Mit wenigen Schritten war er bei ihr und zog sie an sich. Seine Umarmung war zärtlich und doch bestimmt. Sein Haar und sein Körper waren frisch gewaschen, er roch gut. » Bist du froh, meine Frau zu sein?«
    Sie nickte stumm – was hätte sie auch anderes tun sollen? – und erwiderte zögernd die Umarmung.
    » Du bist so schön!«
    Er küsste ihre Schläfe, dann ihre Wange, während seine Hände sanft über ihren Rücken strichen. Schließlich fanden seine Lippen ihren Mund, und sofort wurde sein Kuss

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